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012 - Das Schloß des Schreckens

012 - Das Schloß des Schreckens

Titel: 012 - Das Schloß des Schreckens
Autoren: Brian Elliot
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eine gute Strecke und würde ihm etwas einbringen. Er schaltete das von Störungen krachende Autoradio ein, summte fröhlich vor sich hin.
    Dean Warren kannte Tanger nicht. Er bat den Fahrer, langsamer zu fahren. Von weitem war Tanger eine Stadt mit weißen Palästen und modernen Hochhäusern am Meer. Doch aus der Nähe sah Dean Warren, dass die modernen Gebäude sich auf ein Stadtteil und hauptsächlich die Hauptgeschäftsstraße beschränkten. Es gab Elendsviertel und die Altstadt mit ihren engen, verwinkelten Gässchen, den zahlreichen Basaren und Straßenhändlern.
    »Sie wollen Frau?« fragte der Taxifahrer in gebrochenem Französisch. »Waffen? Rauschgift? In Tanger bekommen Sie für Geld alles.«
    Dean Warren schüttelte lächelnd den Kopf. Er war von Tanger etwas enttäuscht, denn im Vergleich zu New York, Chicago oder Los Angeles erschien ihm die Hafenstadt an der Straße von Gibraltar mit ihren 166 000 Einwohnern klein, eng und provinziell.
    Doch für die Fellachen aus den Bergdörfern des Atlas war Tanger sicher der Traum der großen Welt.
    Von Tanger aus nahmen sie die Küstenstraße. Murat war ein kleines Dörfchen an einem felsigen, zerklüfteten Teil der Küste mit vielen Buchten und Höhlen. Eine alte Maurenfestung ragte auf einem Felsen auf, wie ein Adlerhorst über dem Meer erbaut. Dean Warren bewunderte Hal B. Wymans guten Geschmack.
    Diese zerklüftete Felsenküste war genau das Richtige für die Außenaufnahmen zu dem Piratenfilm »Unter der Totenkopfflagge«, dem großen Projekt der CCC Filmgesellschaft. Barfüßige Kinder sahen neugierig hinter dem Taxi her. Dean Warren wies den Fahrer an, zum Filmdorf der CCC zu fahren.
    Dort begann das große Palaver. Mit treuherzigem Gesicht verlangte der Fahrer soundso viel Dirham. Dean Warren bot ihm nach bewährtem Rezept die Hälfte. Nachdem sie mehrere Minuten gefeilscht, der Fahrer sich ein Büschel Haare ausgerissen und den baldigen Hungertod seiner ganzen Sippe in bewegten Worten geschildert hatte, trafen sie sich in der Mitte. Dean Warren zahlte. Der Fahrer fuhr weg.
    Das Filmteam hatte mehrere Zelte und Häuser errichtet. Dean Warren fragte einen Statisten nach Glorya Glanton.
    »Miß Glanton dreht«, sagte er, »in der Nordbucht. Aber lassen Sie es sich ja nicht einfallen, die Dreharbeiten zu stören. — Wir sind drei Tage im Verzug, und Hal Wyman kocht wie ein Dampfkessel.«
    Dean Warren ging in die angegebene Richtung. Er sah eine Menschengruppe an der steil abfallenden Küste. Ein Aufnahmewagen war nahe an eine vorspringende Felsklippe herangefahren. Kameramänner filmten von zwei Seiten. Der Regisseur dirigierte die Szene.
    Glorya Glanton stand am letzten Ende der Klippe. Vor ihr fochten zwei Männer miteinander. Die Degen blitzten in der Sonne. Die Klingen verbissen sich ineinander. Der schwarzgekleidete schlanke Pirat drängte den massigen Kapitän mit den Kniehosen und dem schimmernden Brustharnisch gegen den Rand der Klippe.
    Glorya Glanton wich zurück, auf den Abgrund zu.
    »Nein, nein, nein«, schrie der Regisseur, ein rotgesichtiger Mann mit weißem Haar, »das ist kein Gerangel, was ihr da macht, das ist ein Kampf auf Leben und Tod. — DeWitt, gehen Sie näher an den Abgrund ’ran, Albert schmeißt Sie schon nicht ’runter. — Und Sie, Glanton, zeigen Sie mehr Angst und Furcht; schließlich ist es Ihr Geliebter, der da um sein Leben kämpft. — Los, noch einmal.«
    Dean Warren las auf der Klappe 2/431. Zweite Einstellung, vierhunderteinunddreißigste Szene. Wieder begann der Zweikampf. Die beiden Männer drangen wild aufeinander ein. Schweiß lief über ihre Gesichter. Der schlanke schwarzgekleidete Pirat machte einen Ausfall. Die Degenklinge zischte durch die Luft. Der Kapitän parierte.
    Haarscharf vor Glorya Glantons Gesicht zischte die Klinge vorbei. Die blonde Schauspielerin machte voller Schreck einen Schritt zurück. Sie trat über den Rand der Klippe. Ihre Arme ruderten in der Luft. Doch sie fand das Gleichgewicht nicht wieder. Glorya Glanton stieß einen gellenden Schrei aus und stürzte von der steil aufragenden Klippe hinab ins Meer.
    Die beiden Hauptdarsteller und der Regisseur standen am Rand der Klippe und starrten fassungslos hinab auf das blonde Mädchen, das reglos im Wasser trieb.
    Frankie DeWitt, Held zahlloser Abenteuerfilme, fand als erster die Sprache wieder.
    »Zehn Meter tief«, sagte er, »das hat sie nicht überstanden. — Sie werden sich für Ihren Film eine andere Hauptdarstellerin suchen müssen,
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