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0062 - Guru der Toten

0062 - Guru der Toten

Titel: 0062 - Guru der Toten
Autoren: Friedrich Tenkrat
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Clips Gazzarra an die schäbige Tür geklopft. Er hörte Schritte. Dann fragte eine gedämpfte Stimme: »Wer ist da?«
    »Ich bin es. Clips.«
    Die Tür öffnete sich. Jock Oberon winkte seinen Auftraggeber in die miese, fast leere Wohnung.
    »Ich bringe das Geld«, sagte Gazzarra. Seine Großeltern stammten aus Neapel. Er hatte lackschwarzes Haar, war mittelgroß und schmal wie ein Windhund.
    Der Killer nickte zufrieden. »Ist dir auch niemand gefolgt?«
    »Wer sollte mir…?«
    »Das kann man nie wissen. Vorsicht ist die Mutter der Porzellankisten.« Oberon wies auf einen wenig vertrauenerweckenden Stuhl und sagte: »Setz dich, Clips. Kannst du inzwischen schon wieder schlafen? Oder plagt dich immer noch dein Gewissen?«
    »Es geht«, erwiderte Gazzarra. Er holte einen dicken Briefumschlag aus der Innentasche seiner Jacke und gab ihn dem Killer. »Dreitausend.«
    Jock Oberon griente. »Du hast doch hoffentlich nichts dagegen, wenn ich nachzähle.«
    »Traust du mir nicht?«
    »Doch, doch. Aber ich zähl’ nun mal so furchtbar gerne Geld. Ich könnte das stundenlang tun. Es ist mir die liebste Beschäftigung.«
    Der Killer holte die Banknoten aus dem Umschlag und blätterte sie einzeln auf den wackeligen Tisch.
    Inzwischen ließ Clips Gazzarra seinen Blick durch den trostlosen Raum schweifen. Teilweise hingen die Drähte aus den Wänden. Der Putz war fleckig und an manchen Stellen abgebröckelt.
    Die Fenster waren so dreckig, daß man kaum noch hindurchsehen konnte. In einer Ecke stand ein alter Diwan.
    Jock Oberon hauste wie ein staatenloser Zigeuner. Gazzarras Blick fiel auf zwei Koffer. Sie waren gepackt.
    Als der Killer mit dem Geldzählen fertig war, fragte ihn Clips Gazzarra: »Trittst du ‘ne Reise an?«
    Jock Oberon nickte.
    »Wegen dem Mord an Chump Geezer?« fragte Gazzarra.
    Oberon schüttelte den Kopf. »Bevor du mich gebeten hast, Geezer aus dem Weg zu räumen, damit du mit seiner Frau glücklich werden kannst, hatte ich einen anderen Auftrag zu erledigen.« Der Killer nickte. »Natürlich werde ich dir jetzt nicht sagen, um wen ich mich zu kümmern hatte. Wer begibt sich schon gern in die Hand eines andern…?«
    »Hör mal, dein ewiges Mißtrauen regt mich langsam auf, Jock. Denkst du, ich würde dich verraten? Nach alldem, was du für Mo und mich getan hast? Ist es nicht so, daß du uns in der Hand hast?«
    Der Killer winkte ab. »Geschenkt. Jedenfalls ist über diese andere Sache immer noch nicht genügend Gras gewachsen. Schuld daran ist diese verdammte fuchsschlaue Detektivin. Jane Collins heißt sie. Soll mit einem Bullen vom Yard befreundet sein. Irgend jemand hat sie engagiert, damit sie den Mord, den ich begangen habe, aufklärt. Ich habe den Eindruck, daß die Kleine ihr Ziel erreichen kann. Von Tag zu Tag rückt sie mir mehr auf die Pelle. Du kannst dir denken, daß ich nicht scharf darauf bin, ihr ein Erfolgserlebnis zukommen zu lassen. Deshalb werde ich London für eine Weile den Rücken kehren.«
    »Wohin gehst du?«
    »Sag’ ich nicht.«
    »Na schön, wie du willst«, sagte Clips Gazzarra. Er erhob sich und reichte dem Killer die Hand. »Viel Glück, Jock.«
    »Danke, Junge. Werd glücklich mit Mo.«
    »Wir versuchen es. Aber es wird nicht leicht sein – mit einem Mord auf, dem Gewissen.«
    Jock Oberon winkte leichthin ab. »Vergiß ihn. Denk einfach nicht mehr daran.«
    »Das ist leichter gesagt, als getan.«
    »Du bereust doch etwa nicht schon…«
    Clips Gazzarra schüttelte mit ernster Miene den Kopf. »Nein. Ich bereue nichts. Es war Zeit, daß Chump Geezer Platz machte!«
    Gazzarra verließ die miese Wohnung, die dem Killer nur noch für eine Nacht als Schlupfwinkel diente.
    Er setzte sich in seinen taubengrauen Morris und fuhr nach Hause.
    Chump Geezer wartete da bereits auf ihn.
    Doch wie hätte er – Geezers erstes Opfer – das ahnen sollen?
    ***
    Er bog in die Straße ein, in der er wohnte und er faßte den Entschluß, gleich wenn er zu Hause war, Mo anzurufen, um sich zu erkundigen, wie es ihr ging. Seit Chump tot war, schien sie einen seelischen Knacks abbekommen zu haben. Natürlich, sie hatte Chumps Tod genauso gewünscht wie er.
    Als es Chump Geezer dann aber wirklich erwischte, traf es sie wie ein Keulenschlag, und sie hatte sich von diesem Schock noch nicht wieder erholt.
    Zwischen dem Wollen und der effektiven Tat ist eben doch ein haushoher Unterschied.
    Da an der Sache nichts mehr rückgängig zu machen war, mußten sie beide sich wohl oder übel damit
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