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0082 - Die Horror-Nacht

0082 - Die Horror-Nacht

Titel: 0082 - Die Horror-Nacht
Autoren: Friedrich Tenkrat
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Schloß aufzusuchen.
    Der Wirt verließ die Gaststube. Einer der beiden Deutschen bat mich um Feuer. Ich gab es ihm. Er fragte mich, ob ich mit Absicht nach Swanage gekommen war oder mich nur verfahren hätte.
    Wir kamen ins Gespräch. Es dauerte nicht lange, da saß ich am Tisch der Deutschen, kannte ihre Namen und wußte, was sie nach England geführt hatte.
    Harry Pallenberg blickte auf seine Uhr. »Es ist Zeit, daß wir aufbrechen«, sagte er. »Wenn wir uns das Schloß noch ansehen wollen…«
    »Es geht mich zwar nichts an«, fiel ich ihm ins Wort, »aber ich würde die Fahrt dorthin lieber ins Wasser fallen lassen, Herr Pallenberg.«
    Der Deutsche sah mich belustigt an. »Du kriegst die Tür nicht zu. Haben Sie etwa auch Angst vor dem Schloß?«
    »Der Wirt hat Sie nicht ohne Grund gewarnt«, sagte ich.
    »Bei diesen einfältigen Menschen steckt doch hinter allem und jedem der Teufel.«
    Die Wirtshaustür öffnete sich. Ein unheimlicher Kerl trat ein. Er beachtete uns nicht. Wir schienen für ihn Luft zu sein, existierten nicht für ihn.
    Schlurfend begab er sich zum Tresen. Er war ein großer Kerl mit breiten Schultern, auf denen eine schwere Last zu liegen schien. Deshalb ging er gebeugt.
    Sein kantiges Kinn war weit nach vorn geschoben. In den tiefliegenden Augen funkelte ein bösartiges Feuer.
    »Das muß der Kinderschreck von Swanage sein«, raunte Claus-Dieter Krämer.
    Der Kerl nahm sich einen Whisky und setzte sich an einen der Tische. Nach wie vor existierten wir nicht für ihn.
    Harry Pallenberg drängte zum Aufbruch. Ich sah ihm an, daß er es nicht unterlassen würde, das Schloß zu betreten.
    Um ihn doch noch von diesem Vorhaben abzubringen, schenkte ich ihm und den beiden anderen reinen Wein ein.
    »Hören Sie, ich bin Oberinspektor bei Scotland Yard, und man hat mich hierhergeschickt, weil in dieser Gegend üble Dinge geschehen sind.«
    Pallenberg grinste. »Hört nicht auf ihn«, sagte er zu Lydia Groß und Claus-Dieter Krämer. »Er will uns bloß Angst machen.«
    »Wovor haben die Menschen hier so furchtbare Angst, Oberinspektor?« fragte Lydia.
    »Ein Vampir treibt in dieser Gegend sein Unwesen«, sagte ich ernst.
    »Etwa Graf Morloff?« fragte Pallenberg. »Und sein Diener Garco holt ihm Nacht für Nacht die Opfer aufs Schloß, was? Hören Sie auf mit diesen Gruselgeschichten, Oberinspektor Sinclair. Wir nehmen es Ihnen ja doch nicht ab.«
    »Das sollten Sie aber, Herr Pallenberg.«
    »Der einzige Vampir, an den ich glaube, ist Graf Dracula. Aber auch nur dann, wenn Christopher Lee ihn spielt«, sagte Pallenberg. »Wir sind nach Swanage gefahren, um uns auf dem Schloß ein wenig zu gruseln, und niemand kann uns davon abhalten, daß wir uns den kleinen Schauer holen.«
    Ich warf einen Blick über die Schulter und stellte erstaunt fest, daß der unheimliche Kerl, der vorhin das Wirtshaus betreten hatte, verschwunden war.
    Ich hatte ihn nicht weggehen gehört.
    Ein seltsames Gefühl beschlich mich. Ein Gefühl, das ich mir nicht erklären konnte.
    Pallenberg, Krämer und die junge Frau erhoben sich.
    »Sollten wir einem Vampir begegnen, werden wir ihn von Ihnen herzlich grüßen, Oberinspektor«, sagte Harry Pallenberg.
    Lydia Groß schien damit nicht einverstanden zu sein, wie er sich lustig machte. Sie schien mir zu glauben, und auch Krämer war nicht in der Lage, den Vampir einfach unter den Tisch zu fegen.
    »Okay«, sagte ich. »Wenn ihr euch schon unbedingt das Schloß ansehen müßt, dann versprecht mir, daß ihr es wenigstens noch vor Einbruch der Dunkelheit wieder verlaßt.«
    »Versprochen, Oberinspektor. Sie scheinen ein patenter Kerl zu sein«, sagte Pallenberg. »Ich finde es nett, wie Sie um uns besorgt sind, obwohl wir keine Briten sind.«
    »Was hat das denn damit zu tun? Meiner Ansicht nach hat in erster Linie der Mensch zu zählen und nicht die Staatszugehörigkeit.«
    »Eine äußerst vernünftige Ansicht«, lobte Pallenberg. »Auch ich vertrete sie. Wenn es mehr von unserer Sorte gäbe, wäre ein vereintes Europa schon längst kein utopischer Traum mehr. Sind Sie heute abend auch hier?«
    »Ich denke ja.«
    »Dann werden wir uns noch mal wiedersehen.«
    »Das hoffe ich«, sagte ich.
    Die Deutschen verließen das Gasthaus. Lydia Groß und Claus-Dieter Krämer hätten wohl ganz gern auf die Fahrt zum Schloß verzichtet.
    Aber sie schämten sich vermutlich, das zuzugeben, deshalb begleiteten sie Harry Pallenberg.
    Ich hörte hinter mir ein tiefes Seufzen und wandte mich um.
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