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Zwielichtlande: Schattenmann (German Edition)

Zwielichtlande: Schattenmann (German Edition)

Titel: Zwielichtlande: Schattenmann (German Edition)
Autoren: Erin Kellison
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flanieren und Tee trinken. Es war eine gespenstische Zeitreise. Beinahe hörte sie die Geigen und das Murmeln der Menschen.
    Als sie eine hübsche Kassettentür erreichten, fragte sie zum zwanzigsten Mal: »Wohin bringen Sie mich?«
    Der Wachmann hielt den kantigen Kiefer fest geschlossen, sein rötliches Gesicht zeigte keine Regung.
    Großartig. Sie sah schon die Schlagzeile vor sich: JOURNALISTIN IN DEN APPALACHEN VERSCHWUNDEN . Ihre Todesanzeige würde die letzte Publikation mit ihrem Namen sein.
    Als der Wachmann einen Code in eine Tastatur neben der Tür eingab, beobachtete sie seine Finger. Er tippte rasch sechs Ziffern ein. Bei den ersten beiden handelte es sich um eine fünf und eine drei, den Rest konnte sie nicht erkennen, denn plötzlich schob er seinen Körper davor.
    Er fiel eindeutig nicht auf ihre Geschichte herein. Dabei sollte ihr verschwitzter Pferdeschwanz doch als Beweis genügen. Sie konnte nichts dafür, dass sie sich »verirrt« hatte und auf das Gelände einer privaten Forschungseinrichtung »gewandert« war. Wenn sie »zufällig« ein Foto geschossen hatte, das in einem Artikel erscheinen sollte, der Segue als das entlarvte, was es war.
    Sie versuchte, zunächst durch die Tür zu spähen, bevor sie eintrat, doch der Wachmann schob sie unsanft hinein. Als sie ihn anflehte: »Aber Sir, ich … «, zog er erwartungsgemäß die Tür zu und schloss sie ein.
    Kein Glück (oder Mitleid).
    Layla drehte sich um und musterte ihr Gefängnis. Der Raum war groß, aber es stand lediglich ein langer glänzender Tisch aus dunklem Holz darin, um den sich elegante Bürostühle reihten. Vermutlich hatte der Tisch ein Vermögen gekostet, doch Adam Thorne verfügte darüber. Der Rest des Raumes entsprach ebenfalls dem edlen Thorneschen Stil: Die Wände schlossen an der Decke mit Stuckaturen ab und waren von aufwendig verzierten hohen Rahmen umgeben. Der polierte Holzfußboden bestand aus hellen und dunklen Quadraten, die man diagonal verlegt hatte. Ein Ballsaal mit einem Konferenztisch. Alles klar.
    Sie streifte ihren Rucksack ab, ließ ihn auf den Boden plumpsen, zog den erstbesten Stuhl unter dem Tisch hervor und ließ sich auf den Sitz fallen. Stühle waren nur Gegenstände. Bei der Bewegung platzte der getrocknete Schweißfilm auf ihrer Haut, und sie nahm ihren eigenen Geruch wahr. Wow. Ganz wie ein verirrter Wanderer.
    Jetzt hieß es warten, bis sie entschieden hatten, was sie mit ihr anstellen wollten.
    Kat-a-kat-a-kat-a-kat.
    Layla beugte sich vor, stützte sich mit den Ellenbogen auf den Knien ab und massierte ihre Schläfen. Wenn das so weiterging, bekam sie eine heftige Migräne.
    Sie ließ die Hände sinken und registrierte einen hellrosa Streifen an ihrem Finger, auf dem zuvor ihr Verlobungsring gesessen hatte. Plötzlich empfand sie großes Bedauern. Sie hätte niemals ja sagen dürfen. Klar, sie mochte Ty, aber … Aber sie konnte nichts dafür, dass sie war, wie sie war, und sie konnte sich nicht ändern. Also hatte sie die Verlobung gelöst. Daran erinnerte sie der Abdruck des Ringes, und der ließ sich nicht abnehmen.
    Jetzt blieb ihr nur noch ihre Arbeit. Die zwang sie, sich zu konzentrieren und nicht zu träumen, denn die Arbeit war wichtig. Layla hob den Blick zur Tür des Ballsaals. Sie besaß keine Geduld. Wenn sie zu lange warten musste, begann sie, sich Dinge einzubilden. Das entwickelte sich zum Problem.
    Wie auf Kommando klickte das Schloss, und die Tür ging auf. Gott sei Dank.
    Als Adam Thorne persönlich eintrat, war Layla überrascht.
    Sie wollte aufstehen, aber er winkte ab, zog einen Stuhl unter dem Tisch hervor und nahm ebenfalls Platz. Er war groß und ein bisschen zu schlank. Sein Gesicht wirkte attraktiv, war jedoch von Stress und Sorge gezeichnet. Bis auf den attraktiven Teil entsprach er genau dem Bild eines Mannes, der mit Hilfe von Biotechnik Geister bekämpfte.
    Immer noch in der Rolle der verirrten Wanderin ließ sie sich langsam zurück auf ihren Stuhl sinken, zauberte ein Lächeln auf ihr Gesicht und fragte unschuldig: »Können Sie mir bitte sagen, wo ich mich befinde? Der Mann, der mich hierher begleitet hat, wollte meine Fragen nicht beantworten.«
    Thorne hob eine Braue. Auch er nahm ihr die Geschichte nicht ab.
    Sie tat, als bemerke sie nichts, und fuhr fort: »Obwohl ich überaus dankbar bin, dass man mich gefunden hat, ich bin nämlich stundenlang herumgeirrt … «
    Thorne schüttelte leicht den Kopf und hob eine Hand. »Sparen Sie sich den Atem, Ms.
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