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013 - Der Kopfjäger

013 - Der Kopfjäger

Titel: 013 - Der Kopfjäger
Autoren: Dämonenkiller
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hindurch gehört. Verzweifelt bäumte er sich gegen die Lähmung auf, die seinen Körper befallen hatte. Und dann sagte der Henker den Spruch, den er immer vor einer Hinrichtung gesprochen hatte. Er sprach langsam und betonte jedes Wort.
    »Herr, mein Gott, ich flehe um deine Barmherzigkeit. Laß deine Gnade leuchten …«

    Ich hatte mich einmal verfahren, und das hatte kostbare Minuten gekostet. Endlich erreichte ich die Rue Didot. Die Reifen heulten protestierend. Ich war gefahren, als wäre der Leibhaftige hinter mir her. Nur noch wenige Meter.
    Ich bremste ab, bog in die schmale Straße ein und sah das Haus, das Marie mir beschrieben hatte. Fast sprang ich aus dem Wagen. Ich stürmte in den Garten, riß die Haustür auf und raste durch die Diele. In der Halle blieb ich stehen.
    »Sybill, Armand!« schrie ich.
    Keine Antwort.
    Ich wandte mich der Treppe zu, rannte hinauf, und da hörte ich die Stimme.
    »… laß deine Gnade leuchten über die Seelen der armen Sünder, die von ihrem Erdenleben zu befreien …«
    Wie von Furien gehetzt, rannte ich den Gang entlang. Die Tür zu einem Zimmer stand offen. Ich warf im Vorbeilaufen einen Blick hinein und schauderte beim Anblick der Köpfe.
    Sybill und Armand knieten auf dem Boden eines dunklen Zimmers. Hinter ihnen stand der Henker von Paris.
    »… mir jetzt obliegt. Richte mich nicht, denn ich habe nicht gerichtet, sondern vollziehe nur den Spruch.«
    »Halt!« schrie ich und sprang den Henker an.
    Er taumelte zur Seite, und das Schwert entfiel seinen Händen. Doch er richtete sich gleich wieder auf. Seine Blicke schienen mich zu durchbohren. Ich kreuzte meine Hände vor der Brust und trat einen Schritt zurück.
    »Hör mir zu, Charles-Henri Sanson de Longval!« sagte ich.
    Sein Blick änderte sich nicht.
    »Du wurdest gegen deinen Willen zum Leben erweckt«, sprach ich weiter. »Ich werde dich erlösen.«
    Unheimliche Gedanken strömten plötzlich auf mich ein. Der Henker hob beide Arme, und seine Gestalt wurde durchscheinend. Ich griff in die Tasche, holte ein geweihtes Kreuz hervor und schleuderte es der verblassenden Gestalt entgegen. Ein lauter Knall war zu hören, und der Henker nahm wieder Gestalt an. Rasch bückte ich mich und hob das Kreuz auf.
    Der Gesichtsausdruck des Henkers veränderte sich. Er atmete rascher und ließ das Kreuz nicht aus den Augen.
    »Du warst dein Leben lang ein gläubiger Mann, Sanson de Longval«, sagte ich. »Spürst du die Wirkung des geweihten Kreuzes? Sie ist stärker als die Schwarze Magie, die dich zurückgeholt hat. Konzentriere dich auf das Kreuz! Konzentriere dich!«
    Ein heiseres Keuchen kam über die Lippen des Henkers. Seine Hände zitterten. Er streckte die Arme aus, und ich trat einen Schritt vor. Seine bebenden Finger griffen nach dem Kreuz. Er packte es mit beiden Händen und preßte es gegen seine Stirn. Für einige Sekunden erstarrte er und schloß die Augen.
    Ich bückte mich, hob das Schwert auf, holte die Spraydose mit dem geweihten Wasser heraus und besprühte das Schwert damit. Mir graute vor dem, was ich jetzt würde tun müssen. Ich hob das Schwert, und in diesem Moment öffnete der Henker wieder die Augen. Sein Blick war leer. Er bewegte sich leicht und ging dann an mir vorbei. Ich folgte ihm. Er hielt das Kreuz noch immer fest umklammert. Sein Körper sackte langsam in sich zusammen. Mühsam schleppte er sich vorwärts. Seine Bewegungen wurden immer abgehackter. Ich wartete, denn ich wollte ihm möglichst nicht den Kopf abschlagen. Er stieß gegen eine Wand, ging in die Knie, rappelte sich nochmals auf.
    Endlich erreichte er den Raum, in dem ich die lebenden Schädel gesehen hatte. Ich sah, wie er das Kreuz hob und damit einmal rund um seinen Hals strich. Dann stieß er einen durchdringenden Schrei aus und fiel bäuchlings ins Zimmer. Ich sah nur noch seine Beine, die einige Sekunden lang zuckten.
    Vorsichtig kam ich näher und ließ das Schwert fallen. Es war nicht mehr notwendig, dem Henker den Kopf abzuschlagen. Das hatte jemand anderer besorgt. Eine unerklärliche Kraft war wirksam geworden. Ich starrte auf den kopflosen Körper zu meinen Füßen. Aus dem Halsstumpf floß nicht ein Tropfen Blut.
    Hinter mir hörte ich die erregten Stimmen Sybills und Armands, die aus ihrer Erstarrung erwacht waren.
    Ich stieg über den leblosen Körper hinweg und blieb vor dem Schrank stehen. Die Köpfe, die vor wenigen Minuten noch ein eigenes Leben geführt hatten, waren nun tot. Sie sahen wie Schrumpfköpfe aus,
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