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01 - Gnadenlos

01 - Gnadenlos

Titel: 01 - Gnadenlos
Autoren: Tom Clancy
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die Waffe streichelte.
    Wozu verdammt noch mal hast du das getan? Kelly zog die Hand zurück und schüttelte frustriert den Kopf. Aber er sah immer wieder in den Rückspiegel - bloß das normale Augenmerk auf den Verkehr, log er sich in den nächsten zwanzig Minuten vor.
    Das Jachtgelände war sehr belebt. Natürlich wegen des langen Wochenendes. Auf dem kleinen und schlecht befestigten Parkplatz schossen die Autos viel zu schnell umher. Jeder Fahrer versuchte, dem Freitagsstoßverkehr zu entkommen, zu dem er selbst natürlich beitrug. Zumindest hier kam der Scout zur Geltung. Die große Bodenfreiheit und erhöhte Sicht waren für Kelly von Vorteil, als er den Wagen zum Heck der Springer manövierte und wendete, um rückwärts an die Anlegestelle zu fahren, die er erst vor sechs Stunden verlassen hatte. Kelly war erleichtert, den Wagen stehenlassen zu können. Sein Highway-Abenteuer war vorüber, und ihm winkte die Sicherheit des Wassers, auf dem es keine Fahrspuren gab.
    Die Springer war eine dieselgetriebene Motorjacht, zwölf Meter lang, eine Einzelanfertigung, aber in den Umrissen und der Innenaufteilung einer Pacemaker Coho ähnlich. Sie war nicht besonders schön, aber sie hatte zwei ansehnliche Kabinen, und die Kajüte mittschiffs ließ sich leicht in eine dritte verwandeln. Sie verfügte über große Dieselmotoren, die aber nicht zu sehr hochgezüchtet waren, weil Kelly lieber eine bequem ausgelegte große Maschine als eine überdrehte kleine hatte. Er besaß einen hochwertigen Marineradar, alle möglichen gesetzlich erlaubten Kommunikationsinstrumente und Navigationshilfen, die normalerweise nur Hochseefischer benutzten. Der Fiberglasrumpf war makellos, an der verchromten Reling kein einziger Rostfleck, obwohl er auf die Hochglanzpolitur verzichtet hatte, auf die die meisten Jachtbesitzer schwörten. Es lohnte den Aufwand nicht. Die Springer war ein Arbeitsboot oder sollte es doch sein.
    Kelly und sein Gast stiegen aus dem Wagen. Er öffnete die Laderaumtür und fing an, die Kartons an Bord zu bringen. Die junge Dame, sah er, war so vernünftig, ihm nicht in die Quere zu kommen.
    »Yo, Kelly!« rief eine Stimme von der Brücke.
    »Ja, Ed, was war denn?«
    »Kaputte Anzeige. Die Bürsten an den Generatoren waren ein bißchen abgewetzt, da hab ich sie ersetzt, aber ich meine, es lag an der Anzeige. Die hab ich auch ausgewechselt.« Ed Murdock, der Chefmechaniker des Hafens, entdeckte das Mädchen erst, als er das Fallreep herunterkam. Murdock verfehlte die letzte Stufe und schlug vor Überraschung fast der Länge nach hin. Der Mechaniker bedachte das Mädchen mit einem rasch abschätzenden, anerkennenden Blick.
    »Sonst noch was?« fragte Kelly betont.
    »Hab die Tanks aufgefüllt. Die Motoren sind warm«, sagte Murdock, während er sich seinem Kunden zuwandte. »Ist alles auf Ihrer Rechnung.«
    »Okay, danke, Ed.«
    »Oh, Chip hat mir aufgetragen, Ihnen zu sagen, jemand hat ein Angebot gemacht, falls Sie das Boot je... «
    Kelly schnitt ihm das Wort ab. »Keine Chance, Ed.«
    »Sie ist ein Juwel, Kelly«, meinte Murdock, als er sein Werkzeug aufsammelte und lächelnd davonschritt, höchst zufrieden mit sich, weil ihm diese doppeldeutige Bemerkung gelungen war.
    Kelly brauchte einige Sekunden, bis er kapierte. Er ließ nur ein verspätetes, halb amüsiertes Knurren hören, als er die letzten Lebensmittel in die Kajüte lud.
    »Was soll ich tun?« fragte das Mädchen. Sie hatte bisher nur herumgestanden, und Kelly hatte den Eindruck, daß sie ein wenig zitterte und das zu verbergen suchte.
    »Nehmen Sie einfach oben Platz«, sagte Kelly, auf die Brücke deutend. »Ich werde ein paar Minuten brauchen, um alles fertigzumachen.«
    »Okay.« Sie warf ihm ein strahlendes Lächeln zu, das garantiert jedes Eis zum Schmelzen gebracht hätte - als wüßte sie genau, was er brauchte.
    Kelly ging nach achtern zu seiner Kabine, letztlich froh, daß er sein Boot in Ordnung gehalten hatte. Alles war sauber, und er ertappte sich dabei, wie er in den Spiegel schaute und fragte: »Na schön, und was wirst du jetzt tun?«
    Es kam keine unmittelbare Antwort, aber der Anstand sagte ihm, er sollte sich erst mal waschen. Zwei Minuten später betrat er die Kajüte. Er sah noch einmal nach, ob die Lebensmittelkartons sicher verstaut waren, und ging dann nach oben.
    »Ich, äh, hab vergessen, Sie etwas zu fragen... « begann er.
    »Pam«, sagte sie, die Hand ausstreckend. »Und Sie?«
    »Kelly«, erwiderte er, wiederum
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