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01_Der Fall Jane Eyre

01_Der Fall Jane Eyre

Titel: 01_Der Fall Jane Eyre
Autoren: Jasper Fforde
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geschrieben? Marlowe? Bacon?«
    »Nein; so einfach ist das nicht. Verstehst du, kein Mensch hatte von
    den Stücken je gehört , geschweige denn sie geschrieben.«
    Ich begriff nicht. »Was willst du damit sagen? Daß es sie gar nicht
    gibt?«
    »Genau das will ich damit sagen. Sie existieren nicht. Sie wurden
    nie geschrieben. Weder von ihm noch von sonst jemand.«
    »Ich muß doch sehr bitten«, fuhr Landen dazwischen, der allmählich
    ungeduldig wurde, »wir haben doch Richard III. erst vor sechs
    Wochen gesehen.«
    »Natürlich«, sagte mein Vater. »Die Zeit ist aus den Fugen, und wie .
    Da mußte ich natürlich etwas unternehmen. Ich nahm ein Exemplar
    der Gesammelten Werke mit ins Jahr 1592 und gab sie dem
    Schauspieler Shakespeare, damit der sie nach dem vorgegebenen

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    Fahrplan auf die Bühne bringen konnte. Beantwortet das deine
    Frage?«
    Ich war immer noch verwirrt. »Dann hat Shakespeare die Stücke
    also nicht geschrieben?«
    »Weder er«, bestätigte er, »noch Marlowe, Oxford, de Vere, Bacon
    oder ein anderer von den üblichen Verdächtigen.«
    »Aber das ist doch unmöglich!« rief Landen.
    »Im Gegenteil«, widersprach mein Vater. »Da die Zeitskala des
    Universums unendlich ist, sind Unmöglichkeiten ganz alltäglich.
    Wenn ihr erst einmal so alt seid wie ich, werdet auch ihr feststellen,
    daß praktisch alles möglich ist. Die Zeit ist aus den Fugen; Fluch
    ihren Tücken, daß ich zur Welt kam, sie zurechtzurücken!«
    »Das stammt von dir?« fragte ich, da ich bislang angenommen hatte,
    er zitiere Hamlet , und nicht umgekehrt.
    Er lächelte.
    »Eine läßliche Eitelkeit, die man mir sicherlich nachsehen wird,
    Thursday. Außerdem: Wer soll schon davon erfahren?«
    Mein Vater starrte in sein leeres Glas, sah sich vergeblich nach
    einem Kellner um und sagte dann:
    »Lavoisier hat mich bestimmt längst ausfindig gemacht. Er hat
    geschworen, mich zu fassen, und er versteht sein Handwerk. Kein
    Wunder; er war schließlich siebenhundert Jahre lang mein Partner.
    Eins noch: Wie starb der Herzog von Wellington?«
    Mir fiel ein, daß er mich das schon einmal gefragt hatte. »Wie
    gesagt, Dad, er starb 1852 friedlich in seinem Bett.«
    Lächelnd rieb mein Vater sich die Hände. » Hervorragende
    Neuigkeiten! Und Nelson?«
    »In Trafalgar von einem französischen Scharfschützen erschossen.«
    »Wirklich? Tja, man kann nicht alles haben. Also: viel Glück, ihr
    beiden. Ein Junge oder Mädchen wäre schön; eins von jeder Sorte
    wäre noch besser.«

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    Er beugte sich vor und senkte die Stimme.
    »Ich weiß nicht, wann ich wiederkomme, also hört mir gut zu. Kauft
    euch weder ein blaues Auto noch ein Planschbecken, haltet euch von
    Austern und Kreissägen fern, und macht im Juni 2016 um Oxford
    einen großen Bogen. Kapiert?«
    »Ja, aber …«
    »Na, dann tschüs, die Zeit wartet auf niemand!«
    Er umarmte mich, schüttelte Landen die Hand und tauchte im
    Getümmel unter, bevor wir weitere Fragen stellen konnten.
    »Gib dir keine Mühe«, sagte ich und legte Landen den Zeigefinger
    auf die Lippen. »Es hat keinen Sinn, über diesen SpecOps-Bereich
    nachzudenken.«
    »Aber wenn …«
    »Landen!« sagte ich. »Nein!«

    Auch Bowden und Victor zählten zu den Partygästen. Bowden freute
    sich für mich und hatte rasch begriffen, daß ich nicht mit nach Ohio
    kommen würde, weder als seine Frau noch als seine Assistentin. Man
    hatte ihm die Stelle angeboten, und er hatte sie abgelehnt, mit der
    Begründung, dazu mache ihm die Arbeit bei den Swindoner LitAgs
    zuviel Spaß, und er wolle es sich im Frühjahr vielleicht noch einmal
    überlegen; Finisterre war an seiner Stelle gegangen. Doch im Moment
    quälten ihn andere Sorgen. Er holte sich einen steifen Drink und trat
    neben Victor, der sich angeregt mit einer älteren Dame unterhielt.
    »Ahoi, Cable!« murmelte Victor und stellte ihn seiner neuen
    Freundin vor, ehe er Bowdens Bitte um ein kurzes Gespräch unter vier
    Augen nachkam.
    »Ende gut, alles gut. Scheiß auf die Brontë-Gesellschaft; ich bin auf
    Thursdays Seite. Ich finde, der neue Schluß ist ein Gedicht!« Er hielt
    inne und sah Bowden an. »Warum machen Sie so ein langes Gesicht?
    Es ist ja länger als ein Dickens-Roman. Was ist? Geht es um Felix8?«

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    »Nein, Sir; den kriegen wir über kurz oder lang. Aber ich habe
    versehentlich den Schutzumschlag des Buches vertauscht, in dem Jack
    Schitt verschwunden ist.«
    »Sie meinen, er ist gar nicht bei seinen geliebten
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