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Wo Dein Herz Zu Hause Ist

Wo Dein Herz Zu Hause Ist

Titel: Wo Dein Herz Zu Hause Ist
Autoren: Anna McPartlin
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immer darauf geachtet worden war, dass sie sich nicht aufregte, hatte er sie in seinen dreißig Lebensjahren niemals aus der Fassung geraten sehen.
    Das Gespräch wurde nicht fortgesetzt. Duncan brachte Gloria hinauf ins Schlafzimmer und blieb fast eine Stunde lang bei ihr. Als er zurückkam, hatte sich George das dritte Glas Wein eingeschenkt.
    «So war sie nicht, seit   …»
    «Seit wann, Dad?»
    «Also, das ist schon lange her.»
    George hatte seinen Vater noch nie so nervös erlebt. Er war beunruhigt. Duncan schenkte sich einen Whiskey ein und setzte sich in seinen Lieblingssessel an den kalten Kamin.
    «Hat Mum eine Art psychischer Störung? Hat Harri das von ihr geerbt?»
    «Nein.» Duncan schüttelte den Kopf. «Beziehungsweise ja. Deine Mutter hat früher an einer Nervenstörung gelitten, aber das war die Folge eines schrecklichen Erlebnisses. Seitdem aber ging es ihr gut. Und Harri, also, nein, deine Mutter hat ihr bestimmt nichts vererbt.»
    «Ein schreckliches Erlebnis?», drängte George.
    «Ich kann es dir nicht erzählen.»
    «Du kannst es nicht
nicht
erzählen.»
    «Du hast recht, George. Aber deine Schwester hat ein Recht darauf zu wissen, was du weißt, also bitte ich dich darum, noch ein bisschen zu warten. Gib mir eine Woche. Gib deiner Mutter und deiner Schwester eine Woche.»
    «Ich fahre am Montag nach Frankreich.»
    «Sag die Reise ab.»
    George hatte keine Einwände. «Ist gut», sagte er kopfschüttelnd, «eine Woche.»
    «Danke, mein Sohn.» Duncan leerte sein Glas, ging nach oben und am Schlafzimmer vorbei in sein Arbeitszimmer.
    George trank seinen Wein aus und verließ sein Elternhaus. Am Bordstein der von blühenden Bäumen gesäumten Straße blieb er stehen und wartete darauf, dass ein Taxi vorbeikam. Als er sich umdrehte und einen Blick auf das Haus warf, fühlte er sich den beiden Menschen darin eigenartig fremd.
Was zum Teufel ist hier los?
     
    Susan hinterließ ihre vierte Nachricht an diesem Tag auf dem Anrufbeantworter.
    «Harri, ich bin’s wieder. Ich möchte unbedingt mit dir sprechen. Ich will nur sicher sein, dass es dir gutgeht. Bitte ruf mich zurück. Ich schwöre dir, ich werde nicht reden. Ich sage kein Wort. Ruf mich einfach bloß an. Du weißt, wie wichtig du mir bist. Hier ist übrigens Susan.»
    Susan sagte immer ihren Namen. Man konnte meinen, sie fühlte sich unsichtbar, sodass sie die Menschen, die ihr etwas bedeuteten, immer daran erinnern musste, wer sie war. Sie legte den Hörer auf und nippte an ihrem Kaffee, den sie vor sich auf der Küchentheke stehen hatte. Im Hintergrund lief das Album
Play
von Moby.
    Beth, ihre sechzehnjährige Tochter, lächelte in sich hinein.
Play. Schon wieder! Es gibt noch andere Platten auf der Welt, Mutter.
Dann setzte sie sich zu Susan und zog an ihren Fingern, bis sie knackten. «Wo bist du?»
    Susan seufzte lächelnd. «Weit weg.»
    «Hast du was von Harri gehört?»
    «Nein.»
    «Alles in Ordnung mit dir?»
    «Ich wünschte, sie würde anrufen.»
    «Das macht sie bestimmt noch, Mum.»
    «Hast du Hunger?»
    «Nein.»
    «Sicher?»
    «Sicher.»
    «Ich würde am liebsten heulen», sagte Susan.
    «Dann tu’s doch.»
    «Das kann ich nicht. Ich bin zu alt dafür, um einfach loszuweinen.»
    «Nein, bist du nicht.»
    «Wie kommt es, dass du so vernünftig bist?»
    «Gute Erziehung.»
    «Schmeichlerin. Innerhalb der nächsten fünf Minuten fragst du mich nach Geld, oder?»
    «Nein, aber vielleicht morgen früh.»
    «Beth.»
    «Ja?»
    «Sind wir beide uns richtig nahe?»
    Beth wurde ein bisschen rot. «Natürlich.»
    Susan tat so, als hätte sie nicht bemerkt, dass ihre Tochter rot geworden war. «Gut.»
    «Mum, manchmal mache ich mir Sorgen um dich.»
    «Sei nicht dumm.»
    «Das ist nicht dumm. Manchmal wünschte ich, du wärst glücklicher.»
    «Ich bin doch glücklich.»
    «Jetzt bist du dumm, wenn du glaubst, ich bekomme es nicht mit. Ich bekomme es mit.»
    Susan lächelte, doch in ihren Augen standen Tränen. «In Ordnung, ich nehme es zurück. Ich habe keinen Dummkopf großgezogen.»
    «Dann verlass ihn.»
    Susan lachte. «Das ist nicht so einfach.»
    «Doch, ist es.»
    «Nein, Beth, das ist es wirklich nicht.»
    «Ich liebe meinen Dad, aber er ist trotzdem ein Mistkerl.»
    «Er macht, was er kann.»
    «Nein, du machst, was du kannst – er macht’s mit jeder.»
    «Beth!» Entsetzt riss Susan die Augen auf.
    «Tut mir leid, Mum, das hätte ich nicht sagen sollen.» Sie küsste ihre Mutter auf die Wange. «Ich liebe dich, Mum.
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