Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0114 - Mädchen, Gangster, blaue Küste

0114 - Mädchen, Gangster, blaue Küste

Titel: 0114 - Mädchen, Gangster, blaue Küste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Delfried Kaufmann
Vom Netzwerk:
von Monsieur de Surviel zu besichtigen?«
    Emile Froyer hatte Bedenken.
    »Ich bin nicht sicher, ob ich das Recht dazu habe. Wenn meine Verwandtschaft das erfährt, gibt’s neuen Streit. Außerdem habe ich keine Ahnung, wo der Schlüssel sein könnte. Sicherlich werden Sie dort nichts von Bedeutung finden, wenn Onkel Paul das Haus seit Jahren nicht benutzt hat.«
    Er machte viel zu viel Worte, um uns die Absicht auszureden. Nicht nur wir empfanden das, sondern auch Evelyn Draw, denn sie mischte sich zum ersten Mal in das Gespräch.
    »Lass die Polizisten ruhig nachsehen«, sagte sie. »Wenn du es Ihnen nicht erlaubst, werden Sie es ohne deine Erlaubnis tun, Emile.«
    »Aber, Cherie«, wandte er sich über unsere Köpfe hinweg an sie. »Niemand hat das Recht, ohne meine…«
    »Sie werden sich um dein Recht einen Dreck kümmern!«, rief die Frau scharf. »Geh mit ihnen. Ich wette, du bist zu faul, aus deinem Liegestuhl aufzustehen.«
    »Wie du meinst, Cherie!« Dann wandte er sich an uns.
    »Entschuldigen Sie mich, Messieurs. Ich ziehe mich um und fahre mit Ihnen.«
    Er ging in das Haus. Bodin sagte zu Evelyn Draw: »Vielen Dank für Ihre Fürsprache, Madame.«
    Sie warf unwillig den Kopf zurück.
    »Er ist so faul, dass man ihn mit Fußtritten hochtreiben muss. Ich hasse Faulpelze.«
    »Noch mehr als Polizisten?«, fragte ich, aber sie beantwortete diese Frage nicht, sondern sagte: »Ich werde nicht mehr lange in diesem Haus sein, Inspektor Bodin. Auch Paul war nicht in allen Stücken ein idealer Vertreter der Gattung ,Mann’, aber sein Neffe ist einfach unerträglich.«
    »Warum sind Sie dann überhaupt hier?«, fragte ich erneut.
    Sie blitzte mich aus den Augenwinkeln an.
    »Wenn Sie dienstlich gefragt haben, werde ich Ihnen antworten, Mr. Cotton.«
    Sie machte den Eindruck einer Katze, die mir gleich ins Gesicht springen wollte.
    »Nein«, antwortete ich. »Ich habe nicht dienstlich gefragt.«
    Froyer kam zurück. Er trug ein gestreiftes Jackett zu weißen Hosen.
    »Wir können gehen«, meldete er grämlich. Er beugte sich über Miss Draw, küsste sie auf die Wange und flüsterte: »Bis später, Cherie!«
    Der Neffe Surviels verzichtete darauf, seinen eigenen Wagen zu benutzen, da Bodin ihm versprach, ihn zurückzufahren.
    »Man sollte in dieser Hitze nicht unterwegs sein«, stöhnte er und ließ sich in die Fondpolster fallen. Er war wirklich ein ungewöhnlich widerlicher Kerl.
    ***
    Von der Küstenstraße her lag Surviels ehemaliges Bootshaus in einem winzigen Garten, der ziemlich verwildert war. Ein Lattenzaun trennte Garten und Straße. Er war niedrig genug, um ihn zu überspringen. Selbst Froyer schaffte es. Das Haus war so auf die Felsenklippen gebaut, dass man es von der Straße her nicht sehen konnte. Man hatte offensichtlich den dem Meer zugewandten Teil des hier recht niedrigen Küstenfelsens weggesprengt und das Haus praktisch direkt an das Meer gebaut.
    Der stehen gebliebene Felsenrest deckte es gegen die Straße.
    Wenn man auf der Klippe stand, befand man sich in Dachhöhe des Hauses und musste eine steile Steintreppe zum Eingang hinabsteigen. Für ein Bootshaus war es von ungewöhnlichen Ausmaßen. Die dem Felsen zugewandte Seite besaß kein Fenster, und das Haus füllte die ganze gesprengte Lücke, sodass man, wollte, man ans Meer, entweder durch das Haus oder eine Kletterpartie in Kauf nehmen musste.
    Froyer brachte einen großen Schlüsselbund zum Vorschein.
    »Ich habe ihn gefunden«, erklärte er. »Aber ich weiß nicht, ob der richtige Schlüssel dabei ist. Vielleicht probieren Sie!«
    Er reichte ihn dem Inspektor, aber ich nahm ihn ihm aus der Hand.
    »Lassen Sie mich probieren!«
    Ich versuchte drei oder vier der rund zwanzig Schlüssel. Beim fünften Versuch gab es keine Schwierigkeiten. Das Schloss ließ sich mühelos öffnen.
    Der Raum hinter der Tür war dunkel und roch muffig. Wir suchten nach dem Lichtschalter, fanden ihn. Eine einsame Glühbirne an der Decke flammte auf. Der Raum war praktisch ohne jede Einrichtung. Zwei verrottete Sommerstühle lagen in einer Ecke. Die Stirnwand zeigte drei Türen. Sie waren nicht verschlossen. Hinter der linken Tür lag ein kleiner Raum mit einem Fenster zum Meer. Eine Pritsche stand dort. An der Wand hingen ein paar Kleidungsstücke. Ich sah leere Konservenbüchsen, Gläser und zwei Flaschen, von denen eine noch verkorkt war.
    »Hier scheint jemand zu wohnen«, stellte Phil fest.
    »Unmöglich!«, rief Froyer.
    »Sehen Sie selbst!«, antwortete

Weitere Kostenlose Bücher