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0050 - Der Gelbe Satan

0050 - Der Gelbe Satan

Titel: 0050 - Der Gelbe Satan
Autoren: Jason Dark
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Kolonnen von Fahrzeugen aller Art an uns vorbeizogen. »Wir müssen rüber. Sehen Sie dahinten die schmale Gasse?«
    »Ja.«
    »Dort ist es.«
    Mir kam das alles wie ein Traum vor. Ich fuhr nach Hongkong, traf mich mit einem Reporter, und der sagte mir frank und frei, er werde mich zu den Vampiren führen. Ich zweifelte daran. Während meiner Laufbahn hatte ich mir immer ein gesundes Mißtrauen bewahrt. Ich kannte Leute, die erzählten mir wer weiß was, und als es dann soweit war, stellte sich alles als Finte heraus.
    War es hier ähnlich?
    Kilrain lachte, was ihn mir keineswegs sympathischer machte. »Sie trauen mir nicht, wie?«
    »Das kann man nicht so sagen. Ich bin zumindest ein wenig überrascht, wenn ich ehrlich sein soll.«
    »Sie müssen die Hongkonger Lebensart verstehen, Sinclair. Hier prallen Europa und Asien aufeinander. Zwei verschiedene Mentalitäten begegnen sich. Die eine nimmt von der anderen etwas an und umgekehrt. Daß sich die Fronten dabei verwischen, ist mehr als nur natürlich. Hongkong ist ein Schmelztiegel. Was meinen Sie, auf welchem Raum hier die Leute hausen? Mit zehn, zwölf Personen auf einem kleinen Zimmer. Von sanitären Anlagen gar nicht zu reden. Das sind Buden, in denen die wohnen. Und auf der anderen Seite der unheimliche Luxus. Sehen Sie sich die Villen und Prachthäuser an, die im Norden an den Berghängen stehen. Was da allein ein Quadratmeter Boden kostet, das verdient ein Kuli in seinem ganzen Leben nicht. Und die Leute wissen, wer dort oben haust. Daß sie neidisch werden, ist klar. Das ist der Boden, auf dem die Tongs, die Geheimbünde, gedeihen. In Hongkong wimmelt es nur so von diesen Banden. Zahlreiche sind darunter, die sich dem Teufel verschworen haben. Die asiatische Mythologie ist ungeheuer vielfältig. Sie als Europäer werden kaum einen Einblick darin haben. Sie kennen nur ihre Werwölfe, Vampire und was weiß ich noch für Schattenwesen. Aber bei uns leben die Gestalten der Mythologie weiter, und Sie manifestieren sich sogar. Das ist der Unterschied.«
    Ich enthielt mich einer Antwort. Ganz so schlimm, wie Kilrain es annahm, war es nun doch nicht. Auch ich hatte nicht nur mit Werwölfen zu kämpfen oder mit Vampiren, aber warum sollte ich mich streiten? Ich brauchte ihn, damit er mich zu den Vampiren führte.
    Die Straße überquerten wir als Zickzack-Läufer. Eine Ampel gab es nicht, auch keinen Polizisten, der den Verkehr regelte. Nebeneinander schritten wir auf die Einmündung der Gasse zu.
    Auch hier sah ich nur Geschäfte. Die Häuser standen sich dicht gegenüber, so daß die Sonne nur spärlich in die schmale Zeile schien. Offene Garküchen verströmten penetrante Gerüche, die meinen Magen schwer strapazierten.
    Vor kleinen Geschäften saßen Händler und boten ihre Waren an. Wir schritten an einem Schaufenster vorbei, in dem, durch Rotlicht angestrahlt, Mädchen saßen und strickten. Der Kunde konnte sich hier die Girls aussuchen, ging dann hinein, sagte die Zahl, die das Mädchen auf ihrem Gewand trug, und konnte mit der Kleinen nach oben verschwinden.
    Ein Bordell, wie es Hunderte gab.
    Nur noch Touristen blieben stehen und gafften. Einige »Herren« gingen auch hinein. Wir aber drängten uns weiter, umgingen eine Schlägerei zwischen vier Jugendlichen, durchquerten eine Einfahrt, landeten auf einem winzigen Hof, gingen durch eine offene Tür und standen in einer anderen Gasse.
    Ich wußte nicht mehr, wo wir uns befanden.
    Am Arm hielt ich Mike Kilrain fest. »Moment, Mister. Ich dachte, unser Ziel läge in der ersten Gasse?«
    Kilrain runzelte die Stirn. »Habe ich das gesagt?«
    »Laut gedacht bestimmt nicht.«
    »Sorry, dann habe ich mich vertan.«
    John, sei auf der Hut, sagte mir meine innere Stimme, und ich lockerte sicherheitshalber meine mit Silberkugeln geladene Beretta, die ich im Gürtelhalfter trug. Mein Einsatzkoffer lag wohl verstaut im Tresor des Hotels, der nach Angaben der Direktion absolut einbruchsicher war.
    Mike Kilrain schien mir nervöser zu sein, als noch wenige Minuten zuvor. Hastig saugte er an seiner Pfeife, stieß Qualmwolken aus wie eine alte Dampflok und schaute sich immer wieder verstohlen um.
    Ich beobachtete ihn von der Seite her. Die Gasse, in der wir uns befanden, war noch enger als die zuvor. Hier gab es kaum Läden oder Geschäfte, und wenn, dann waren sie so mies, daß ich mich gehütet hätte, nur einen Schritt über die Schwelle zu tun. Die Hausfassaden wirkten brüchig und uralt. Nichts Farbiges war zu sehen,
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