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Zwischen Rom und Mekka

Titel: Zwischen Rom und Mekka
Autoren: Heinz-Joachim Fischer
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Kurie, die sich ihrem Auftrag gemäß mit islamischen Angelegenheiten zu beschäftigen haben, allen voran Kardinal Jean-Louis Tauran, Präsident des »Päpstlichen Rates für den Interreligiösen Dialog« und der »Kommission für die religiösen Beziehungen zu den Muslimen«, und der »Head Officer for Islam«, der Islam-Abteilungsleiter in diesem »Rat«, der Jordanier Monsignor Khaled B. Akasheh, hielten sich mit Kommentaren zurück.

Kapitel 3
    Die islamischen Staaten und die Organisation der Islamischen Konferenz - Statistiken
    »Proletarier aller Länder, vereinigt euch!«, hieß es im Kommunistischen Manifest von 1848. Man weiß aus der Geschichte, was dieser Aufruf bewirkte. Die Benachteiligten, Gedemütigten, Ausgebeuteten probten die Revolution, sowjetisch-bolschewistisch, sozialistisch, sozialdemokratisch.
    Die Parole wurde jetzt variiert. Nicht für die Katholiken, Die sind schon vereint, mehr oder weniger, unter oder mit dem Papst in Rom. Daran hat sich die Welt gewöhnt, an die Milliardengemeinschaft unter dem Papst, an diese eine katholische Kirche.
    Aber seit einigen Jahren geht es um die Muslime, um eine offenbar ganz andere Milliardengemeinde. Und dann geht es auch um Islamisten als der verschärften Erscheinungsform der Muslime. »Islamisten der ganzen Welt, vereinigt euch!«, konnte man im März/April-Heft 2006 der »Emma« lesen. Die deutsche Zeitschrift, die für ihren Freimut bekannt ist und beharrlich gegen den Islam die Frauenrechte einklagt, zitierte die Reaktion der Arabischen Liga auf den durch die dänische Zeitung »Jyllands-Posten« ausgelösten Karikaturenstreit um die Darstellung des Propheten Mohammed, um zu einer geschlossenen Gegenfront gegen die Machtdemonstrationen und Drohgebärden der Muslime aufzufordern. Jener Muslime, die, wie Alice Schwarzer argwöhnt, »den Islam politisch missbrauchen und verantwortlich sind für den Flächenbrand, der da auf uns zurast«. Muslimische und andere Intellektuelle hatten dafür schon die Reaktion parat, wie der »Spiegel« (am 3. März 2006) dokumentierte:
»Nachdem die Welt Faschisten, Nationalsozialisten und Stalinisten überstanden hat, wird sie jetzt von militanten Islamisten bedroht.« Deshalb, so die Forderung des Magazins: »Freigeister aller Länder, Anti-Islamisten, vereinigt euch.«
    Dabei fällt es Muslimen besonders schwer, sich wirklich zu einigen und dann untereinander einig zu bleiben. Der Islam erscheint als ein festes gemeinsames Haus, als ein unzerreißbares Band der Einheit. Dennoch gibt es, biblisch gesprochen, »viele Wohnungen im Hause dieses Gottes«. So ist die Organisation der Islamischen Konferenz (OIK) oder Organization of the Islamic Conference (OIC), für Einheit und Einigkeit gegründet, weit davon entfernt, ein Vatikan des Islam zu sein. Es fehlt ihr fast alles dazu:
    - das Alter - sie wurde erst am 25. September 1969 in Rabat, der Hauptstadt Marokkos, gegründet;
    - ein prinzipieller Gründungsgrund, so wie der Papst nach katholischem Verständnis die Gründung der Kirche auf den Auftrag des Jesus von Nazareth an Petrus (und seine Nachfolger) zurückführt. Anlass des OIK-Beginns war, dass nach dem Sechstagekrieg vom Juni 1967 zwischen Israel und den arabischen Staaten - offenbar ein einschneidendes Erlebnis in der Entwicklung des Islam in der neueren Zeit - die berühmte, religiös wichtige Al-Aqsa-Moschee sich in israelischem Einflussgebiet befand; zur wichtigsten Aufgabe erklärte daher die Organisation die »Befreiung« Jerusalems und die Rückgewinnung der Moschee;
    - ein historischer Sitz - die Außenminister der Mitgliedstaaten beschlossen bei ihrer ersten Sitzung im März 1970 die Errichtung eines ständigen Generalsekretariats am Konferenzort, im saudi-arabischen Dschidda, bis zur geplanten Befreiung Jerusalems;
    - eine hierarchische Struktur, die klare Ordnungen und verbindliche Regeln kennt und einfordert;
    - ein Einzelner an der Spitze, wie ein Papst, der eine dreifache Autorität (Primat) hat: (religiöse) Gesetze aufzustellen (Legislative),
durchzusetzen (Exekutive) und sie in Urteile zu fassen (Judikative).
    So herrscht in der OIK nicht Einheit unter einem einzigen Oberhaupt, sondern die Vielfalt von Meinungen und Interessen der Mitgliedstaaten. Dennoch nimmt die Organisation für sich in Anspruch, die islamische Welt zu repräsentieren.
    Erst bei ihrem dritten Treffen im Februar 1972 waren sich die Außenminister einig über die wichtigsten Ziele: Förderung der islamischen Solidarität und der
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