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0062 - Der tödliche Zauber

0062 - Der tödliche Zauber

Titel: 0062 - Der tödliche Zauber
Autoren: Michael Kubiak
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diese Jahreszeit in Saintes-Maries-de-la-Mer wimmelte, sich mit ausländischen Touristen einließen. Eigentlich hielten sich die Söhne des Windes, wie sie sich selbst nannten, immer abseits und mieden den Umgang mit Fremden, die nicht von ihrer Mentalität waren.
    Sollte dieses Mädchen vielleicht die Ursache für den Schrei gewesen sein? Lucille Parnod wurde sich gar nicht bewußt, daß sie es schon als gegebene Tatsache annahm, hinter der Tür etwas Schreckliches vorzufinden.
    Widerstrebend streckte sie die Hand nach der Klinke aus und probierte, ob die Tür verschlossen war.
    Sie war es nicht.
    Lucille Parnod, deren ebenmäßig schönes Gesicht totenbleich geworden war, schob die Tür auf und spürte in ihrem Gesicht den Luftzug, der durch die offene Balkontür verursacht wurde.
    Mit einem schnellen Schritt stand sie im Zimmer und schaute sich um. Dabei fiel ihr Blick sofort auf die Gestalt, die unweit des zerwühlten Bettes halb eingewickelt in ein Bettlaken auf dem Boden lag.
    Lucille Parnod ließ alle Vorsicht fahren und eilte darauf zu. Der Anblick der Blutflecken auf dem Bettlaken traf sie wie ein brutaler Schlag unter die Gürtellinie. Die Augen traten ihr fast aus den Höhlen, und sie mußte krampfhaft schlucken.
    Ihre Finger zitterten und bebten, als sie sich aufgeregt bemühte, die Gestalt von dem Tuch zu befreien. Dabei erwischte sie einen Zipfel und zog ihn beiseite.
    Ein Würgen stieg in ihr hoch. Vor ihr lag der Kopf des Hotelgastes.
    Er rollte leicht zur Seite und wandte ihr das Gesicht zu.
    Aber da war kein Gesicht mehr. In ihrem panischen Schrecken glaubte Lucille Parnod, die Fratze eines Monstrums vor sich zu sehen.
    Sie kreischte grell auf und kam schwankend auf die Füße. Sie machte auf dem Absatz kehrt und stürmte hinaus auf den Gang. Dabei schrie sie wie ein Mensch in höchster Todesnot. Sie verlor einen ihrer Clogs und humpelte weiter.
    Sie erreichte die Treppe und stolperte nach unten in die Hotelhalle. Mit wachsbleichem Gesicht und unkontrolliert vor sich hinmurmelnd wankte sie auf den Empfangschef zu.
    »Ein Ungeheuer! Ein Toter! Blut! Ein Mord!«
    Mehr bekam sie nicht mehr heraus. Wenige Meter vor der Rezeption brach sie in die Knie. Sie wollte noch etwas sagen, wollte ihren unsagbaren Schrecken hinausschreien, sich davon befreien, doch eine gnädige Ohnmacht nahm sie unter ihre Fittiche und entführte sie in eine Welt des Vergessens.
    ***
    Zamorra wälzte sich unruhig hin und her. Klopfte da nun wirklich jemand an der Tür, oder befand sich das aufdringliche Pochen in seinem Schädel? Der fade Geschmack in seinem Mund erinnerte ihn an den Abend vorher. Diese Fete war mehr als feucht gewesen. Ja, die Menschen in der Camargue verstehen es wirklich, Feste zu feiern, auch wenn kein besonderer Anlaß vorhanden ist.
    Das erneute leise Klopfen riß ihn aus seinen Gedanken. Es kam wirklich von der Zimmertür. Außerdem konnte Zamorra noch etwas anderes hören.
    »Monsieur le Professeur, Monsieur, bitte wachen Sie auf. Wir brauchen Ihre Hilfe. So wachen Sie doch auf, Monsieur!«
    Ein Drängen lag in der Stimme, eine Hilflosigkeit, die den Professor schlagartig wachwerden ließ. Er schaute nach links auf das andere Kopfkissen. Nicole Duval, seine Freundin, und manchmal auch Assistentin, schlief fest. Sie schien nichts gehört zu haben und ließ sich wahrscheinlich in ihren Träumen auch durch nichts stören.
    Vorsichtig, um sie nicht doch noch zu wecken, glitt Zamorra aus dem Bett, zog sich Slip und seine verwaschenen Jeans an und huschte zur Tür.
    Es klopfte erneut. Halblaut murmelte der Professor etwas, es sollte wohl ein Fluch sein, und drehte dabei den Schlüssel im Schloß. Er drehte den Türknauf und zog die Tür auf.
    Den etwa fünfundvierzigjährigen, gebückt dastehenden Mann erkannte er sofort. Es war einer der Empfangschefs, die schichtweise an der Hotelrezeption Dienst taten. Das Gesicht des Mannes war gerötet vor Aufregung, und das nervöse Zucken seiner Augenlider und das Beben seiner Glieder waren nicht zu übersehen.
    Sein Atem ging schwer, als wäre er ein ganzes Stück gerannt.
    Schweißtropfen standen auf seiner Stirn, und der Ausdruck seiner Augen zeigte panisches Entsetzen.
    Zamorra schob sich durch die Tür und drückte dabei den Mann hinaus auf den Gang. Er wollte seine Freundin nicht unnötig aufregen und dafür sorgen, daß sie nichts von dem mitbekam, was er an Unangenehmem erfuhr.
    »Immer mit der Ruhe, guter Mann. Wo brennt’s denn? Ist es au- ßerdem eine Art,
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