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0050 - Der Einsame der Zeit

Titel: 0050 - Der Einsame der Zeit
Autoren: Unbekannt
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verschwommener Schatten erkannt werden konnte. Die Hülle meines Kugelfeldes leuchtete zu grell, um einen einwandfreien Durchblick zu gestatten. Mein Nervensystem arbeitete zufriedenstellend. Angst hatte ich nicht. Ich lauschte noch schärfer auf das abklingende Donnern des Triebwerks. Nach einigen Sekunden begann ich in der Art angelockter Fische zu tanzen, dabei immer hoffend, daß da drüben niemand auf den Gedanken kam, einen Unterwasserpfeil in mein Feld zu schießen. Ich wußte sehr genau, wie man noch vor dem Krieg große Tiefseefische gefangen hatte. Harte Stromstöße waren für die Stabilität meines Schutzschirmes von Übel. Sie jagten mich! Es gab keinen Zweifel mehr. Ab und zu konnte ich die schattenhaften Konturen eines kleinen Tiefseebootes erblicken. Es geschah immer dann, wenn ich für den Bruchteil einer Sekunde dem grellen Scheinwerferlicht entrann.
    Als ich bemerkte, daß ich mich einer engen, steil nach unten führenden Schlucht genähert hatte, war es zu spät. Jäger darf man nicht reizen oder mißtrauisch machen. Man kann sie überlisten, aber nicht in der plumpen Form, wie ich es nun unbewußt getan hatte. Natürlich nahmen sie an, ich könnte jeden Augenblick in dem finsteren Riß verschwinden. Ein helles Zischen klang auf. „Preßluftabschuß!" signalisierte mein Extrasinn. Reglos wartete ich auf den Einschlag. Es wäre sinnlos gewesen, einem selbstlenkenden Jagdgeschoß entweichen zu wollen.
    Ein flammendes Phantom raste auf mich zu. Nach genau zweieinhalb Sekunden hatte es mich erreicht. Ich sah die Kontaktspitze des Hochspannungskopfes in mein Feld eindringen, abgleiten und zünden. Ultrahelles Licht umwaberte meinen Schutzschirm. Der Mikroreaktor in meinem Rückentornister summte warnend auf. Die rote Gefahrenlampe an meinem rechten Handgelenk begann zu flimmern.
    Feldüberlastung!
    Schmerzhafte Stromstöße peitschten durch meinen Körper. Ich krümmte mich schreiend zusammen und versuchte verzweifelt, die beginnende Nervenlähmung von mir abzurütteln. Mit dem letzten Rest meiner Kraft schob ich den Schalter des Unterwassersprechfunks nach unten, um mit versagender Stimme ins Kehlkopfmikrophon zu rufen: „Laßt den Unsinn, laßt es sein. Ich komme freiwillig!"
    Wahrscheinlich lagen sie mit ihren Empfängern auf einer anderen Frequenz. Wer konnte genau sagen, wie lange diese Menschen bereits in ihrem U-Boot weilten, mit dem sie wahrscheinlich der damaligen Vernichtung entgangen waren.
    Ein zweiter Schocktorpedo traf mein Feld. Wieder entstanden überhelle Entladungen und wieder verkrümmte sich mein Körper. Mein letzter Sinneseindruck übermittelte mir das Gefühl einer hohen Beschleunigung. Dann brach mein Schirmfeld zusammen. Diese Belastung hatte es nicht mehr aushalten können.
    Trostlose Schwärze begann vor meinen Augen zu wallen. Etwas rauschte wie ein Wasserfall. „Wasserfall? In der Tiefsee? Lächerlich!"
    Es war ein verwaschener Impuls, der von meinem Extrahirn an meinen bereits betäubten Geist durchgegeben wurde. Natürlich konnte es mitten im Meer keinen Wasserfall geben. Mein Schirm erlosch mit einem letzten matten Aufleuchten.
    „Aus!" sagte ich, „endgültig vorbei!"
     
    3.
     
    Es klang wie das Singen des Windes in der Takelage eines Segelschiffes. Vor meiner Flucht in die Tiefen des Meeres hatte ich mich oft den Naturgewalten anvertraut. Diesmal aber lag ich nicht auf dem Deck eines Seglers, um verträumt den ziehenden Wolken nachzustarren. Es war anders, ganz anders. Sie waren zu viert oder zu fünft. Das, was ich für das Singen des Windes gehalten hatte, war identisch mit hastig und lautstark gesprochenen Worten.
    Noch hielten sie mich für besinnungslos. Ich legte auch keinen Wert darauf, mein Erwachen durch irgendwelche Reaktionen bekanntzugeben. So hatte ich bereits aus dem Gespräch erfahren, daß sie mich in der Tat für einen unbekannten Tiefseefisch mit selten schönen Leuchtorganen gehalten hatten. Sie hatten mit Jagdpfeilen geschossen und mich im Moment des Zusammenbruchs meines Schirmfeldes mit einem Zugstrahl in die Fischschleuse des U-Bootes gezerrt. Es war mein Glück gewesen, oder auch mein Unglück. Ein kurzes Blinzeln hatte mich darüber belehrt, daß ich in einem relativ großen Raum auf einem flachen Tisch lag. Wahrscheinlich handelte es sich um ein Labor, in dem gefangene Tiefseebewohner untersucht wurden.
    Sie sprachen Englisch, aber das, was sie an Gedanken austauschten, war für mich verwirrend. Der spezielle Logiksektor meines Gehirns
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