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0022 - Der Todesfluß

0022 - Der Todesfluß

Titel: 0022 - Der Todesfluß
Autoren: Horst Friedrichs
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Schulter.
    »Keine Sorge. Ich weiß, womit ich es zu tun habe.«
    »Aber wenn Ihnen etwas zustößt! Ich habe Sie hergerufen, Professor. Ich müßte mich ewig verantwortlich fühlen…«
    »Denken Sie nicht darüber nach«, riet Zamorra, »ich kenne das Risiko inzwischen besser als jeder hier in Soranges. Ich muß Sie nun nur noch um trockene, wetterfeste Kleidung bitten. Meine eigenen Sachen sind vorläufig nicht mehr zu gebrauchen.«
    »Ich bringe Ihnen alles, was Sie benötigen«, versicherte Levin eifrig. Doch in seinem Blick stand noch immer die Besorgnis. Er konnte sich nur schwer mit dem Entschluß seines Gastes anfreunden.
    »In zehn Minuten brechen wir auf«, entschied Professor Zamorra.
    ***
    In dem geliehenen Peugeot fuhren die beiden Männer zum Fluß hinunter. Dort zeigte es sich, daß sie nicht die ersten waren, die an diesem Morgen zur Rhône aufbrachen.
    Zwei Pferdefuhrwerke standen verwaist vor der Fährstelle. Zamorra und Levin ließen den Wagen zurück und liefen flußabwärts.
    Schon nach wenigen Minuten stießen sie auf die beiden jungen Bauern, die in aller Frühe mit der Feldarbeit auf der Ostseite der Rhône hatten beginnen wollen.
    Wenig später war die Leiche Manoirs geborgen. Die Fähre lag nur etwa fünfzig Meter weiter im seichten Uferwasser. In der Biegung des Flusses war sie an Land getrieben worden.
    Georges Levin bat die beiden jungen Männer, Hilfe zu holen. Er selbst übernahm es, den Gemeinderat zu verständigen.
    Schon eine halbe Stunde später waren genügend Pferdegespanne zur Stelle, um die Fähre mit Hilfe von dicken Tauen an ihren Platz zurückzuziehen. Zamorra legte selbst mit Hand an. Bei den Helfern handelte es sich ausnahmslos um junge Männer. Sie verloren nicht viele Worte. Die Trauer um Philippe Manoir stand deutlich in ihren Gesichtern. Doch sie wußten auch, welche Konsequenzen sein Tod heraufbeschwören konnte. Deshalb widersprach niemand dem Plan Zamorras, vorübergehend die Arbeit des Fährmannes zu verrichten.
    Als die Fähre endlich an ihrem angestammten Platz lag, war der Leichnam des toten Manoir bereits mit einem Karren ins Dorf gebracht worden. Während Zamorra mit drei Männern in das Ruderboot stieg, begannen die Kirchturmglocken ihr klagendes Trauergeläut. Georges Levin würde recht behalten. Dieser Tag ging mit Sicherheit als einer der schwärzesten in die Geschichte von Soranges ein.
    Zamorra und die anderen ruderten bis zu jener Stelle oberhalb der Fähre, wo die beiden armdicken Drahtseile etwa zwei Meter vom Ufer entfernt im Flußgrund verankert waren. Wie sich rasch herausstellte, hatten die Dämonen zum Glück nicht die Drahtseile gekappt.
    Mit rätselhafter Kraft waren lediglich die schaufelgroßen Ösen aus den mächtigen Haken am Rumpf der Fähre gelöst worden.
    Langsam ruderten die Männer wieder flußabwärts. Zamorra übernahm es, eines der beiden Drahtseile durch seine Hände gleiten zu lassen. In den wenigen Stunden, die es auf dem Grund gelegen hatte, war es glitschig geworden und hatte sich zum Teil mit Algen überzogen.
    Schließlich erreichten sie die Fähre und hatten die Enden der Drahtseile aus dem Wasser gezogen. Mit Hebeln und Stangen halfen die übrigen Männer von der Fähre aus, die schweren Ösen in ihre vorgesehenen Positionen zu bringen. Sie benötigten keine halbe Stunde, um es zu schaffen. Mit starken Splinten wurden die Seilösen in den Haken gesichert. Nachdem die Leinen losgemacht worden waren, zeigte eine Probefahrt, daß die Fähre wieder hundertprozentig ihren Dienst versah.
    Georges Levin kehrte aus dem Dorf zurück und brachte die Nachricht, daß in einer halben Stunde die erwartete Ratsversammlung stattfinden solle. Auch die jungen Männer hatten es nun eilig, den Fluß zu verlassen.
    Um zehn Uhr vormittags war Professor Zamorra allein an der Fährstelle. Nur der Peugeot stand noch oben an der Uferböschung.
    Für alle Fälle. Wenn es galt, rasch ins Dorf zurückzukehren, war die Limousine eine unschätzbare Hilfe für Zamorra.
    Er betrat den Pontonrumpf der Fähre, lehnte sich an das Backbordgeländer und vergrub die Hände in den tiefen Taschen der Wetterjacke, die ihm Georges Levin geliehen hatte. Zamorra fröstelte. Er wußte, daß dies auf den mangelnden Schlaf und die übermenschlichen Anstrengungen der vergangenen Nacht zurückzuführen war. Nur seiner hervorragenden körperlichen Konstitution verdankte er es, daß er nicht von Fieber geschüttelt das Bett hüten mußte.
    Feiner Regen setzte ein. Zamorra
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