0088 - Der Friedhof des Schreckens
Collins.
»Hier ist John…«
»John«, kam es vorwurfsvoll durch die Leitung. »Du wolltest doch so bald wie möglich wieder zurückkommen.«
»Richtig. So bald wie möglich, Baby. Es ist noch nicht möglich.«
»Ich langweile mich zu Tode.«
»Schalt das Fernsehgerät ein.«
»Das würde meine Langeweile nur verschlimmern. Kennst du das britische TV-Programm nicht?«
»Es ist auf der ganzen Welt gleich schlecht.«
»Wenn das ein Trost gewesen sein soll…«
»Jane, ich hab’s eilig«, sagte ich.
»Von wo aus rufst du an?«
»Ich bin in der Chelsea Hall. Sheila und Bill sitzen nicht auf ihren Plätzen. Ich wollte dich fragen, ob sie vielleicht wieder nach Hause gekommen sind, doch wenn du dich langweilst, erübrigt sich diese Frage.«
In Schlagworten berichtete ich Jane, was sich auf der Police Station ereignet, was ich von George Hunnicutt erfahren und welche beklemmende Atmosphäre ich in der Chelsea Hall vorgefunden hatte.
»Sheila und Bill verschwunden«, stieß Jane aufgeregt hervor. »Großer Gott.«
»Das kann man wohl sagen.«
»Der arme Johnny.«
Ich zog die Luft scharf ein. »Sprich nicht so, als ob der Kleine bereits ein Waisenkind wäre!«
»Entschuldige, John.«
»Schon gut.«
»Was wirst du nun unternehmen?« wollte meine Freundin wissen.
»Ich werde sie suchen.«
»Wo?«
»Das weiß ich noch nicht. Es wird sich eine Möglichkeit finden, den Hebel anzusetzen.«
»Sei vorsichtig, John. Paß auf dich auf. Ich möchte nicht, daß auch du spurlos verschwindest.«
Ich lachte bitter. »Keine Sorge, Jane. Ich bin ein Stehaufmännchen. Ich komme immer wieder auf die Beine.«
Rasch hängte ich den Hörer an den Haken. Da preßte mir plötzlich jemand einen harten Gegenstand in den Rücken.
Revolver! dachte ich fast automatisch.
Und eine Stimme sagte: »So, so. Sie wollen also Sheila und Bill Conolly wiederfinden. Wie gut sich das trifft. Ich bin in der Lage, Ihnen zu helfen, die beiden wiederzusehen.«
Ich hob unaufgefordert die Hände.
Möglicherweise hatte der Kerl hinter mir einen nervösen Zeigefinger. Ich wollte ihn nicht dazu verleiten, den Stecher durchzuziehen.
***
Das Grauen schnürte Sheila Conollys Kehle zu. Gebannt starrte sie auf die beiden Leichen. Sie faßte sich an die pochenden Schläfen.
Entsetzt wich sie zurück. Zwei tote Mädchen! Und auch sie sollte sterben. Obwohl es ihr niemand gesagt hatte, wußte sie es. Verzweifelt schüttelte Sheila den Kopf. »Ich will nicht!« preßte sie mühsam hervor. »Ich will nicht sterben! Ich will leben! Ich muß leben! Für meinen Jungen! Für meinen Mann…!«
Sheila wußte nicht, wie die beiden Mädchen ums Leben gekommen waren. Waren sie hier drinnen in dieser morschen, gespenstisch ächzenden Hütte gestorben? Oder draußen auf dem Totenacker?
Wo drohte Sheila Conolly größere Gefahr? Hier drinnen – oder draußen? Das Holz knarrte und knackte unheimlich. Sheila hielt es in der Bretterbude plötzlich nicht mehr länger aus. Sie fühlte sich darin eingesperrt, obwohl keine Tür vorhanden war. Nervös verließ sie die Holzhütte.
Tückisches Leben schien sich in den schwarzen Falten der Dunkelheit zu verbergen. Die Nacht atmete der jungen Frau ihren eiskalten Atem entgegen.
Erst mal fort von diesem schrecklichen Friedhof! dachte Sheila Conolly. Dann kannst du weitersehen, wohin du laufen willst. Sie eilte durch die Finsternis. Mehrmals sah sie sich um, ob die unheimlichen Nebelfetzen nicht wieder auftauchten. Doch die ließen sich nicht mehr blicken. Sheilas goldenes Haar wehte wie eine gelbe Fahne hinter ihr her. Die junge Frau lief in großer Eile zwischen den Gräbern hindurch. Wieder stolperte sie mehrmals. Mit den Armen durch die Luft rudernd, schaffte sie es immer wieder, gerade noch auf den Beinen zu bleiben. Aber schließlich fiel sie doch. Hart knallte sie auf den Boden. Sie schmeckte die Erde auf ihren Lippen, und es knirschte zwischen ihren Zähnen. Ihr Knie schmerzte. Sie bemühte sich, wieder auf die Beine zu kommen, die Flucht fortzusetzen. Doch plötzlich stockte ihr der Atem. Es passierte etwas, dass sie an ihrem Verstand zweifeln ließ. Sheila Conolly lag neben einem flachen Grabhügel. Sie vernahm ganz deutlich ein unheimliches Kratzen.
Sie hörte, wie die Erde von einer übernatürlichen Kraft auseinandergetrieben wurde. Sie beobachtete fassungslos, wie die Erde Sprünge bekam. Etwas, das sich darunter befand, drängte gewaltsam nach oben.
Panik befiel die junge Frau. Sie preßte die Faust an
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