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0076 - Wir verlernten das Lachen

0076 - Wir verlernten das Lachen

Titel: 0076 - Wir verlernten das Lachen
Autoren: Wir verlernten das Lachen
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Bericht über Leader verschaffen. Denke daran, wenn wir nach Panama zurückkommen!«
    Mit innerem Widerstreben gingen wir daran, die Leiche oberflächlich zu untersuchen. Sie wies keine Spuren von Gewaltanwendung auf. Die noch am gleichen Tage vorgenommene Autopsie bestätigte diesen ersten Eindruck. Brown war ertrunken. In seinem Körper fanden sich Spuren eines Betäubungsmittels. Man hatte also den Unglücklichen betäubt, in diesem Zustand samt dem Wagen in den See geworfen, wo er, ohne das Bewußtsein wieder zu erlangen, elend durch Ertrinken umkam.
    »Kommen Sie, Cotton!« sagte Mantelli, der uns in den Wagen gefolgt war, hinter mir.
    Wir gingen zum Vordersitz, dessen kastenförmige Unterseite als Werkzeugbehälter gearbeitet war, und aus diesem Kasten hatte der Capitano eben ein ziemlich neues General Electric-Magnetofon herausgezogen, auf dessen Bandtellern ein halb abgespieltes Tonband lag. Ich stellte das Band sofort sicher und legte es zum Trocknen an eine schattige Stelle. Als ich am Abend wieder in meinem Hotel war, versuchte ich es abzuspielen, Es zeigte sich, daß es im Wasser nicht sehr gelitten hatte, und ich hörte aus dem Lautsprecher ein schwermütiges Lied, von Knaben gesungen. Ich hielt es für das erwähnte »Tree Oasis Spiritual«, was mir Habakuk Ebenezer Roberts am nächsten Tag fassungslos bestätigte.
    ***
    Das Hotel ›Calabria‹ an der Avenida Cruzeiro in Panama war ein hypermoderner, zwölf Etagen hoher Kasten, an dem die eigenwillige Gestaltungskraft des Architekten wahre Orgien gefeiert hatte.
    In der Nacht von Donnerstag auf Freitag lag Habakuk E. Roberts im Bett seines in der fünften Etage gelegenen Zimmers und schlief den Schlaf des Gerechten. Um die gleiche Zeit stand ein dicker und zugleich muskulöser Mann in einer Art schwarzem Trainingsanzug im Wirtschaftshof des Hotels und beobachtete aus der Deckung eines Kistenstapels interessiert die rückwärtige Fassade. Sein grobes, brutales Gesicht hielt er durch einen übergestreiften Nylon-Strumpf, der Kinn und Lippen bis zur Nasenspitze verhüllte, sorgsam verborgen.
    Der Mann mochte etwa 35 Jahre alt sein. Bei seinen Freunden war er als ,Sal‘ bekannt; seinen Nachnamen hatte man längst vergessen. Er besaß eine für seinen Beruf sehr schätzenswerte Eigenschaft: er war nicht vorbestraft.
    Sal wartete in aller Ruhe etwa 30 Minuten, bis er die Überzeugung gewann, daß die Luft rein sei. Geschickt jede Deckung ausnutzend, umrundete er den Hof, bis er neben dem Eingang stand, der zu den Wirtschaftsräumen führte. Er lauschte und spähte mißtrauisch nach allen Seiten, ehe er sich auf die erste Sprosse der Feuerleiter schwang und geschmeidig bis zur fünften Etage kletterte. Dort wechselte er nach rechts auf den Sims eines geöffneten Fensters hinüber und holte einen Trommelrevolver amerikanischer Herkunft aus der Tasche, dessen Mündung einen mächtigen Schalldämpfer trug. Sal zielte sorgfältig auf die dem Fenster gegenüberliegende Wand, an der das Bett mit dem schlafenden College-Leiter stand, und krümmte den rechten Zeigefinger.
    Die Waffe machte neunmal ,Plobb‘. Mehr Geräusch entstand nicht. Sal steckte hastig seine Waffe ein, kletterte wieder in den Hof zurück und wurde von der Finsternis der mondlosen Nacht aufgesogen.
    Habakuk Ebenezer Roberts erwachte durch ein leises Geräusch und fand es verwunderlich, daß seine Bettdecke mit Kalksplittern übersät war. Er dachte über diesen sonderbaren Umstand lange nach, bis er sich endlich entschloß, Licht zu machen. Im Schein der Nachttischlampe sah er dann an der Wand über seinem Bett neun große Löcher, deren Herkunft ihm nicht unklar sein konnte.
    Nach einer Pause lähmenden Entsetzens strampelte er die Bettdecke zurück, sprang aus dem Bett und lief in seinem lavendelfarbenen Pyjama laut schreiend auf den Gang hinaus, was einen anderen Gast, einen Engländer, der von einer Party kam, zu der entrüsteten Bemerkung veranlaßte, das ›Calabria‹ sei offenbar kein Hotel, sondern ein Irrenhaus.
    Auch der Hoteldirektor dachte noch lange mit lebhaftem Unbehagen an diese Nacht zurück, denn der Mordversuch auf einen seiner Gäste drückte die Belegungsquote des bestrennomierten Hauses schlagartig um 45 Prozent herunter und verschaffte ihm in der örtliehen Presse eine Publicity, die kein Hoteldirektor hinnehmen kann, ohne vernehmlich mit den Zähnen zu knirschen.
    ***
    Etwa um die gleiche Zeit lag auch ich in meinem Bett, im Hotel ,Orienta‘, und holte die versäumte
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