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Zeit der Sternschnuppen

Zeit der Sternschnuppen

Titel: Zeit der Sternschnuppen
Autoren: Herbert Ziergiebel
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Sie gab mir deine Adresse, und wir sprachen noch über dies und jenes…«
»Über was? Ich will es genau wissen, Aul.«
»Zum Beispiel, daß ich dich zum sechsten Mond mitnehmen will, für immer.«
»Weiter, was hat sie geantwortet?«
»Sie würde nie in eine Scheidung einwilligen. Sag, du Weltenbummler, wer ist eigentlich Roswitha,?«
»Ich kenne keine Roswitha. Was hat meine Frau noch gesagt?«
»Der Professor hat aber geglaubt, ich sei Roswitha.« Ich stöhnte auf. Johanna sah in Aul jetzt erst recht eine Bestätigung ihrer ersten Vermutung. Es wäre nicht schwierig gewesen, sie jetzt vom Gegenteil zu überzeugen – aber konnte ich sie mit einem solchen Wissen zurücklassen? »Ist Roswitha eine von deinen Kebsweibern?«
»Quatsch«, sagte ich. »Worüber habt ihr sonst noch geredet?«
Sie wußte es nicht mehr oder wollte es nicht mehr wissen. Ich nahm mir vor, Johanna bei der nächsten Gelegenheit aufzuklären. Jetzt hatte ich wenigstens zwei Zeugen. Aul meinte beiläufig: »Deinen Dolmetscher habe ich übrigens mitgebracht. Me hat darauf bestanden.«
»Fritzchen ist mitgekommen? Er wartet im Transporter?«
Sie deutete auf die Tür. »Er ist in der Klinik.« Ich ging zur Tür, öffnete sie. Von Fritzchen war nichts zu sehen.
»Denk an die dritte hyperborale Terrastie und den negativen Quilraum«, sagte Aul scherzend. »Soll ich dir den Vorgang noch einmal erklären?«
»Untersteh dich!« Ich empfing einen Kuß, der uns alles vergessen ließ.
    Der Professor hatte unterdessen sein Gutachten diktiert und unterzeichnet. Er eilte in sein Arbeitszimmer zurück, um den Wintermantel zu holen, wiegte sich in der Hoffnung, seine außergewöhnlichen Gäste mit dem Wagen in die Stadt zu bringen.
    Als er sein Zimmer betrat und die Zerstörungen sah, empfand er eine bis dahin nie gekannte Genugtuung. Der zerbrochene Bilderrahmen und der verbrannte Klingelknopf erschienen ihm wie Reliquien. Nur die zerschnittene Fensterscheibe gefiel ihm nicht, zumal es durch die Buchstaben heftig zog. Überdies mißfiel ihm das Wort, dessen Bedeutung ihm unbekannt war. Er nahm ein Lexikon aus dem Regal, schlug unter »R« auf und las: »Racha, Schimpfwort, bedeutet soviel wie Hohlkopf, Leerkopf, auch Bösewicht…«
    Unangenehm berührt, entschloß sich Grasmais, das Menetekel zu tilgen, und da sich das zermahlene Glas nicht mehr zusammensetzen ließ, nahm er entschlossen das Wörterbuch und zerstörte die Scheibe vollends.
    So menschlich verständlich seine Reaktion auch sein mochte, klug war seine Handlungsweise gewiß nicht, hätten doch die geheimnisvollen Buchstaben manches zu erklären vermocht. Auch war der Professor nicht auf den Gedanken gekommen, die Tür seines Arbeitszimmers abzuschließen. Im Klirren der herunterfallenden Glasscheiben überhörte er das Klopfen an der Tür. Er setzte sein Zerstörungswerk mit pedantischem Eifer fort, um auch den kleinsten Glassplitter aus dem Fensterrahmen zu entfernen.
    Was sollten Oberarzt Hauschild und Schwester Hildegard von ihrem Chef denken, als sie die Tür öffneten und so ungewollt Zeugen seiner vermeintlichen Zerstörungswut wurden? Als Facharzt erfaßte Hauschild die Situation auf den ersten Blick. Der zersplitterte Bilderrahmen, die aufgeschlitzte Leinwand – – und nun gar der Chef selbst, der die Glassplitter aus dem Kitt entfernte und die Eingetretenen noch gar nicht bemerkt hatte.
    Ein kühler Wind blies durchs Fenster, fegte einige Papiere vom Schreibtisch. Schwester Hildegard sammelte sie auf. Der Oberarzt räusperte sich. »Was machen Sie da, Herr Professor, ist Ihnen nicht gut?« erkundigte er sich.
    Erschrocken hielt Grasmais inne, lächelte verlegen und meinte schließlich distinguiert: »Es hat alles seine Ordnung, Kollege Hauschild. Sieht wüst aus bei mir, wie? Zugluft hat die Scheibe zerschlagen, entferne nur die Splitter. Dummerweise ist mein Heidemüller dabei runtergefallen, sehr unangenehm, Sie wissen ja, ein altes Erbstück…«
    Der Oberarzt forschte im Gesicht seines Chefs, entdeckte dann die verbrannte Stelle auf dem Schreibtisch.
Grasmais wurde es unbehaglich. Er ahnte den wahnwitzigen Verdacht seines Oberarztes und entsann sich der Warnung seines Patienten Weyden. Nun, das kriegen wir schon hin, dachte er, noch bestimme ich. Er setzte eine heitere Miene auf und äußerte beiläufig: »Ein Unglück kommt selten allein, Zigarre hingelegt, nicht aufgepaßt. Veranlassen Sie doch bitte, daß ein Elektriker die Sache in Ordnung bringt, Schwester Hildegard.«
Die
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