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Zerteufelter Vers (German Edition)

Zerteufelter Vers (German Edition)

Titel: Zerteufelter Vers (German Edition)
Autoren: Daria Verner
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Kneipen peu à peu öffneten, ging Gloria in die erste hinein und peilte zielstrebig die Theke an. Sie fragte nach einem Job, doch das Mädchen am Tresen verwies sie, später noch einmal wiederzukommen. Gloria machte auf der Stelle kehrt. Gegenüber befand sich eine Cocktailbar… Warum nicht? Sie ging hinein und steuerte erneut die Theke an. Ein Mann stand dahinter und blickte auf Glorias zerschundenes Gesicht; ein ‹Nein› schien vorprogrammiert!
    Sie versuchte es in zig Kneipen, Bars und Cafés, doch anscheinend klebte das Pech an ihr. Gloria lief zum Rhein und setzte sich auf eine Bank. Vielleicht stand etwas Neues in dem Buch… Sie holte es aus dem Rucksack; aber nichts! Frustriert starrte Gloria auf die Schiffe, die den Rhein entlangfuhren. Am liebsten hätte sie geweint, aber dann könnte sie auch gleich zum Bahnhof laufen, um nach Hause zu fahren. Auch wenn es ihr nicht gefiel – dies war ihre ach so tolle Freiheit, die sie wählte! Gloria dachte an ihre Mutter und fragte sich, was sie ihr raten würde, könnte sie sie jetzt sehen. Steck´ den Kopf nicht in den Sand! Das hätte sie gesagt. Immer einmal mehr aufstehen, als man hinfällt! Gloria wischte sich eine Träne von der Wange und las das Gedicht vom letzten Mal…
     
    Denn die Menschen – sie hinterlassen Spuren,
Abdrücke auf deinem Herz.
Die Zukunft aber liegt in deinen Händen.
Nutzen, was der Tote zuvor dir gegeben,
vertrau auf dich, sieh die Fetzen des Lebens sich neu verweben.
    Ihr Antlitz streichelt dir über die Seele,
lässt dich nicht allein mit deinem Schmerz.
Worte und Verse – zerbrechlich und klein,
so groß wird dein Mut zum Neuanfang sein!
     
    Das Gedicht klang schön und es half, sich an den Zeilen festzuhalten. Gloria erinnerte sich an die glücklichen Tage, die sie mit ihrer Mutter verbracht hatte. Es tat gut, an sie zu denken, auch wenn es schmerzte. Eines hatte Gloria mittlerweile gelernt: Sie konnte nicht vor ihren eigenen Gedanken fortrennen. – Auch nicht, wenn sie dafür von Weimar bis nach Düsseldorf fuhr. Es verschaffte ihr Freiheit, keine Frage. Egal wie schlecht ihre Situation gerade zu sein schien, Gloria war einen Funken schlauer als vorher: Sie wusste, dass es nichts half, sich abzulenken oder wegzulaufen, sich in einer Bücherei zu verschanzen oder auf ein Konzert zu gehen. – Sie musste sich ihren Gedanken stellen und erst dann ging es ihr einen Hauch besser.
    Gloria blieb bei ihrem Entschluss: Die Flucht nach Düsseldorf war gut! Sie legte das Buch zurück in ihren Rucksack und begann erneut, die Kneipen abzuklappern. Immer einmal mehr aufstehen als man hinfällt! Doch entgegen aller Hoffnung erhielt sie in jeder Bar eine Absage. – ‹Mit dem Gesicht›, dabei deutete man stets auf ihr Auge und die geschwollene Lippe… hatte es keinen Sinn! Gloria verließ deprimiert die Altstadt.
    Es wurde allmählich dunkel. Wenn sie sich etwas zum Essen kaufen würde, reichte es nicht mehr für die nächsten Tage. Außerdem besaß Gloria für diese Nacht keinen Schlafplatz! Sie dachte an den nächtlichen Überfall: Was würde wohl erst passieren, wenn sie auf einer Parkbank schlief? Gloria wog sämtliche Nächtigungsmöglichkeiten gegeneinander ab. Am besten wäre es, sich am Bahnhof ein Eckchen zu suchen. Gesagt – getan… Doch in dieser Nacht machte sie kein Auge zu!
    Immer wieder dachte Gloria an ihre Mutter, immer wieder an ihren Vater. Und allmählich merkte sie, dass es ihr gut tat, mit etwas Abstand über alles nachzudenken. Gloria war nicht mehr so genervt wie zu Beginn. Zwar schienen ihre Probleme nicht kleiner, sondern eher größer zu werden, doch sie hatte ein Stück innere Balance zurückgewonnen. Hier gab es niemanden, der sich in ihr Leben mischte oder den sie vor den Kopf stoßen konnte. Gloria war allein und sie wirkte – zumindest was diesen Punkt betraf – glücklich darüber. Die Zeit verging… Als es draußen endlich hell wurde, schnappte sich Gloria ihren Rucksack und verließ den Bahnhof. Obwohl sie Hunger verspürte und zu wenig Geld in ihrem Portemonnaie war, versuchte sie zuversichtlich in den Tag hineinzuleben. Der Durst war kein Problem: Gloria füllte sich auf den Gäste-WCs der Kneipen Wasser in ihre leere Plastikflasche. Ganze zwei Tage vergingen auf diese Weise.
    Gloria setzte sich auf eine Bank in der Altstadt. Und urplötzlich sah sie den blonden Kerl – den Typ von neulich Nacht! Adrenalin schoss durch ihre Adern! Sein Blick verriet, dass er sie schon einen kurzen Moment
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