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0021 - Satans eigene Schrift

0021 - Satans eigene Schrift

Titel: 0021 - Satans eigene Schrift
Autoren: Michael Kubiak
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Finsternis.
    Zusammengekauert im Gebüsch am linken Straßenrand hockte ein alter Mann. Unzählige Falten furchten sein Gesicht, und graues Haar hing ihm wirr in die Stirn. Doch so beherrschend diese Zeichen des Greisenalters auch waren, so erzählten die Augen doch eine andere Geschichte.
    Sie waren klar, und in ihnen brannte ein fanatisches Feuer. Wachsam suchten sie die Straße ab.
    Nichts rührte sich.
    Schwerfällig erhob sich der Alte und huschte geduckt hinaus auf den Asphalt. Dabei zog er das Ende eines dünnen, aber äußerst widerstandsfähigen Stahlseils hinter sich her.
    Mit einer Gewandtheit, die man ihm kaum zugetraut hätte, eilte der Mann auf die andere Seite der Straße und machte sich dort an einer Stahlverstrebung zu schaffen. Er spannte das Seil quer über die Straße und zurrte es mit einigen Windungen um die Verstrebung fest.
    Etwa in Gürtelhöhe spannte es sich nun straff zwischen den Stahlstreben. Denn auf seiner Seite hatte der alte Mann das Seil bereits vorher befestigt.
    Wieder blickte sich der Greis um.
    In südlicher Richtung erkannte er den tanzenden Schein von Halogenlampen, die zu einem sich nähernden Wagen gehören mußten.
    Hastig lief er wieder zu seinem Busch zurück und holte ein Bündel hervor. Als er dieses entrollte, kam ein weitmaschiges Nylonnetz zum Vorschein.
    Zehn Meter hinter dem Stahlseil spannte er auch das Netz über die Straße. Dann tauchte er wieder in sein Gebüsch, von wo aus er die Straße weiterhin im Auge behielt.
    Er brauchte nicht lange zu warten.
    Mit heulendem Motor näherte sich der Wagen, den er kurz vorher bemerkt hatte. Ihm galt seine ganze Aufmerksamkeit.
    Der Fahrer des VW Kabrio hatte wohl schon von weitem gesehen, daß die Gegenfahrbahn frei war. Deshalb bremste er auch vor der Brücke die Fahrt nicht ab. Mit vollem Tempo jagte er darauf zu.
    Das tödliche Hindernis konnte er bei dieser Beleuchtung nicht erkennen. Ebensowenig das Nylonnetz.
    Die Körperhaltung des Teufels im Gebüsch verriet höchste Anspannung.
    Unablässig waren die Lippen des Alten in Bewegung. So, als wolle er irgend etwas beschwören.
    Vor der Brückenauffahrt trat der Fahrer des VW noch einmal aufs Gaspedal.
    Wild schoß der Wagen die Auffahrt hoch.
    Dann, als hätte ihn eine Riesenfaust gebremst, schien er urplötzlich stillzustehen.
    Wie in Zeitlupe wurde das Verdeck mitsamt der Windschutzscheibe leicht angehoben.
    Ein erstickter Aufschrei ertönte, der aber sofort in einem überlauten und gräßlichen Röcheln erstarb.
    Dann, als hätte er ein Hindernis aus dem Weg geräumt, rollte der Wagen weiter. Hinter ihm segelte das abrasierte Verdeck durch die Luft und krachte auf die Straße. Glassplitter wirbelten auf den Asphalt.
    Der Fahrer war nicht mehr zu sehen. Das scheinbar fahrerlose Fahrzeug bewegte sich noch zehn Meter weiter, wo es endgültig von dem Nylonnetz gebremst wurde.
    Kaum war es zum Stillstand gekommen, raffte sich der Alte im Gebüsch auf. Er hatte wohl die ganze Zeit auf eben diesen Wagen gewartet.
    Aufmerksam ließ er noch einmal seinen Blick schweifen. Die Gegend lag da wie ausgestorben.
    Mit wenigen Schritten war der Satan bei dem demolierten Fahrzeug. Für den Torso auf dem Fahrersitz, aus dessen Halsstumpf in pulsenden Stößen das Blut sprudelte, hatte er keinen Blick übrig.
    Ihn interessierte nur das Paket auf dem Rücksitz.
    Prüfend schlug er das schwarze Tuch zurück.
    Ja, da war sie. Die schwarze Bibel, das Buch, das Inbegriff all seiner Träume und Hoffnungen war, das er auf jeden Fall besitzen mußte.
    Seine hypnotischen Fähigkeiten hatten ihm ein Opfer in Form des jungen Diebes in die Hände gespielt. Der arme Kerl wußte gar nicht, was er da gestohlen hatte. Er würde es auch nicht mehr erfahren.
    Doch Mitleid kannte der Alte nicht. Er war nur zufrieden, daß nun der einzige mögliche Zeuge seiner Tat nicht mehr aussagen konnte.
    Und darauf kam es ihm an. Niemand sollte wissen, welchen schrecklichen Traum er verwirklichen wollte. Niemand!
    Fast andächtig streckte der Alte seine Hände aus. Seine klauenartig gekrümmten Finger betasteten das schwarze Leder des Einbandes.
    Ein seltsames Prickeln ging davon. Als würden die Kräfte, die durch die geweihten Geräte im Kloster in Schach gehalten worden waren, nun all ihrer Fesseln entledigt, schien das Buch ein Eigenleben zu entwickeln.
    Ein magisches Leuchten entströmte dem Leder. Es war, als würde es brennen.
    Ohne Furcht erfaßten die Hände des Geheimnisvollen nun das Buch. Ehrfürchtig
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