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011 - Das Mädchen in der Pestgrube

011 - Das Mädchen in der Pestgrube

Titel: 011 - Das Mädchen in der Pestgrube
Autoren: Dämonenkiller
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und öffnete sie. »Das ist ein Plan der Katakomben«, sagte er. »Dort, wo sich die Pestgrube befindet, ist eine Markierung angebracht. Ein rotes Kreuz.« Er legte den Plan zur Seite und griff nach den vergilbten Dokumenten. Es waren Kaufverträge, in altertümlichem Deutsch geschrieben. Die Dokumente lauteten alle auf die Namen Elisabeth und Maria Reichnitz. In einigen stand als Adresse Stephansplatz 80 und auf allen Dokumenten die Jahreszahl 1713. Helnweins Gesicht war angespannt. Er studierte die Papiere genauestens.
    »Ich vermute, daß Elisabeth und Maria Reichnitz mit den Schwestern Hercy und Mercy identisch waren«, sagte ich.
    Helnwein lächelte. »Aber da hätten sie ja in Wirklichkeit dreihundert Jahre alt sein müssen.«
    Ich lachte. »Bei Dämonen ist alles möglich.«
    Er wiegte bedächtig den Kopf. »Hm, es wäre tatsächlich möglich. Was aber wollen Sie jetzt tun, Herr Hunter?«
    Ich hob die Schultern. »Das weiß ich leider selbst nicht genau. Ich werde mir mal die Katakomben ansehen und dann das Haus Stephansplatz 80. Möglicherweise entdecke ich etwas, womit ich Asmodi schaden kann.«
    »Sie sind also nur wegen dieser wenigen Dokumente nach Wien gekommen?«
    »Ja«, sagte ich. »Ich habe nicht mehr. Nur einige Vermutungen, die aber sehr vage sind. Coco behauptete, daß sie Schwester Hercy und Schwester Mercy in Wien gesehen hätte. Und als ich den Schwestern gegenüber vom Herrn der Finsternis sprach, benahmen sie sich sehr eigenartig. Ich habe nicht viel, aber ich muß jeder Spur nachgehen. Und vielleicht finde ich noch weitere Hinweise.«
    »Ich hoffe es für Sie, Herr Hunter«, sagte Helnwein und sah sich nochmals die Dokumente an. »1713«, murmelte er dann nachdenklich.
    »Hat diese Jahreszahl eine besondere Bedeutung?«
    Helnwein strich sich mit der Hand übers Kinn. »Geschichtlich gesehen ein nicht sehr bedeutendes Jahr. Aber in Wien wütete zu dieser Zeit die letzte Pestepidemie.«
    »Was kann das mit den zwei Schwestern zu tun haben?«
    »Da kann ich Ihnen leider nicht helfen«, sagte Helnwein.
    Ich beobachtete ihn aus den Augenwinkeln. Seine Kiefer arbeiteten unruhig. Er dachte angestrengt nach und plötzlich preßte er die Lippen zusammen, und seine Hände verkrampften sich im Schoß.
    »Ist Ihnen nicht gut?« fragte ich.
    »Mir geht es ausgezeichnet«, log er. »Ich fühle mich nur ein wenig müde. Bin ja nicht mehr der Jüngste.«
    Ich gab mich mit dieser Erklärung zufrieden, doch war ich sicher, daß er etwas vor mir verbarg. Mein Mißtrauen war erwacht, und ich beschloß, den Alten nicht aus den Augen zu lassen. Er kam mir verändert vor, aber ich würde schon noch herausbekommen, was dahintersteckte.
    »Ich werde mich um ein Hotelzimmer kümmern«, erklärte ich.
    »Sie schlafen bei mir«, sagte Helnwein bestimmt. »Ich habe genügend Zimmer zur Verfügung.«
    »Das kommt nicht in Frage. Ich will Ihnen …«
    »Keine Widerrede!« sagte Helnwein. »Ich bitte Sie, bleiben Sie bei mir!«
    Seine Stimme hatte so eindringlich geklungen, daß ich zustimmte. Immer mehr gewann ich den Eindruck, daß Helnwein vor etwas Angst hatte, und ich wunderte mich, daß er nicht die Karten offen auf den Tisch legte.
    Er zeigte mir mein Zimmer. Es war klein und einfach eingerichtet. Die Möbel waren mindestens dreißig Jahre alt: ein alter Schrank, ein Tisch, ein unbequemer Holzstuhl und ein breites langes Bett. Das schmale Fenster führte auf die Jagdschloßgasse hinaus.
    Ich legte den Koffer aufs Bett, trat ans Fenster, öffnete es und blickte auf die Straße. Ganz wohl in meiner Haut fühlte ich mich nicht. Das Haus der Familie Zamis war nur fünf Minuten entfernt. Wenn sie erfuhren, daß ich mich in Wien aufhielt …
    Ich verwarf den Gedanken, schlüpfte aus den Kleidern, ging ins Badezimmer, duschte zehn Minuten lang und kehrte dann in mein Zimmer zurück. Dort rauchte ich eine Zigarette.
    Es wurde langsam dunkel. Ich stellte mich ans Fenster und beobachtete, wie sich der Himmel verfärbte. Er war glutrot. Einige Krähen flogen am Fenster vorbei. Ein schlechtes Omen? Ich hob die Schultern, schlüpfte in Jeans und ein Sporthemd und ging zu Helnwein ins Wohnzimmer.
    »Essen Sie eigentlich Wiener Schnitzel?« fragte Helnwein, als ich mich gesetzt hatte.
    »Sehr gern sogar.«
    »Fein«, meinte er, »dann mache ich welche und Bratkartoffeln und Tomatensalat dazu.«
    »Machen Sie sich keine Umstände, Herr Helnwein. Ich lade Sie zum Essen ein. Ich …«
    »Ich koche gern«, sagte Helnwein verschmitzt.
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