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Zehn Tipps, das Morden zu beenden und mit dem Abwasch zu beginnen

Zehn Tipps, das Morden zu beenden und mit dem Abwasch zu beginnen

Titel: Zehn Tipps, das Morden zu beenden und mit dem Abwasch zu beginnen
Autoren: Hallgrimur Helgason
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seiner Frau die Brüste abgeschnitten und ihn gezwungen, sie zu essen.
    Auf der Rückseite des Fahrersitzes ist ein Aufkleber. Weh denen, die Böses gut und Gutes böse nennen, die aus Finsternis Licht und aus Licht Finsternis machen, die aus sauer süß und aus süß sauer machen! (Jesaja 5:20)
    O weh. Endlich bricht die Sechs-Uhr-Sonne hinter dem scharfen Bergkamm hervor. Wie ein helles Hühnchen aus einem blauen Ei. Die Straße leuchtet.
    »Wir fahren auf dem Weg des Lichts«, sagt Gutmunduhr, dreht sich zu mir um und lächelt ein breites Seligkeitslächeln. »Dem Weg des Lichts!«
     

5. GUNHOLDER
    Sie wollen, dass ich bei ihnen wohne. »Wir bringen unsere Gäste nie im Hotel unter. Unser Haus ist Ihr Haus«, versichert Gutmunduhr mir. Ich bedanke mich. Sie haben eine kleine Vorort-Villa mit zwei blitzblanken Etagen in einem Stadtteil, der Garten-Dabei heißt oder so, zwischen Stadtzentrum und Flughafen. Deswegen habe ich das berühmte Reykjavik noch nicht gesehen, von dem ich im Flugzeug gelesen habe, es wäre die hippste Hauptstadt Europas, die Party-Metropole im hohen Norden. Hier fährt anscheinend Tarantino hin, wenn er seinen Promistatus mal so richtig genießen will. Schade, dass er nicht am JFK in der Klokabine neben mir gesessen hat. Dann würde ich jetzt in einer weißen Limousine in die Stadt fahren, mit einer Goldkette um den Hals und seinem VIP-Pass in meiner Tasche, und aus dem Fenster jungen Mädchen zuwinken, die am Straßenrand stehen und Pulp-Fiction-Poster schwenken. Stattdessen wird mir ein Platz in einer sterilen Vorortküche angeboten, weit und breit keine Weiber in Sicht.
    Zickrita deckt einen herrlichen Frühstückstisch mit Kaffee, Toast und zwei gekochten Eiern, die mich an Dikans Eier denken lassen. Was zum Teufel meinen die damit, dass ich an allem schuld bin? Mein Fehler? Ich habe den richtigen Typen umgelegt. Erst danach hat sich herausgestellt, dass das ganz und gar nicht richtig war. Da kann ich doch nichts dafür. Ich sollte sauer auf die sein.
    »Father Friendly, wären Sie so nett? Wir bitten immer unsere Gäste, das Tischgebet zu sprechen«, sagt Gutmunduhr, nachdem wir uns gesetzt haben.
    »Ach so? Ja. Selbstverständlich.«
    Ich bereue schon wieder, dass ich statt diesem Priestertypen nicht Tarantino gekillt habe. Aber auf der anderen Seite wäre ich mit dem Macher von Kill Bill sicher nicht so einfach fertiggeworden. Eigentlich habe ich Glück gehabt. Zumindest glauben sie, dass ich Mr. Friendly bin. Das ist Möglichst Wenig Aufsehen, würde ich sagen.
    Okay, los geht's. Tischgebet. Ich senke den Kopf und schließe die Augen.
    »Lieber Gott... lieber geliebter Gott. Danke für dieses ... danke für diese Eier. Danke für ... danke dafür, dass du Friendly ... für die freundlichen Menschen an diesem Tisch. Danke, dass du mich auf diese wunderschöne Insel geschickt hast und ich diese wunderschönen ... diese guten und warmherzigen Menschen treffen darf. Danke, dass du mir einen sicheren Hafen in dieser See der Bedrängnis gegeben hast. Und auch noch Frühstück. Amen.«
    Gar nicht so schlecht. Sie murmeln ihr Amen, dann ist wieder Lächelzeit.
    »Hat Ihre Organisation viele Mitglieder, Father Friendly?« Für einen Moment verliere ich die Kontrolle, so dass es nun Toxic ist, der antwortet: »Ungefähr vierzig.« »Vierzigtausend?«
    »Vierzigtausend. Ja ... ja. Ungefähr vierzigtausend. Vierzigtausend eingeschriebene Mitglieder. Aber es gibt Millionen, die uns zuschauen.«
    Ich muss meinen Produzenten nächstes Mal nach den neuesten Quoten fragen.
    Nach dem Frühstück zeigen sie mir ein Zimmer in der oberen Etage. Ich bin zurück in der katholischen Schule. Ein Kruzifix hängt über dem Bett und zwei Portraits von Jesus Christus an der Wand gegenüber. Weiße Bettwäsche, weiße Vorhänge, weißer Bettvorleger.
    Sie sagen, ich müsse müde sein nach dem langen Flug. In der Tat, sage ich und nutze die Gelegenheit, Gutmunduhr beizubringen, dass ich heute Abend auf keinen Fall im Fernsehen auftreten kann.
    »Es tut mir leid, aber ich muss vollkommen entspannt sein, wenn ich im Fernsehen auftrete. Ich muss innerlich ganz leer sein, damit Gott durch mich sprechen kann.«
    Ich mache eine kurze Pause und bereue die falschen Worte. Er sieht mich an wie ein Lama. Große Augen, lange Zähne, behaarter Hals. Seine Frau flüstert etwas von meinem Jetlag, bevor ich fortfahre: »Ich meine, es darf nichts im Weg sein, damit Gottes Wort mich durchdringen kann. Keine Müdigkeit, nichts ...
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