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002 - Der Hexenmeister

002 - Der Hexenmeister

Titel: 002 - Der Hexenmeister
Autoren: B.R. Bruss
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Telefonbuch nach und bemühte auch einen Privatdetektiv, aber ohne Erfolg.
     
    Als ich diese Zeilen las, erblasste ich. Welche Kleinigkeiten oft über ein Schicksal entscheiden! Wenn Lionnel oder ich Telefon gehabt hätten, wäre wahrscheinlich alles ganz anders verlaufen.
    Vor allem die letzten Seiten des Tagebuches erfüllten mich mit Verzweiflung:
     
    Ich wage jetzt schon seit drei Wochen nicht mehr, in die Vergangenheit zurückzukehren. Dabei rückt der schicksalsschwere Tag immer näher. Ich weiß nicht mehr, was ich tun soll. Der Mut hat mich verlassen. Ganz verzweifelt irre ich in der Stadt umher …
     
    Drei Tage später war in flüchtig hingeworfenen Schriftzügen zu lesen:
    Ich bin nach Angouleme zurückgefahren, um noch einmal das Heim wieder zu sehen, in dem ich so glücklich war. Heute Nacht kehre ich nach Paris zurück. Die schreckliche Figur nehme ich mit. Ich werde Selbstmord begehen. Dieses Leben halte ich nicht länger aus.
     

     

Heute Morgen bin ich mit schwerem Kopf aufgewacht. Ich habe Halsschmerzen, und auch die Leistengegend tut mir weh. Dr. Colas hat mich untersucht. Er meinte, es wäre nichts Schlimmes. Sicher würde ich Grippe bekommen. Er hat mir ein paar Tabletten gegeben.
    Ich weiß, dass es sehr viel ernster ist, als er annimmt. Meine Zeit ist um. Hoffentlich kann ich meinen Bericht noch beenden, ehe es soweit ist.
     

     
    Am nächsten Tag war Hervé Migal bereits tot. Wir nahmen an seiner Beerdigung teil. Als Todesursache hatten die Ärzte eine ansteckende Krankheit genannt, für die es noch keine Heilung gäbe. Sie wollten uns den Namen nicht nennen, aber wir wussten ihn.
    Zu diesem Zeitpunkt hätten wir uns einfach der Figur entledigen können, um nie wieder in die Vergangenheit zurückzukehren. Doch daran dachten wir beide nicht. Ich wollte das Mädchen Wiedersehen, das ich so sehr liebte, und auch Patrick wollte seine Familie nicht im Stich lassen.
    Zu gern hätten wir uns mit Nicolas Flamel in Verbindung gesetzt, um ihn um Rat zu fragen, doch auf den Briefen von Lauras Vater war kein Absender gewesen. Deshalb wussten wir nicht, wo sich Flamel in Indien aufhielt.
     

     
    Ich verbrachte noch fast einen Monat im Paris von 1408.
    An einem Abend hatte Jean de la Brune einen vertrauenswürdigen Priester in unser Versteck geführt, damit er Laura und mich traute. Das war am 24. Mai.
    Nun fasste Laura allmählich wieder Mut. Wir begannen Pläne zu schmieden. So bald wie möglich wollten wir zusammen nach Florenz reisen, wo ihr Bruder lebte. Ich wusste durch das Tagebuch der Laura des 20. Jahrhunderts und aus meinen eigenen Erleben am Tag meiner Hinrichtung, dass ich am 3. Juni gefangen genommen und am 6. verbrannt werden sollte. Wenn wir auch den Lauf der Ereignisse für den Meister nicht hatten ändern können, wollten wir es wenigstens für mich tun.
    Ich wusste, dass man mich in der Nähe meiner Wohnung auf der Straße verhaften würde. Es genügte also, an jenem Tag nicht aus dem Haus zu gehen, and alles war in Ordnung. Dann wurde ich nicht verhaftet und nicht hingerichtet. Wenn man doch immer die Zukunft kennen und sich entsprechend einrichten könnte!
    Wir trafen unsere Vorbereitungen für die Reise nach Italien. Jean de la Brune, der noch mehr gefährdet schien als wir anderen, nämlich Laura, Patrick und ich, besorgte das nötige Geld. In der Macht vom 18. auf den 19. Juni verließ er, zusammen mit Patrick unser Versteck, um mit einem Händler wegen eines Reisewagens und eines Pferdegespanns zu verhandeln.
    In den frühen Morgenstunden kam Jean de la Brune allein zurück. Er sah uns gequält an, als wir zu ihm traten. Seine linke Hand blutete.
    »Was ist denn los?« fragte ich. »Wo ist Patrick?«
    »Ich fürchte, er ist tot. In der Nähe von Notre-Dame hat uns die Wache erkannt. Wir verteidigten uns, so gut wir konnten, aber sie waren in der Überzahl. Ich habe gesehen, wie Patrick von einem Dolchstoß getroffen wurde. Es ist mir gelungen zu fliehen.«
     

     
    Obwohl es so gefährlich war, ging ich früh am Morgen nach Paris. Ich hatte mich als Bettler verkleidet. In der Nähe von Notre-Dame sah ich einen Menschenauflauf. Einige Händler, die ihre Marktstände aufbauen wollten, hatten einen Toten gefunden. Es war Patrick. Ein Dolch steckte in seiner Brust.
    Tief erschüttert kehrte ich zurück in das Haus am Fluss. Doch das Schlimmste stand mir noch bevor. Zwei Tage später wurde Laura krank.
    »Es ist nicht schlimm«, sagte sie, während ich ihren fiebernden Körper
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