Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

005 - Gekauftes Glück

Titel: 005 - Gekauftes Glück
Autoren: Unbekannt
Vom Netzwerk:
daß Madame gut dafür zahlte, ständig über alles auf dem laufenden zu sein, was unter ihrem Dach, in der Stadt und im Lande geschah. Megan legte keinen Wert darauf, die Unterhaltung mit Dorcas an einen Ort weitergetragen zu wissen, wo ihre Arbeitgeberin davon Wind bekam. Beruhigt, daß kein unbefugter Lauscher sie hören konnte, sagte sie, die Stimme zu einem Flüstern dämpfend: „Dorcas, es ist genau so, wie wir nach deinem Gespräch mit Drake befürchtet haben. Der Gentleman, der gestern abend bei mir war, ist ein junger Fatzke, der regelmäßig zu uns kommt, ein recht harmloser Bursche, der jüngste Sohn des Earl of Dunvale. Er hat mich tatsächlich die ganze Nacht wach gehalten, weil er dauernd gestreichelt und liebkost werden wollte, nichts weiter, ob du es glaubst oder nicht."
    „Megan!" warf Dorcas ein und schaute sie mißbilligend an.
    „Ja, nun, es tut mir leid, Dorcas." Megan schenkte der Köchin ein zerknirschtes Lächeln. „Also, um wieder zur Sache zu kommen, der Geck berichtete mir, ehe er ging, daß Madame ihm versprochen habe, ihm, wenn er das nächste Mal hier ist, eine Jungfrau zu vermitteln, eine schwarzhaarige Schönheit mit großen dunkelblauen Augen und einem Leberfleck auf der Wange."
    „Ali, Megan, nein!" rief Dorcas aus, und ihr rotes Gesicht wurde jäh aschgrau.
    „Ja, das hat der Stutzer mir erzählt." Megan nickte düster. „Das Schlimmste wird geschehen, oder ist schon im Schwange, falls wir das arme Kind nicht rasch von hier wegbringen."
    „Wegbringen? Wie? Wohin sollte Ashleigh denn gehen? Und wie soll sie sich über Wasser halten, wo immer sie dann sein würde?" Dorcas' Miene drückte die ernsteste Besorgnis aus.
    „Beruhige dich, Dorcas. Ich glaube, ich habe eine Idee."

2. KAPITEL
    „Erlaubt mir, mich zu vergewissern, daß ich euch richtig verstanden habe", sagte die Frau, die Madame genannt wurde. Sie saß in einem kleinen, nett möblierten, an ihr Boudoir grenzenden Vorzimmer, das sie als inoffizielles Büro benutzte, Megan und Dorcas gegenüber. Es war in weichen Farbtönen gehalten, in Grün und Rosé, mit cremefarbenen Akzenten, geschmackvoll und mit diskreter Eleganz eingerichtet, wie alle Räume des stattlichen Stadthauses, das Madame vor fünfundzwanzig Jahren im besten Viertel erstanden hatte. Ein Feuer flackerte im Kamin, und der Widerschein der Flammen tauchte das Blumenmuster des Aubussonteppichs und die aus der Zeit Louis XV. stammende Kaminuhr aus Goldbronze in weiches Licht. Es war kurz vor vier, und somit fast die Zeit erreicht, zu der Madame, wie sie angedeutet hatte, sich den Tee servieren lassen und das Gespräch beenden würde.
    In einen rosa Morgenmantel aus moirierter Seide und cremefarbener Alengonspitze gekleidet, hielt Madame, eine hübsche 58-jährige Frau, in einem mit grünem Damast bezogenen Sessel hof. Einst war sie die herausragendste Schönheit ihrer Zeit gewesen, eine Kurtisane, die, wie man sich zuraunte, die Gunst von Königen und Herzögen beiderseits des Ärmelkanals genossen hatte, ehe sie sich schließlich während der französischen Revolution auf englischem Boden angesiedelt hatte. Sie war von mittlerer Statur, wirkte jedoch dank der ungewöhnlich langen Beine größer.
    Ihr Haar hatte früher einen tiefen goldblonden Ton gehabt, war jetzt indes eher silberfarben, jedoch immer noch voll und glänzend. Sie war fest überzeugt, daß sie sich die schimmernde Fülle nur durch die Behandlung mit warmem Olivenöl bewahrt hatte. In ihrer Jugend war sie Londons meistbewunderte Schönheit gewesen, wie zuvor in Paris, und es hieß, sie verdanke den zarten, hellen, porzellanartigen Teint ihrem aristokratischen englischen Vater, während das gleichmäßig geschnittene, typisch französische Gesicht das Erbgut einer langen Reihe französischer Kurtisanen sei, von denen ihre Mutter die letzte gewesen war.
    Sie hob eine schmale rotgoldene Braue und musterte die vor ihr sitzenden Frauen.
    Ihre immer noch hübschen Gesichtszüge drückten pfiffigen Scharfsinn aus. „Wenn ich euch richtig verstanden habe", sagte sie, „wollt ihr, daß ich für das Mädchen irgendwo eine anständige Beschäftigung finde, oder ihr beide habt vor, unverzüglich meinen Dienst zu verlassen und Ashleigh mitzunehmen." Beim Sprechen hatte Madame die hellen graugrünen Augen auf Dorcas fixiert gehalten. „So ist es doch, nicht wahr?"
    Nervös rieb Dorcas die im Schoß verschränkten Hände, doch die Vorstellung, was Ashleigh widerfahren könne, falls sie selbst jetzt
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher