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Zeitgenossen - Kampf gegen die Sybarites (Bd. 2) (German Edition)

Zeitgenossen - Kampf gegen die Sybarites (Bd. 2) (German Edition)

Titel: Zeitgenossen - Kampf gegen die Sybarites (Bd. 2) (German Edition)
Autoren: Hope Cavendish
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Kontakt zu ihr weiterhin aufrechtzuerhalten, damit ich ihm von ihrem Befinden berichten und ihr als – wie er sagte – »vernunftbegabte« Freundin gegebenenfalls mit Rat zur Seite stehen konnte.
    Mary nahm denn auch meine Unterstützung dankend entgegen, da ihre Beziehung zu Percy nicht unkompliziert verlief und zu allem Unglück dann auch noch ihr Kind, ein kleines Mädchen, zwei Monate zu früh auf die Welt kam und nur wenige Tage nach der Geburt verstarb. Doch bereits ein Jahr später wurde sie erneut schwanger und brachte schließlich Anfang 1816 einen gesunden Sohn zur Welt.
     
    Ein paar Monate darauf reiste Mary mit ihrem Sohn und Percy in die Schweiz, um dort am Genfer See mit ihnen den Sommer zu verbringen. Als William erfuhr, dass die beiden dort die Bekanntschaft von Lord Byron, einem Dichter und Lebemann, der für seine skandalöse Lebensführung bekannt war, gemacht hatten, bat er mich, ihnen nachzureisen, um ein Auge auf seine Tochter und seinen Enkel zu haben.
    Byron lebte in der Villa Diodati am Genfer See und hatte inzwischen auch Mary und Percy eingeladen, ihm dort Gesellschaft zu leisten. Begleitet von Fergus, der Lust auf Abwechslung hatte und neugierig auf den skandalumwitterten Lord Byron war, kündigte ich also Mary dort brieflich meinen Besuch an, unter dem Vorwand, auf der Durchreise nach Italien zu sein.
    Als wir dort eintrafen, schienen alle eher träger Stimmung zu sein. Zwar lag die Villa direkt am See und bot normalerweise einen prachtvollen Ausblick, doch war es für die Jahreszeit ungewöhnlich kühl und regnerisch, so dass man sich kaum im Freien aufhalten konnte und alle Anwesenden daher inzwischen eine leicht gereizte Langeweile empfanden.
    Lord Byron erachtete wohl insofern Fergus' und mein Erscheinen als willkommene Abwechslung und lud uns ein, unsere Weiterreise noch ein Weilchen aufzuschieben und dort zu verweilen.
    Byron selbst war eine recht ungewöhnliche Erscheinung. Obwohl er aufgrund eines Klumpfußes leicht hinkte, war er dennoch von stattlicher Statur. Seine Kleidung war eher als exaltiert, denn als klassisch zu bezeichnen. Seine Äußerungen waren oft selbstgefällig, seine Scherze fast immer provokant. Stets an seiner Seite war sein Leibarzt John Polidori, ein dienstbeflissener junger Mann, der von Byron allerdings recht unfreundlich behandelt und oft herumgescheucht wurde.
    Da das ausnehmend schlechte Wetter weiterhin anhielt, verbrachte unsere Gesellschaft die meisten Abende am Kamin und irgendwann war man von politischen und philosophischen zu okkulten Themen übergegangen. Fergus verschluckte sich fast, als Byron eines Abends ausgerechnet mich fragte, ob ich an ein Leben nach dem Tod glaubte.
    »Warum nicht?«, antwortete ich lächelnd. »Wir tendieren immer dazu, nur an Dinge zu glauben, die wir sehen oder wissenschaftlich nachweisen können. Dabei offenbart uns die Wissenschaft fast jeden Tag neue Erkenntnisse, die wir bis vor kurzem ebenfalls noch nicht zu glauben bereit waren. Oder sehen Sie das als Mediziner anders?«, fragte ich Polidori, der schweigend bei uns saß.
    Polidori öffnete gerade den Mund, um mir zu antworten, da winkte Byron verächtlich ab. »Ach, wen interessiert schon, was unser kleiner Quacksalber denkt?«
    »Mich zum Beispiel«, beharrte Fergus mit freundlichem Lächeln und nickte Polidori aufmunternd zu.
    Dieser antwortete nach kurzem Zögern. »Um die Frage nach dem Leben nach dem Tod aus medizinischer Sicht zu klären, müsste man zunächst einmal den Tod an sich klar definieren. Nach unserer bisherigen medizinischen Auffassung tritt der Tod in dem Moment ein, in dem das Herz zu schlagen aufhört. Allerdings habe ich es schon erlebt, dass ein Mann so schwer am Kopf verletzt war, dass er sich nicht mehr rührte. Sein Herz schlug noch kräftig und regelmäßig, doch ansonsten zeigte er keinerlei Lebenszeichen.«
    »Er war sicherlich nur bewusstlos«, warf Mary ein.
    »Gut möglich«, räumte Polidori ein, »doch trotz vier Tage anhaltender Bemühungen, gelang es uns nicht, ihn zu wiederzubeleben. Doch sein Herz schlug weiterhin. War dieser Mann nun tot oder lebendig? In einem anderen Fall habe ich miterlebt, wie ein Mann sich so stark aufregte, dass er im nächsten Moment kreidebleich zu Boden sank. Er hatte keinen Herzschlag mehr. Seine Ehefrau, die eine halbe Stunde später erschien, schlug dem aufgebahrten Mann vor Verzweiflung auf die Brust und sein Herz begann wieder zu schlagen.«
    »Nach einer halben Stunde?«, fragte Byron
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