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Zerwüteter Pakt (German Edition)

Zerwüteter Pakt (German Edition)

Titel: Zerwüteter Pakt (German Edition)
Autoren: Daria Verner
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Glorias Blick noch immer aus dem Fenster. Eine Tatsache beruhigte sie außerordentlich: Der Verlust des Buches war anscheinend nicht damit gleichzusetzen, den Kontakt zu Maribell gänzlich verloren zu haben; ein Glück!
    Wahrscheinlich wollte ihr Kirts Großmutter Mut machen, den Kopf nicht hängen zu lassen. Maribell schien es für richtig zu halten, dass Gloria in Weimar blieb. Doch mit Sicherheit war sie gar nicht sauer – selbst wenn Gloria die Stadt nun doch wechselte… Andererseits sprachen die Verse des letzten Gedichtes eine eindeutige Sprache. Maribell schien alles daran zu legen, dass Gloria endlich zur Ruhe kam und sich auf ihr herkömmliches, menschliches Leben konzentrierte. – Ein Leben ohne Engel, ohne Zwischenwelt – ein Leben ohne Kirt! Doch das konnte sie sich abschminken. Solange Gloria von Kirts realer Existenz wusste, würde sie nicht aufgeben, ihn zu finden. Ihr Plan stand fest: Gloria wollte einen Schutzengel suchen, der ihr hoffentlich half; im wahrsten Sinne des Wortes!
    Gloria ging zu den Toiletten. Der Zug ratterte die Schienen entlang und sie balancierte ihr Gleichgewicht aus. Ein Blick in den Spiegel, schnell noch Hände waschen… Gloria suchte zum Abtrocknen der Finger in dem dafür vorgesehenen Behälter ein Papier. Sie wollte es gerade zusammenknüllen, als ihr mit gleichzeitigem Adrenalinstoß auffiel, dass Buchstaben das graue Toilettenpapier zierten! Schnell begutachtete Gloria den Fetzen von Altpapier und fand zu ihrer großen Überraschung erneut eine Nachricht von Maribell. Es klang alles andere als freundlich…
    Undankbar
    Er legte dir sein Leben dar,
doch du verkennst es unleugbar.
Bekniest all jene Engelsschar,
unantastbar vorstellbar!
    Begreif´ endlich, dein Leben war
am seid´gen Faden auslöschbar!
Trittst es mit Füßen lapidar,
undankbar, du Gloria!
    Au weia, das klang ziemlich böse. Wenn Maribell sogar Altpapier nutzte, um Gloria heimlich eine Nachricht zukommen zu lassen, war sie mit Sicherheit wirklich wütend! Gloria starrte erschrocken auf den Fetzen Papier, das durch ihre Finger an einigen Stellen aufweichte. ‹Er legte dir sein Leben dar, doch du verkennst es unleugbar.› Damit war natürlich Kirt gemeint, wer sonst? Dunkle Traurigkeit züngelte in Gloria auf. Was sollte sie denn bitteschön tun? Gloria blickte in ihr eigenes Spiegelbild. Wie könnte sie vergessen, was sie in dem letzten halben Jahr erlebt hatte? Obwohl Gloria nicht weinen wollte, spürte sie eine stumme Träne über ihre Wange laufen.
    Warum waren alle so hart zu ihr? Niemand verstand sie – noch nicht einmal ihr persönlicher Blutengel. Gloria presste den Rücken gegen die Wand und ließ sich auf den Boden sinken; das Stückchen Papier immer noch in den Händen haltend. Sie stützte den Kopf auf ihre Ellenbogen und weinte. Immer erzählten sich die Menschen, es sei wichtig für seine Träume einzustehen und zu kämpfen. Wenn man es hingegen tat, wurde man in die Schranken verwiesen. Woran sollte sie sich denn überhaupt noch halten, wenn sie nicht einmal mehr auf ihr Herz hören durfte? Glorias Tränen tropften auf das Papier, das sie zwischen die Finger geknüllt hatte. Sie war enttäuscht von Maribell.
    ‹Bekniest all jene Engelsschar, unantastbar vorstellbar!› Ja, genau – sie hatte laut und deutlich nach einem Schutzengel gerufen – direkt am See und wenn selbst Maribell nichts Besseres einfiel, würde Gloria es auch wieder tun! Irgendjemand zwischen Himmel und Hölle musste doch gewillt sein, ihr zu helfen. Glorias Augen wanderten erneut über die Zeilen: ‹Begreif´ endlich, dein Leben war am seid´gen Faden auslöschbar! Trittst es mit Füßen lapidar, undankbar, du Gloria!› Ja klar… Sie schien hier die böse zu sein; dreist und undankbar – natürlich! Das war ja auch schön leicht, einfach ihr die Schuld in die Schuhe zu schieben. Falls es noch niemand bemerkt hatte: Sie liebte Kirt nun mal.
    Wütend stopfte Gloria das Papier in ihre Hosentasche, ehe sie die Toilette verließ. Den Rest der Fahrt verbrachte sie damit, zu grübeln. Gloria fühlte sich unverstanden. Die Zeit rannte nur so dahin und viel früher als es ihr lieb war, endete ihre Reise am Waberner Bahnhof. Schon vom Fenster aus konnte Gloria Silke und Jens erspähen, die am Bahnsteig auf sie warteten. Eines hatte Maribell mit ihren Anschuldigungen jedenfalls erreicht: Gloria freute sich absolut nicht mehr auf die kommenden zwei Wochen. Eine freundliche Maske aufzusetzen, erschien nun mindestens
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