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Zersetzt - Thriller (German Edition)

Zersetzt - Thriller (German Edition)

Titel: Zersetzt - Thriller (German Edition)
Autoren: Lena Sander
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die Intensität der Qualen nachließ, ging Julia zu dem Wagen, der in ihren BMW hineingefahren war. Sie stand vor dem weißen Lieferwagen mit der Aufschrift »Hausmeisterdienst – Wir machen alles, schnell und sauber« und öffnete die Beifahrertür. Der Oberkörper einer weibliche Person war blutüberströmt und übersät mit unzähligen kleinen Scherben. Ihr Kopf lag abgewandt von Julia über dem Lenkrad. Julia sah nach unten, zu den Beinen, die zwischen Sitz und Lenkrad eingeklemmt und um 90 Grad gedreht waren. Als sie über den Tritt neben dem Beifahrersitz einstieg, provozierte sie eine erneute Schmerzwelle im Unterleib. Julia musste einige Sekunden bäuchlings über dem Sitz verharren und sah in dieser Position, dass sich ein Metallstab durch den Motorblock in das rechte Bein der Frau gebohrt hatte. Kalte und heiße Schauer durchzogen Julias Körper, sie war geschockt.
     
    Behutsam nahm Julia den Kopf in ihre zitternden Hände und drehte das Gesicht in ihre Richtung. Vor Schreck ließ sie ihn sofort wieder fallen, stolperte nach hinten, fiel von der Stufe und knallte mit dem Rücken an die Leitplanke. Ihr Herz hatte seinen immer wieder kehrenden Rhythmus aufgegeben und sich einen eigenen, unregelmäßigen Takt gesucht. Da wo sich normalerweise das rechte Auge der Fahrerin befinden sollte, war jetzt nur ein tiefes blutendes Loch. Kein Zweifel, die Frau war tot.
     
    »Julia?«
    Wieder quetschte sie sich zwischen der Fahrbahnbegrenzung und den Wrackteilen nach vorne zu ihrem Vater.
    »Hast du die Polizei verständigt? Hast du Mama gefunden?«
    Julia sah ihn verstört an.
    »Die Rettungskräfte sind unterwegs.«
    »Und wo ist Martina?«, röchelte Karl, dem es sichtlich schwerer fiel, das Gewicht des auf ihm lastenden Wagens noch lange auszuhalten.
    »Ich suche noch, Daddy.«
    Die Autobahn war wie ausgestorben, kein anderes Fahrzeug, keine Scheinwerfer, keine Rettungskräfte und kein Mensch, der Julia zu Hilfe kam. Julia konnte kaum noch etwas erkennen. Die klamme, kalte Feuchtigkeit des Nieselregens kroch in die Kleidung und krallte sich wie eine unsichtbare Kraft in ihrem ausgelaugten Körper fest. Die Schwere, die sich in ihren Gliedmaßen breitmachte, zwang sie dazu, sich einen Moment lang an den Kotflügel des Ford zu lehnen. Der Geruch von Benzin, Öl und Blut lag über der Unfallstelle. Kurz bevor Julia dem Drang ihres Unterbewusstseins nachgab und in die Dunkelheit glitt, schüttelte sie den Kopf. Durch den damit verbundenen Schmerz verdrängte sie die aufkommende Ohnmacht. Es waren keine weiteren Personen auszumachen, nicht in den zusammengeprallten Fahrzeugen, auf der Straße oder neben den Autos.
     
    Mit großer Mühe kletterte sie über die Leitplanke, blieb mit einem Fuß hängen, stolperte, fiel hin und rollte den abschüssigen Hang hinunter. Gras. Scheinwerfer. Nass. Nichts. Julia öffnete erst wieder ihre Augen, als der Ort des Geschehens hell beleuchtet war. Die Sirenen der Rettungsfahrzeuge bohrten sich in ihren Gehörgang und ließen ihren Kopf vor Schmerz fast zerbersten.
    »Hallo, Sie da, ich komme gleich runter und helfe ihnen, warten Sie.«
    Endlich Hilfe. Auf der Wiese verteilt lagen einige Trümmer der ineinander geprallten Fahrzeuge. Unter Ausnutzung ihrer letzten Kraftreserven stolperte Julia zu einem Gebüsch, in dem ein regungsloser Körper lag. Sie musste die Augen zusammenkneifen, als ihr einer der Rettungskräfte, der mit Taschenlampe und Erste-Hilfe-Koffer bewaffnet über die Fahrbahnbegrenzung kletterte, mitten ins Gesicht leuchtete.
     
    Ein Kotflügel bedeckte Martina, dennoch konnte man sie an dem schicken Kleid erkennen, das sie für die Hochzeit ihrer besten Freundin angezogen hatte. Der leblose Rumpf lag auf dem Bauch, die Beine standen seitlich ab, und durch eine große klaffende Wunde trat der gesplitterte Oberschenkelknochen hervor. Julia befreite Martina von dem Fahrzeugteil und drehte sie behutsam auf den Rücken.
    »Lassen Sie mich das machen, gehen Sie zur Seite, ich bin Notarzt.« Sie stieß den Arm des Helfers zur Seite und sah in das Gesicht ihrer Mutter. Ein Stück der Schädeldecke war abgerissen. Julia gab der Schwere, die langsam ihre Beine nach oben kroch, nach. Die Geräusche wurden leiser und entfernten sich. Die Bilder verschwammen, und ihr Bewusstsein detonierte in einem schwarzen Nichts.
     
    ***
     
    Julia wischte ihre Tränen weg.
    »Nehmen Sie noch die Psychopharmaka, die ich Ihnen verschrieben hatte?«, fragte Frau Dr. Seifert. Julia starrte die
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