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Wünsche (German Edition)

Wünsche (German Edition)

Titel: Wünsche (German Edition)
Autoren: Tobias Jäger
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Reporter wieder zugleich anfingen Fragen zu stellen.
    In diesem Moment tauchte eine Gruppe aus Pflegern und ein paar Mitarbeitern des Sicherheitsdienstes auf.
    »Lassen Sie uns durch«, forderte ich.
    Die Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes schoben die Reporter zur Seite und bildeten so eine Gasse für uns, damit wir zu unserem Auto gehen konnten, das bereits auf uns wartete. Die Reporter riefen uns noch immer Fragen hinterher.
    Der Chauffeur öffnete die hintere Tür der Limousine. Ich hob Julian aus seinem Rollstuhl und setzte ihn vorsichtig ins Auto.
    »Packen Sie den bitte in den Kofferraum?«, bat ich den Chauffeur und schob den Rollstuhl zu ihm.
    Er nickte und ich stieg selbst ein.
    »Alles okay?«, fragte ich Julian.
    »Ja, es geht.«
    Er befühlte das Leder der Sitze und die Innenverkleidung der Limo.
    »Wow, das Auto ist sicher teuer. Und es riecht komisch.«
    »Wie meinst du das?«
    »Riechst du es nicht?«
    »Du meinst sicher das Leder«, sagte ich.
    »Gibt es hier auch ein Telefon, wie man es immer in Filmen sieht?«
    »Ein Telefon, einen Fernseher und auch eine Bar«, erklärte ich Julian, während ich seinen Gurt befestigte.
    »Eine Bar?«
    »Ja. So eine Art kleiner Kühlschrank mit Getränken. Hast du Durst?«
    »Nein, danke«, antwortete Julian.
    In diesem Moment setzte sich die Limousine auch in Bewegung. Wir fuhren eine Weile schweigend. Ich fragte mich, was Julian durch den Kopf ging.
    »Alles okay?«, fragte ich ihn und klopfte ihm sanft auf den Oberschenkel.
    Noch bevor ich meine Hand wegnehmen konnte, nahm er sie und hielt sie fest.
    »Die Schmerzen werden gerade stärker.«
    »Zuhause wartet alles auf dich, was du brauchst.«
    »Wie weit ist es?«, fragte er.
    »Zwanzig Minuten. Vielleicht eine halbe Stunde. Denkst du, dass du es so lange aushalten kannst?«
    »Ja, klar.«
    Ich löste seinen Gurt und klappte die Armlehne nach oben.
    »Komm her. Du kannst dich hier ein bisschen hinlegen.«
    Julian tastete sich den Sitz entlang und legte sich hin. Seinen Kopf legte er in meinen Schoß. Ich schaute ihm in diese blauen Augen und versank wieder einmal darin. Gedankenverloren begann ich, ihm die Schläfen zu massieren.
    »Das fühlt sich gut an«, flüsterte Julian und schloss die Augen.
    »Als Kind habe ich oft Kopfschmerzen bekommen«, sagte ich. »Meine Mutter hat das dann auch immer für mich gemacht. Entspann dich, wir sind bald zuhause.«
    Julian lächelte leicht und gähnte einmal kurz. Einen Moment später war er eingeschlafen.

Kapitel 9
    Fünfzehn Tage. Mehr Zeit war Julian nicht mehr vergönnt. Das Wunder, auf das wir wahrscheinlich beide gehofft hatten, war nicht eingetreten. Es hatte sich jedoch abgezeichnet, denn schon zwei Tage vorher waren seine Schmerzen kaum noch auszuhalten. Ich hätte alles getan, um ihm zu helfen. Mehr als bei ihm zu sein konnte ich jedoch nicht tun.
    Dr. Hartmann machte sich Sorgen und schlug mehrfach vor, Julian ins Krankenhaus zurückzubringen. Er war der Meinung, dass man sich dort besser um ihn kümmern konnte. Julian wehrte sich aber praktisch mit Händen und Füßen dagegen und lehnte es ab.
    »Ich will in keinem beschissenen Krankenhaus sterben«, sagte er immer mit Tränen in den Augen, wenn Dr. Hartmann das Thema ansprach.
    Der Arzt gab schließlich nach und respektierte Julians Wunsch. Er bestand jedoch darauf, die Nächte bei uns zu verbringen. Er saß mit mir an Julians Bett, als sein Herz aufhörte zu schlagen. Ich war ihm unglaublich dankbar dafür, nicht alleine zu sein.
    In den zwei Wochen zuvor hatten wir die Tage damit verbracht, uns zu unterhalten, zusammen Musik zu hören und ich las Julian viel vor. Wir gingen auch ein paar Mal spazieren. Außerdem wollte Julian eine Spritztour in meinem Audi R8 machen. Wie konnte ich ihm diesen Wunsch abschlagen? Ich organisierte sogar eine Geige für ihn, weil er mir etwas vorspielen wollte. Er war wirklich ausgesprochen talentiert.
    »Darf ich mir noch etwas wünschen?«, fragte Julian.
    Es war der Nachmittag, bevor er starb. Julian war blass und seine Stimme war kaum mehr als ein Flüstern. Außerdem hatte er ein paar Kilo abgenommen. Seine blauen Augen waren das Einzige an ihm, das noch Leben versprühte.
    »Selbstverständlich. Alles, was du möchtest«, antwortete ich und streichelte ihm durchs Haar.
    Er lächelte einen Moment.
    »Besuchst du bitte Leon, nachdem ‒?« Er ließ den Satz unvollendet.
    »Natürlich, Julian«, versprach ich und küsste ihn auf die Stirn.
    Er legte seine Arme um meinen
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