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Yelena und der Mörder von Sitia - Snyder, M: Yelena und der Mörder von Sitia

Yelena und der Mörder von Sitia - Snyder, M: Yelena und der Mörder von Sitia

Titel: Yelena und der Mörder von Sitia - Snyder, M: Yelena und der Mörder von Sitia
Autoren: Maria V. Snyder
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Gerüchte verderben zu lassen. Deshalb beschloss ich, fürs Erste alle scheelen Blicke zu ignorieren.
    Was ich jedoch nicht ignorieren konnte, war der Zorn meiner Mutter, als Nutty und ich bei ihr eintrafen. Anspannung und Nervosität waren ihr förmlich ins Gesicht geschrieben, und sie bebte am ganzen Körper.
    „Wo bist du gewesen?“, herrschte sie mich an.
    „Nun ja, ich habe mich von Irys verabschiedet, und dann …“ Ich verstummte, denn in Anbetracht ihrer Wut konnten mich meine eigenen Worte nicht überzeugen.
    „Vierzehn Jahre lang warst du nicht bei mir, und uns bleiben gerade zwei Wochen, ehe du wieder gehst. Wie kannst du nur so egoistisch sein?“ Unvermittelt ließ sie sich in einen Sessel fallen, als ob sämtliche Energie aus ihrem zierlichen Körper gewichen sei.
    „Es tut mir leid …“, begann ich.
    „Nein, mir tut es leid“, unterbrach sie mich. „Deine Sprache und deine Manieren sind so … fremd. Außerdem ist dein Vater zurückgekommen und kann es gar nicht erwarten, dich zu sehen. Leif hat mich fast verrückt gemacht, und ich möchte nicht, dass meine Tochter, wenn sie uns wieder verlässt, immer noch das Gefühl hat, eine Fremde zu sein.“
    Wie um ihre Worte abzuwehren, schlang ich die Arme um meinen Leib. Ich fühlte mich schuldig und der Situation nicht gewachsen. Sie verlangte so viel von mir, dass ich sie bestimmt auf irgendeine Weise enttäuschen würde.
    „Dein Vater wollte dich mitten in der Nacht aufwecken. Ich konnte ihn gerade noch davon abhalten. Und jetzt sucht er schon den ganzen Morgen in allen Räumen nach dir“, erzählte Perl. „Schließlich habe ich ihn nach oben geschickt, damit er sich mit irgendetwas beschäftigt.“ Sie breitete die Arme aus. „Du musst uns vergeben, wenn wir dich überfordern. Deine Ankunft war so unerwartet, und vergangene Nacht hätte ich darauf bestehen sollen, dass du bei uns bleibst. Aber Irys hat uns davor gewarnt, dich unter Druck zu setzen.“ Sie holte tief Luft. „Diese Situation ist für mich unerträglich. Ich möchte dich immer nur in die Arme schließen.“ Stattdessen ließ sie die Arme in ihren Schoß sinken, wo sie reglos auf dem blau-weißen Stoff ihres ärmellosen Kleides liegen blieben.
    Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Irys hatte recht gehabt – ich brauchte Zeit, um mich in diesem Familiengefüge wohlzufühlen. Andererseits konnte ich auch meine Mutter verstehen. Jeden Tag vermisste ich Valek ein wenig mehr als am Tag zuvor. Ein Kind zu verlieren musste viel schlimmer sein.
    Nutty stand an der Tür und spielte mit ihren Zöpfen. Jetzt erst schien meine Mutter ihre Anwesenheit zu bemerken. „Nutty, könntest du Yelenas Sachen aus den Gästezimmern holen und hierher bringen?“
    „Aber sicher, Tante Perl. Sie sind schneller hier, als eine Curari-Fledermaus braucht, um ein Valmur zu töten.“ Wie ein orangefarbener Wirbelwind fegte sie davon.
    „Du kannst unser Extrazimmer haben.“ Meine Mutter fasste sich an den Hals. „Es ist sowieso dein Zimmer.“
    Mein Zimmer. Es klang so vertraut, obwohl ich noch nie einen Platz ganz für mich allein gehabt hatte. Ich versuchte mir vorzustellen, wie ich ihn eingerichtet hätte, um ihn mir zu eigen zu machen, aber alles, was ich sah, war ein weißer Fleck. In meinem Leben in Ixia war kein Platz gewesen für besondere Dinge wie Spielzeug, Geschenke oder Kunst. Ich unterdrückte ein freudloses Lachen. Das einzige Zimmer, das ich für mich alleine hatte, war mein Verlies gewesen.
    Perl sprang von ihrem Stuhl auf. „Yelena, setz dich doch bitte. Ich hole uns etwas zu essen. Du hast ja kaum Fleisch auf den Knochen.“ Während sie hinauseilte, rief sie zur Decke hinauf: „Esau, Yelena ist hier. Komm herunter zum Tee.“
    Nachdem sie verschwunden war, schaute ich mich im Wohnzimmer um. Ein schwacher Duft von Äpfeln lag in der warmen Luft. Das Sofa und die beiden Sessel sahen aus, als seien sie aus Seilen geflochten, und doch fühlten sie sich hart an, wenn man sie berührte. Das Mobiliar wirkte ganz anders als die Sessel von Zaltana, die ich bisher gesehen hatte, und die alle aus zusammengebundenen Zweigen und Stöcken gefertigt waren.
    Ich machte es mir in einem Sessel bequem. Die roten, blattförmigen Kissen raschelten unter meinem Gewicht, und ich fragte mich, womit sie wohl gefüllt sein mochten. Mein Blick fiel auf eine schwarze hölzerne Schale auf der Glasplatte eines kleinen Tisches vor dem Sofa. Die Schale sah aus wie handgemacht. Gerade wollte ich es mir bequem
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