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0091 - Satans Schloß

0091 - Satans Schloß

Titel: 0091 - Satans Schloß
Autoren: Richard Wunderer
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verzog seinen schmallippigen Mund zu einem säuerlichen Lächeln. Offenbar ging ihm der Verlust der wertvollen Rüstungen nahe.
    »Ihren Humor möchte ich haben«, sagte er. »Sie sind soeben einem fürchterlichen Tod entronnen und können noch scherzen!«
    »Das kommt nur von unserem leeren Magen«, warf Jane ein.
    Der Comte verstand den Wink mit dem Zaunpfahl und führte uns in das Speisezimmer. Kaum saßen wir an der Tafel, auf der zwei Dutzend Kerzen in silbernen Leuchtern flackerten, als Jacques lautlos auftauchte und servierte. Trotz seiner unförmigen Gestalt tat er es geschickt und rasch.
    »Wo haben Sie eigentlich während des Kampfes gesteckt, Jacques?« fragte ich in meinem besten Französisch, als er mir zur leichten Hühnersuppe Weißwein einschenkte.
    Er reagierte nicht. Schon wollte ich meine Frage wiederholen, als der Comte abwinkte.
    »Jacques ist taub. Er kann Sie nur verstehen, Monsieur l’Inspecteur, wenn er Sie ansieht.«
    »Er liest von den Lippen ab?« erkundigte sich Jane.
    »Sehr richtig!« Der Comte scheuchte seinen Diener mit einer ungeduldigen Handbewegung aus dem Raum. »Ich wünsche Ihnen trotz des peinlichen Zwischenfalls einen guten Appetit!«
    »Sie beneiden uns um unseren Humor, Comte«, sagte ich grinsend. »Und ich beneide Sie um Ihre Nerven. Einen solchen Angriff einen peinlichen Zwischenfall zu nennen, dazu gehört schon etwas.«
    Comte de Brouillard zuckte nur gelassen die Schultern. »Die alten Prophezeiungen bezeichnen das Wiedererwachen der Rüstungen als den harmlosesten Vorfall in einer Kette nicht enden wollenden Schreckens.«
    Suko setzte sein Weinglas hart auf der Tafel ab. »Und wann wird dieser Schrecken enden?« fragte er heiser.
    Comte de Brouillard lächelte abgeklärt. »Wenn sich im Château de Brouillard keine lebende Seele mehr aufhält, Monsieur«, antwortete er. »Mit einem Wort, wenn wir alle tot sind!«
    »Mahlzeit«, sagte Jane. »Und Prost!«
    ***
    Das Essen verlief sehr schweigsam. Erstens war es schon elf Uhr nachts, und wir langten wie hungrige Wölfe zu. Und zweitens wich der Comte aus, wenn ich das Gespräch auf die mysteriösen Prophezeiungen brachte. Er berief sich darauf, daß er sie größtenteils nicht verstanden hätte, weil sie in einer ihm unverständlichen Sprache und Schrift abgefaßt wären.
    »Sie können sie morgen aber gern sehen, Monsieur l’Inspecteur«, bot er an. »Meine Bibliothek steht zu Ihrer Verfügung!«
    Mehr war aus dem französischen Schloßherrn nicht herauszubekommen. Ich verzichtete darauf, weiter ihn zu dringen. Ich machte mir ohnedies am liebsten selbst ein Bild von einem Fall.
    Zu unserer Überraschung war das Essen vorzüglich. Im besten französischen Restaurant in London hätten wir nicht besser speisen können. Nicht einmal Sheila Conolly, die eine hervorragende Köchin war, hätte es delikater gekonnt. Und das sollte das Hausfaktotum gemacht haben?
    »Dieses Schloß steckt voller Überraschungen«, meinte Jane, als wir zu unseren Zimmern hinaufstiegen.
    Suko hatte einen Raum neben unseren beiden bekommen. Es war beruhigend, daß wir alle so dicht beisammen blieben. Notfalls konnten wir einander beistehen. Deshalb schlossen wir auch die Verbindungstüren nicht ab.
    Ich suchte in Janes Zimmer nach einer Geheimtür oder einem besonders raffiniert getarnten Versteck, konnte jedoch keine finden.
    »Jacques war vermutlich doch schon im Raum, als du hereinkamst«, sagte ich beruhigend zu meiner Freundin. »Ich glaube nicht, daß er dich heute nacht noch einmal stören wird. Und wenn, dann rufst du ganz einfach.«
    Jane schlang mir die Arme um den Hals, um mir einen Gutenachtkuß zu geben, und es war kein rein kollegialer Gruß.
    Suko räusperte sich. »Dann bin ich ja wohl überflüssig«, sagte er grinsend und zog sich zurück.
    »John!« Janes Augen bekamen jenes Glitzern, das ich nur zu gut bei ihr kannte. Ihre Lippen lächelten verführerisch. »Diese alten Schlösser sind so schrecklich kalt. Und unheimlich! Und Jacques schleicht auch überall herum…«
    Sie stockte. Die romantische Stimmung, die uns überkommen hatte, barst wie ein zu Boden fallendes Glas. Vor dem Schloß dröhnte ein überdrehter Motor.
    Ich lief ans Fenster, doch von hier aus konnte ich nichts sehen, da sich unter mir die schroffe Felswand befand.
    »Komm, das sehen wir uns an!« rief ich Jane zu.
    Suko kam auch schon aus seinem Zimmer. Er hatte den Motor ebenfalls gehört. Wir waren gespannt, wer um Mitternacht dem Schloß einen Besuch
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