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Zauber-Schloss

Titel: Zauber-Schloss
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bist ein richtiger Magier und –«
    »Nein, das hat überhaupt nichts damit zu –«
    »Also habe ich das Küssen geübt, für alle Fälle. Dann bist du gerade reingekommen und hast dich entschuldigt, als wäre es irgend etwas Schmutziges gewesen. Also glaubte ich, du hättest es nicht ernst gemeint, daß du einfach nur herumgesumpft bist, und –«
    »Nein!« rief Dor entsetzt. »So war das gar nicht!«
    »Das weiß ich inzwischen auch! Du kannst es mir aber nicht übelnehmen, daß ich mir so meine Gedanken gemacht habe.« Wieder lächelte sie. »Hör zu, Dor, ich weiß, daß morgen wieder alles so sein wird wie früher, daß ich für dich bloß eine rotzige Palastgöre sein werde, aber – würdest du mich noch einmal küssen?«
    Dor empfand es als großes Kompliment. »Gerne, Irene.« Er beugte sich vor, um sie erneut zu küssen. Er war noch jung und sie auch, aber es war ein erster Vorgeschmack auf das, was sie vielleicht einmal erwarten würde, wenn sie erst erwachsen wären.
    »Machst du’s irgendwann mal wieder?« fragte sie schmachtend. »Irgendwie mag ich es plötzlich, ein Mädchen zu sein.«
    »Ein anderes Mal, ja«, erwiderte er. »Aber wir müssen uns auch ein bißchen streiten, sonst werden uns die anderen aufziehen. Wir sind noch zu jung, um –« Aber nicht mehr viel zu jung, dachte er. Nach seinen Erfahrungen im Wandteppich sah er jetzt ziemlich klar den vor ihnen liegenden Weg.
    »Ich weiß.« Sie lösten sich voneinander, und es gab nichts mehr zu sagen, also schritt Dor zur Tür und öffnete sie. Er blieb stehen und dachte an das, was sie über die Enttäuschung ihrer Eltern gesagt hatte. Sie saß auf dem Bett, von einer etwas einsamen Freude umfangen.
    »Der König nicht«, wiederholte er leise. »Daran glaube ich.«
    Irene lächelte. »Nein, der König nicht.«
    »Und ich auch nicht.«
    »Ich glaub’s dir«, sagte sie.
    Er trat hinaus und schloß die Tür hinter sich. Er wußte, daß es mit ihnen noch nicht zu Ende war. Weder heute noch morgen und auch sonst noch eine ganze Weile nicht. Ganz und gar nicht. Grundy erwartete ihn. »Keine Veilchenaugen? Keine zertrümmerten Zähne? Würgemale vielleicht? Es war schrecklich ruhig da drin.«
    »Sie ist ein nettes Mädchen«, sagte Dor und schritt in Richtung Bibliothek. »Merkwürdig, daß mir das noch nicht früher aufgefallen ist.«
    »Junge, Junge!« rief der Golem. »Erst beachtet er Millie das Gespenst und dann Irene die Göre! Was soll bloß daraus werden?«
    Reife, dachte Dor. Er wurde erwachsen, neue Horizonte erschlossen sich ihm, und er war froh darüber.
    Sie kamen an die Bibliothekstür. »Herein«, rief König Trent, noch bevor Dor angeklopft hatte.
    Dor trat ein und setzte sich, nachdem der König ihn dazu aufgefordert hatte. »Erinnert Ihr Euch, wie Ihr mich auf eine Suche geschickt habt, Euer Majestät? Ich bin heimgekehrt.«
    Der König hob eine Hand, die Handfläche vorgereckt. Dor mußte an Hüpfers Grußweise denken. »Ich will dir nichts vormachen, Dor. Humfrey hat mich beraten, und ich konnte der Versuchung nicht widerstehen, den Wandteppich zu beobachten. Ich weiß recht genau, wie es dir ergangen ist.«
    »Wollt Ihr damit sagen, daß der Wandteppich mich gezeigt hat – und das, was ich tat, noch während ich es tat?«
    »Gewiß, nachdem ich erst festgestellt hatte, auf welche Figur ich achten mußte. Du und diese Spinne – ihr habt Glück gehabt, daß ihr in der Spalte nicht umgekommen seid! Aber ich konnte den Zauber nicht vor seinem vorgegebenen Ablauf rückgängig machen. Mir kam der kalte Schweiß, wenn ich daran denken mußte, was ich deinem Vater sagen sollte, falls dir etwas –«
    Dor mußte lachen. »Und ich hab’ mir Sorgen wegen Irenes Vater gemacht!«
    König Trent lächelte. »Dor, ich schnüffele nicht gerne im Palast herum, aber die Königin tut es. Sie hat deine Veränderung schnell bemerkt, hat festgestellt, daß du nie dein Talent angewandt hast, und hat alles über die Gehirnkoralle in Erfahrung gebracht. Ihr Bild hängt in Irenes Zimmer. Die Königin hat einfach ihr Bild durch ihre Illusion ersetzt, und schon hatte sie das, was man in Mundania einen Logenplatz nennt. Sie hat alles mit angesehen, gestern und heute. Und sie hat mir gerade eben darüber berichtet.«
    Dor zuckte die Schultern. »Ich stehe zu allem, was ich getan habe. Gestern wie heute.«
    »Das weiß ich, Dor. Du wirst langsam zum Mann, und zwar auf recht ansprechende Weise. Du mußt nicht denken, daß die Königin deine Feindin ist. Sie
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