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Zehnkampf: Tannenbergs zehnter Fall

Zehnkampf: Tannenbergs zehnter Fall

Titel: Zehnkampf: Tannenbergs zehnter Fall
Autoren: Bernd Franzinger
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Plastikflaschen, Zeitschriften und CDs herum. Auf dem von einer Computeranlage dominierten Schreibtisch herrschte das reinste Chaos – ein kreatives, wie Tobias stets behauptete.
    An der Wand am Fußende seines Bettes hatte Marcel Christmann unter ein großformatiges Foto, das ihn mit einem Pokal in den Händen zeigte, auf einen Pappkarton mehrere Daten aufgemalt. Dabei handelte es sich offenbar um seine persönlichen Bestleistungen. Als Tannenberg ›100 Meter: 11,3 Sek.‹ las, verspürte er einen schneidenden Schmerz in der Magengegend.
    Und jetzt ist der arme Junge tot. Verdammter Mist!, schimpfte er tonlos. Er presste die Kiefer dabei so fest aufeinander, dass sie knirschten. Hinterrücks ermordet von einem Heckenschützen. Aber warum ausgerechnet er? Oder war es vielleicht doch nur reiner Zufall und der Täter hat sein Opfer völlig willkürlich ausgewählt?
    Wolfram Tannenberg setzte sich auf den Drehstuhl und fuhr den Computer hoch. Während der PC startete, schaute er aus dem Fenster – hinunter in eine Horde fröhlicher Menschen, die an Biertischen beisammen saßen.
    Ein Piepser riss ihn aus seinen Gedanken. Er blickte auf den Monitor. Natürlich passwortgeschützt, stellte er resigniert fest.
    Er ging zurück ins Wohnzimmer und fragte Marcels Mutter, ob sie zufällig das Codewort kenne. Karin Christmann hatte inzwischen die Weinflasche restlos geleert und wiegte nur lethargisch den Kopf hin und her. Er fragte, ob er den PC zu seiner Dienststelle mitnehmen dürfe. Als kein Widerspruch erfolgte, kehrte er in Marcels Zimmer zurück, entkabelte den Computer und klemmte den Tower unter den Arm. Neben der Zimmertür entdeckte er eine Pinnwand, auf der mehrere Fotos des jungen Sportlers angebracht waren.
    Er nahm eins davon und steckte es in sein Sakko.

3
    Wie üblich stand im Hause Tannenberg das Mittagessen um Punkt zwölf Uhr auf dem Tisch. Eigentlich hätte es das mit gebratener Hausmacherwurst gekrönte Püree aus Kartoffeln und weißen Rüben schon gestern geben sollen, doch nach den dramatischen Ereignissen hatte Margot nicht die geringste Lust zum Kochen verspürt. Bis auf Heiner waren alle Mitglieder des Familienclans in der Küche versammelt.
    Wolfram Tannenberg konnte diesen köstlichen Anblick kaum ertragen. Das Wasser lief ihm im Munde zusammen. Unmittelbar vor ihm wartete eine seiner Leibspeisen auf den Verzehr und er durfte sich nicht darüber hermachen. Er hielt es einfach nicht mehr länger aus. Schmatzend ergriff er den Schöpflöffel.
    »Finger weg, Wolfi!«, blaffte seine Mutter. »Wir warten, bis dein Bruder da ist.« Ihre Miene duldete keinerlei Widerspruch. An ihren Mann gewandt, zischte die Seniorin: »Und du legst jetzt endlich die Zeitung weg.«
    »Was musst du auch immer diese blöde Bild am Sonntag lesen«, schimpfte Betty, Heiners frauenbewegte Ehegattin. Ihr barscher Tonfall ähnelte dem eines Feldwebels beim Morgenappell.
    Während sich Jacob von den Einwürfen der beiden Frauen wie gewöhnlich völlig unbeeindruckt zeigte und auch weiterhin mit ausdrucksloser Mimik in seine Zeitung starrte, nahm Tannenbergs Gesicht noch qualvollere Züge an.
    »Och, Mutter, das ist doch nicht dein Ernst«, jammerte er. »Wer weiß, wo der Kerl steckt und wann er kommt. Am Ende kommt er gar nicht und ich verhungere – direkt vor deinen Augen.« Er presste die Handflächen wie betend aneinander. »Bitte, bitte, Mutter, hab Mitleid mit einem ausgehungerten Wolf.«
    Schmunzelnd strich Margot ihrem Sohn über die Haare. »Ach, Wolfi, mein armer, armer Hungerleider.« Ein fragender Blick wanderte hinüber zu Betty.
    »Er muss gleich kommen«, erklärte Tannenbergs Schwägerin, während sie ihre rötliche Lockenpracht zu einem Pferdeschwanz zusammenband. »Er wollte nur noch schnell etwas fertigtippen.«
    »Trotzdem könnten wir doch ausnahmsweise schon anfangen. Schließlich hab ich wirklich einen Bärenhunger. Und außerdem muss ich gleich ins Kommissariat zurück.«
    Ohne seine starre Blickrichtung zu verändern, fragte Jacob: »Wie weit seid ihr denn schon mit euren Ermittlungen?« Danach senkte er grinsend die Bild am Sonntag so weit nach unten, dass er seinen Sohn in Augenschein nehmen konnte. »Oder tretet ihr mal wieder auf der Stelle, ihr Schmalspur-Kriminalisten?«
    Tannenberg fing den spöttischen Blick auf und antwortete mit ernster Miene: »Vater, du weißt doch genau, dass ich dir keinerlei Auskünfte über die laufenden Ermittlungen geben darf.«
    »Du immer mit diesen ollen Kamellen.
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