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Titel: Zugriff
Autoren: E Pallay
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Polizeispezialeinheiten. Sie wurde damals im Zweijahresturnus von der GSG 9 ausgerichtet, und die Teilnehmer mussten sich in erdachten Einsatzszenarien beweisen. Als 1983 die Mannschaft des SEK Südbayern vor zwei amerikanischen Teams siegte, durfte ich als Mannschaftsführer stolz den Commander’s Cup von Ulrich Wegener, dem » Vater« der GSG 9 und Helden von Mogadischu, entgegennehmen. In seiner Laudatio sagte er unter anderem: » Unser gemeinsamer Auftrag, der Gedanke der Leistung und die menschliche Zusammenarbeit – ohne diese Kriterien kann keine Spezialeinheit existieren.«
    Ich prägte mir diese Worte ein und würde mir wünschen, dass es gerade im sensiblen Bereich der Spezialeinsatzkommandos mehr Führungskräfte gäbe, die nach dieser Maxime handeln. Vor allem was die menschliche Zusammenarbeit angeht.

Ein Montag kurz vor Weihnachten. Alle freuten sich schon auf die Feiertage, denn die letzten Wochen waren sehr turbulent gewesen. Zur Abwechslung mal nicht, was Einsätze betraf. Neben Routinearbeiten und regelmäßigen Übungen war so das Übliche an Besprechungen und Versammlungen zum Jahresende angefallen. Ganz unbeliebt waren bei uns Bilanzen und Statistiken. Vermutlich mögen das die wenigsten, aber für Leute wie uns, die Einsätze und Aktionen als Beruf gewählt haben, war es besonders hart. Jedes Jahr aufs Neue. Und so schauten alle erwartungsvoll auf die Uhr. Bald war Feierabend, dann wollten wir uns gemütlich zusammensetzen. Und auf meinen Geburtstag anstoßen. Nichts Großartiges, nur ein schnelles Bier im Aufenthaltsraum, denn für den Abend stand noch eine Feier mit meiner Familie an.
    16 Uhr. Ich nahm einen Anruf mit Glückwünschen entgegen, räumte die Sachen auf dem Schreibtisch zusammen und verließ mein Büro. Auf dem Weg zum Aufenthaltsraum hörte ich das Telefon des Bereitschaftsbeamten läuten. Noch ein Gratulant, dachte ich amüsiert. Von wegen, denn schon hörte ich meinen Namen und » Einsatz!« rufen. Für mich diesmal kein normaler Einsatz, denn in Abwesenheit des Kommandoführers fiel mir als einzig noch anwesendem Gruppenführer die Verantwortung zu. Geburtstag hin oder her.
    Nichts wie zurück also an meinen Schreibtisch und ans Telefon, wo mir ein Mitarbeiter der Einsatzzentrale des Münchner Polizeipräsidiums in aller Eile mitteilte, worum es sich handelte: Ein Mann osteuropäischer Abstammung hatte den Gerichtsvollzieher, der ihm eine Einweisungsverfügung in eine psychiatrische Klinik zustellen wollte, nicht in die Wohnung gelassen. Eigentlich kein Riesenproblem und schon gar kein Einsatzgrund für das SEK . Nein, der gewissenhafte Staatsdiener wollte nicht unverrichteter Dinge umkehren und spähte durch den Briefkastenschlitz der Wohnungstür. Was er sah, ließ ihm das Blut in den Adern gefrieren. Drinnen stand ein Riesenkerl, der wild ein gewaltiges Beil herumschwang und unverständliche Worte murmelte oder grunzende Geräusche von sich gab.
    » Verlegt sofort eine Gruppe zum Tatort und nehmt Verbindung mit dem zuständigen Polizeichef auf. Übrigens, ich hab gehört, du hast heute Geburtstag. Alles Gute für dich und den Einsatz!« Na ja, das war’s dann wohl mal wieder, dachte ich mir. Meine Familie würde ganz schön enttäuscht sein, aber sie war Kummer gewöhnt. Ich wollte anrufen, sobald ich Zeit hatte – vielleicht ließ sich die Sache schnell regeln.
    » Leute, es gibt heute kein Bier«, rief ich zum Aufenthaltsraum hinüber. » Einsatz: Ich brauche mindestens drei Mann. Wir rücken sofort ab. Näheres auf der Fahrt.« Norbert, Rainer und Wolfgang stellten sich ohne Zögern gleich zur Verfügung. Sie verschwanden in den Umkleideräumen, um bereits nach wenigen Minuten fix und fertig mit ihren Einsatztaschen bei den Wagen zu erscheinen.
    Mit einem VW -Kombi, eigentlich ein Zivilfahrzeug, ging es mit Blaulicht und Martinshorn, mit quietschenden Reifen und überhöhter Geschwindigkeit in den Münchner Norden. 15 Minuten später kamen wir am Tatort an. Trotz Berufsverkehr und Weihnachtsgedränge. Die Zeit hatte gerade gereicht, meinen Partnern den Sachverhalt zu erklären. In der Straße standen bereits mehrere Polizeifahrzeuge. Der Einsatzleiter, während der Aktion als Polizeiführer tituliert, war ebenfalls eingetroffen. Er begrüßte mich flüchtig, schilderte nochmals die Situation und stellte mir den sichtlich aufgeregten Gerichtsvollzieher vor.
    Dann ging’s los. Leise näherten wir, Norbert, Rainer, Wolfgang und ich, uns der Wohnung im Parterre eines
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