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0043 - Der Vampir von Manhattan

0043 - Der Vampir von Manhattan

Titel: 0043 - Der Vampir von Manhattan
Autoren: Walter Appel
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Abends vor.
    Seine Bude war sturmfrei. Agnes hatte sich geweigert, ihm dorthin zu folgen. Im Studentenwohnheim teilte sie ein Zimmer mit einer Kommilitonin, da lief nichts. Bill wollte also im Riverside Park zu einem massiven Angriff auf Agnes’ Tugend ansetzen.
    Mehr als harmlose Zärtlichkeiten hatte sie ihm noch nie erlaubt. Bill Wesson fühlte sich allmählich wie ein Kochtopf mit Überdruck.
    In der Dämmerung hielt er im Schatten einer Buschgruppe, schaltete die Scheinwerfer aus und stellte den Motor ab. Voller Leidenschaft umarmte er Agnes Lakehurst.
    »Aber Bill«, sagte sie vorwurfsvoll. »Du wolltest mich doch zum Wohnheim fahren.«
    Bill preßte sie an sich und küßte sie, wie er es im Film gesehen hatte. Die Brille rutschte ihm dabei nach vorn auf die Nase, und er setzte sie ab und legte sie aufs Armaturenbrett. Ohne Brille sah Bill ziemlich schlecht, aber das war jetzt unwichtig.
    »Agnes«, stöhnte er und streichelte ihr schimmerndes Haar. »Ich bin verrückt nach dir, dein Duft, deine Nähe und deine Schönheit rauben mir den Verstand. Ach Agnes, Agnes…«
    Das Mädchen war geschmeichelt. Sie erwiderte Bills Kuß, sie schmiegte sich in seine Arme.
    Minuten verstrichen. Es war niemand in der Nähe, dieser Teil des Riverside Parks lag verlassen. Vom Hudson her blies ein kalter Wind, den die beiden im Wagen aber nicht spürten.
    New Yorker Straßenräuber und anderes Gelichter konzentrierten sich auf den Central Park und andere Parkanlagen im Zentrum, die mehr frequentiert wurden. Im Riverside Park war man abends und nachts relativ sicher.
    Bill Wesson spürte, wie seine Zärtlichkeiten und schönen Worte Agnes Lakehurst erhitzten. Ihr Atem ging schnellen.
    »Fahren wir doch zu mir«, sagte er. »Wir lassen dieses alberne Musical schießen. Agnes, ich liebe dich, ich muß dich haben.«
    »Nein, Bill, ich… ich kann nicht. Es wäre das erste Mal, und überhaupt… Ich… ich habe Angst.«
    Sie zögerte. Bill dachte, daß sie nahe daran sei nachzugeben. Verzweifelt suchte er nach einem guten Argument, um das Mädchen zu überreden und die letzten Widerstände zu überwinden.
    Er hatte eine Idee.
    »Es ist auch gut gegen deine Akne. Sie wird verschwinden, wenn du erst eine richtige Frau bist, glaub mir.«
    Er brachte das sehr überzeugend.
    »Bist du sicher?« fragte Agnes zweifelnd.
    »Aber klar. Wußtest du das denn nicht?«
    Jetzt wurde Agnes Lakehurst ernstlich schwankend. Sie hatte sich ihr erstes Erlebnis anders vorgestellt und mehr an einen Typ wie John Travolta gedacht. Aber wenn sie auf Travolta warten wollte, würde sie ihre Akne wohl bis ins Jahr Zweitausend behalten.
    »Ich weiß nicht«, meinte sie.
    Sie wollte nachgeben, doch da schrie sie auf und deutete durch die Frontscheibe des Datsun nach vorn.
    »Da! Bill, wir werden beobachtet! Ein Mann!«
    Ausgerechnet, dachte Bill Wesson wütend. Der Kerl macht mir alles kaputt, jetzt ist die ganze Stimmung ruiniert. Den wollte er sich kaufen. Bill Wesson setzte seine Brille auf und blinzelte ein paarmal.
    Agnes Lakehurst war ernüchtert. Sie zog ihren Pullover zurecht und rückte von Bill ab. Der junge Mann sah eine große, hagere Gestalt im Schatten einer kahlen Rotbuche stehen. Es schien ihm, als ob die Augen des Unbekannten glimmen würden. Aber das war sicher eine optische Täuschung.
    Bill Wesson preßte die Lippen zusammen. Er war kein Feigling, die Wut hatte ihn gepackt. Er stieg aus und ging auf die hagere Erscheinung zu. Auf dem Hudson tutete ein Schlepper, und vom West Side Highway schallte Verkehrslärm herüber.
    »Verdammter Spanner!« zischte Bill Wesson. »Hau bloß ab, sonst…«
    Der Unbekannte rührte sich nicht. Er trug einen schwarzen Umhang, dessen Kragen rot glänzte. Die Hände waren lang und bleich, das Gesicht sehr blaß, mit dünnen Lippen, eingefallenen Wangen und hohen Backenknochen. Die Augen, in denen glimmende Punkte zu tanzen schienen, lagen tief in Höhlen. Die Nase sprang vor wie ein Adlerschnabel, und das schwarze Haar über der hohen Stirn war glatt zurückgekämmt. Die Geheimratsecken paßten genau zu der Erscheinung des Hageren.
    Ein Schauder überlief Bill Wesson. Doch er nahm sich zusammen. Vielleicht fixte der Kerl Heroin und sah deshalb so ausgemergelt aus. Auch den Moderduft, der ihm entgegenwehte, ignorierte Bill Wesson.
    »Bist du noch nicht weg?« fragte er und hob drohend die Faust.
    Da schoß die Rechte des Fremden vor und packte Bill Wessons Handgelenk. Es war ein stählerner Griff, in den
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