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008 - Labyrinth des Todes

008 - Labyrinth des Todes

Titel: 008 - Labyrinth des Todes
Autoren: Dämonenkiller
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Schrift und erstarrte.
    Dorian Hunter , las ich. Darunter stand das Datum des übernächsten Tages.
    Es dauerte einige Sekunden, bis sich meine Starre löste. Langsam ging ich um das aufgeworfene Grab herum und bückte mich vor dem Grabstein. Die Schrift war deutlich zu erkennen. Ich fuhr mir mit der rechten Hand über das Kinn und stand auf. Jemand wußte ganz genau den Tag meines Todes und hatte vorsorglich für mich ein offenes Grab vorbereitet und gleich den Grabstein bestellt. Das war mehr als eine Warnung der Schwarzen Familie. Das war mein Todesurteil. Zwei Tage hatte ich noch Zeit. Zwei kurze Tage, die ich nutzen mußte.
    Ich blickte Lundsdale an, der noch immer bewegungslos vor dem offenen Grab stand und den Grabstein anstierte. Eine alte Frau, ganz in Schwarz, den gekrümmten Oberkörper auf einen dicken Stock gestützt, kam an Lundsdale vorbei. Sie blinzelte mir kurzsichtig zu und humpelte weiter.
    »Entschuldigen Sie, Madame«, sagte ich rasch und ging auf sie zu. Sie wandte den Kopf und starrte mich ungehalten an. »Ja?« fragte sie fast unhörbar. »Was ist?«
    »Bitte, könnten Sie mir sagen, was auf diesem Grabstein steht?«
    Sie kniff die Augen zu schmalen Schlitzen zusammen, dann sah sie mich an. »Nichts«, sagte sie unfreundlich.
    Ich nickte und zeigte auf Cocos Grabstein. »Und auf diesem?«
    Sie sah an Lundsdale vorbei und las: »Coco Zamis.«
    »Sie haben mir sehr geholfen, Madame«, sagte ich und versuchte ein Lächeln, was aber kläglich mißlang.
    Sie schüttelte den Kopf und stapfte weiter. Ich sah ihr lange nach, bis sie hinter einigen Gräbern verschwand. Nachdenklich blickte ich mich um. Offensichtlich war die Schrift nur für mich zu erkennen, und ich war sicher, daß Lundsdale die Schrift für mich sichtbar werden ließ. Das bedeutete, daß die Schwarze Familie von meinem Auftauchen unterrichtet war. Möglicherweise war ich auch ganz bewußt nach Hongkong gelockt worden, und sie spielten nun Katz und Maus mit mir, eine Vorstellung, die mir alles andere als angenehm war.
    Plötzlich war mir trotz der drückenden Hitze kalt. Vom offenen Grab her schien ein eisiger Wind auf mich zuzurasen, und es kam mir so vor, als wäre die Luft um mich mit spöttischem Gelächter erfüllt. Schaudernd wandte ich mich ab und blieb vor Cocos Grab stehen. Heute nacht würde ich mir Gewißheit verschaffen, wer unter diesem Grabhügel ruhte. Ich würde erst an Cocos Tod glauben, wenn ich ihre Leiche gesehen hatte.
    »Lundsdale!« sagte ich laut. »Lundsdale!«
    Er reagierte nicht auf mein Rufen. Ich hörte Glockengeläut und drehte mich um. Vom Friedhof her näherte sich ein Leichenzug. Voran ging ein winziges Männchen, das ein Glockenspiel in den Händen hielt. Dahinter trugen vier Sargträger eine Totenbahre, auf der ein gläserner Sarg stand. Hinter dem Sarg ging niemand.
    Die Prozession kam rasch näher. Der Sarg glitzerte wie ein riesiger Spiegel in der Sonne. Ich versuchte, den Toten zu erkennen, was mir aber nicht gelang. Neugierig ging ich auf die Totengräber zu. Am Ende der Reihe blieb ich stehen. Das Glockengeläut hallte unangenehm laut in meinen Ohren wider. Die Sargträger blieben jetzt stehen und stellten die Bahre ab. Ich kam noch zwei Schritte näher und prallte erschrocken zurück. Der Tote im Glassarg war mir nur allzu bekannt. Sein Haar war sorgfältig frisiert, schwarz und ziemlich lang. Er hatte einen dichten Schnurrbart, dessen Spitzen nach unten gezwirbelt waren, war etwa einen Meter neunzig groß, schlank und trug einen dunklen Anzug.
    Der Tote im Sarg war ich – oder mein Zwillingsbruder, wenn ich einen gehabt hätte.
    Die Totengräber hoben den Sarg wieder hoch und gingen weiter. Das Glockengebimmel verstummte, und von einer Sekunde zur anderen war der Sarg leer. Niemand lag mehr darin.
    Ich wischte mir den Schweiß von der Stirn. Offenbar sehe ich schon am hellichten Tag Gespenster , dachte ich. Zögernd folgte ich den Totengräbern einige Schritte, doch der Sarg blieb leer. Erleichtert kehrte ich zu Lundsdale zurück, der aus seiner Erstarrung erwacht war und sich verwundert umblickte. Die Schrift auf dem Grabstein war verschwunden.
    Ich fragte mich, ob ich mir alles nur eingebildet hatte, schüttelte dann aber den Kopf. Es war alles zu deutlich gewesen. Es war unmöglich, daß ich mich getäuscht hatte. Oder doch? Ich fuhr mit der Hand über den Grabstein. Er war glatt.
    »Was machen Sie da?« fragte mich Lundsdale verwundert. Er sah ziemlich unsicher und ängstlich
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