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Zigeunerstern: Roman (German Edition)

Zigeunerstern: Roman (German Edition)

Titel: Zigeunerstern: Roman (German Edition)
Autoren: Robert Silverberg
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zu mir, während ich ihn oben zappeln ließ. Dann schickte ich einen schnellen Kraftstrahl durch den Netzrand, und der Fisch bewegte sich nicht mehr.
    »So«, sagte ich. Stolz erfüllte mich. Sogar ein Idiot kann König sein, und ich könnte eine Menge aufzählen, die es waren, aber Fischen mit einem Vibrationsnetz, das ist wahrhaftig etwas anderes. Dazu brauchst du ein rasches Auge und ein schnuckeliges Handgelenk. Ich habe mich jahrelang in der Kunst geübt, und ich bezweifle, dass es irgendeinen gibt, der darin besser wäre als ich. »Hast du das gesehen?«, krähte ich stolz. »Dieses Timing, die Koordinierung? Das braucht echtes Können, was ich grade gemacht hab.« Der Junge gaffte mich mit offenem Mund an, hatte sich anscheinend noch nicht aus dem Gewirr der Interstellarpolitik freimachen können. Ich wandte mich zu ihm. »Kleiner, ich lade dich für heute Abend zum Essen ein«, sagte ich großspurig. »Du sollst wenigstens einmal in deinem Leben erfahren, wie Würzfisch schmeckt.«
    »Dein Cousin Damiano …«
    Ich funkelte ihn an. »Ach, besorg's meinem Cousin Damiano mit 'nem Elefantenstoßzahn! Soll er doch selber König werden, wenn ihm das Spaß macht!«
    »Das Königtum gebührt aber rechtmäßig dir, Yakoub.«
    »Woher holst du dir bloß diese ganzen idiotischen Vorstellungen?«, fragte ich seufzend. »Ich wollte niemals der König sein. Ich sage es dir noch zehntausendmal: Ich war nie König. In ihren Hirnen, ja, da war ich vielleicht der König. Aber all das liegt hinter mir. Wenn sie unbedingt einen König brauchen, sollen sie sich einen andern suchen, der Lust hat, ihr König zu sein. Ich lebe hier. Und hier will ich auch sterben.«
    Ich sprach das mit dem Brustton der Überzeugung. Und ich hätte sogar einen Eid geschworen, dass ich es ehrlich meinte. Ich kann mich an Zeiten erinnern, da schwor ich mit eben der gleichen bebenden Stimme Esmeralda ewige Treue. Und ich war damals sogar noch aufrichtig.
    »Ja«, wiederholte ich pathetisch. »Ich habe dem Imperium Lebewohl gesagt. An diesem Ort hier will ich sterben.«
    »Nein, Yakoub!«
    Seine Augen waren vor Entsetzen ganz glasig. Das überstieg bei weitem das Maß einer liebevollen Verehrung für mich. Ich hatte ihm mit meinen widersprüchlichen Äußerungen und mit diesem Gerede, dass ich meine Tage auf Mulano zu beenden gedächte, völlig das Gehirn durcheinandergebracht. Seine Jugend machte es ihm schwer, ja unmöglich, meinen Windungen und Hakenschlägen zu folgen. Und als ich vom Sterben sprach, erkannte er sozusagen in der bloßen Möglichkeit meines Todes seine eigene unvorstellbare, nie-vorgestellte Auslöschung, die unerbittlich auf ihn hereindrängte. Denn wenn ich sterben konnte, dann konnte, dann würde auch er sterben. Er klammerte sich an meinen Arm und stieß mit der wilden, törichten romantischen Heftigkeit und Hitze wahrhaft junger Menschen hervor: »Du darfst so nicht reden! Du wirst niemals sterben! Nie!«
    Ich zuckte die Achseln. »Nun, das bliebe abzuwarten. Aber sollte ich jemals König gewesen sein, so bin ich es jetzt nicht mehr. Ist das klar?«
    »Und die Erbfolge …«
    »Ach, ich scheiß auf die Erbfolge. Das interessiert mich nicht. Auch mein Nachfolger interessiert mich nicht. Die Thronfolge ist mir so wichtig wie die Vorhaut eines Ochsen. Deshalb lebe ich nämlich hier und nicht irgendwo anders. Deshalb hege ich die Absicht …«
    Chorian holte keuchend Luft. Seine Augen waren weit aufgerissen. Aus seiner Kehle drang ein leises rasselndes Gurgeln.
    Mir erschien es als wenig wahrscheinlich, dass ich ihn mit dem Spinngeweb der Verwirrung, das ich um ihn gezogen hatte, dermaßen aus der Fassung gebracht haben sollte. Und ich irrte mich nicht. Chorian stierte weiter keuchend und röchelnd vor sich hin, bis er schließlich den Arm heben und an meiner Schulter vorbei auf etwas zu zeigen vermochte, und ich wandte den Blick und erkannte, was ihn tatsächlich beunruhigte.
    Es hatten sich inzwischen drei Schneeschlangen zu uns gesellt.
    Die lieblichen Leibdienerinnen der Todesgöttin, wunderschöne eisige Smaragdbänder mit rubinroten und saphirblauen Bändern, Blattgoldflocken dazwischen eingesprenkelt. Dem Jungen müssen sie grauenerregend vorgekommen sein, und dabei waren diese drei da ja noch recht klein, keine länger als acht bis zehn Meter. Sie schmolzen, jede für sich, eine breite Glitzerspur in der Landschaft hinter sich drein, während sie in geschmeidigen Bögen auf uns zuglitten.
    Ihre Augen hingen starr an meinem
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