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Wissen auf einen Blick - Ozeane und Tiefsee

Wissen auf einen Blick - Ozeane und Tiefsee

Titel: Wissen auf einen Blick - Ozeane und Tiefsee
Autoren: Viering und Knauer
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nicht mehr der Biss eines Hais, sondern das Netz eines Fischtrawlers ist. Dadurch verändert der Mensch aber die durchschnittliche Größe der Fische, das zeigen Studien aus dem Jahr 2007.
Die Mehrheit in der Kabeljauwelt
    Ulf Dieckmann vom Internationalen Institut für angewandte Systemanalysen (IIASA) im österreichischen Laxenburg erläutert das am Beispiel des Kabeljau: Seit Jahrzehnten holen die Fangflotten vor allem die großen Exemplare aus dem Wasser, weil sie am meisten Geld bringen. Wie die meisten Fischarten aber wird ein Kabeljau erst beim Erreichen einer bestimmten Größe geschlechtsreif. In Gegenden ohne Fischerei legten Kabeljauweibchen ihre ersten Eier daher früher erst, wenn sie mindestens 1 m lang waren.
    Übrig blieben daher vor allem die Kabeljaus, die aus der Reihe tanzen und z. B. bereits mit einer Länge von 65 cm erste Eier legen. Weil sie viel seltener als ihre größeren Artgenossen gefangen werden, vermehren sich diese kleinen Fische besser und übernehmen in der Kabeljauwelt rasch die Mehrheit. Diese Annahme ist keine nackte Theorie, sondern lässt sich in der Realität beobachten: Wurde ein Kabeljau in den 1960er-Jahren noch ab 1 m Größe geschlechtsreif, pflanzen sich diese Fische heute bereits mit einer Länge von etwa 60 cm fort.
250 Reparaturjahre
    Um diesen Effekt in den betroffenen Beständen umzukehren, müsste der Fischfang weltweit drastisch reduziert werden. Oder zumindest müssten die Fische geschont werden, die gerade geschlechtsreif werden. Aber selbst wenn dies geschähe, würde es noch 250 Jahre dauern, bis die Kabeljaus wieder ihre alte Durchschnittsgröße erreichten, die sie vor 40 Jahren hatten. Das jedenfalls hat IIASA-Forscher Ulf Dieckmann mit Computermodellen ausgerechnet. Jedes Jahr bis zur Senkung der Fangzahlen kostet die Evolution demnach gut sechs Jahre, die sie brauchen würde, um den durch die Fischer verursachten Eingriff in die Evolution wieder rückgängig zu machen.
    Anglerlatein
    Genau wie ihre Kollegen auf dem Meer könnten auch die Angler und Fischer an den Flüssen und Seen die Evolution beeinflussen. Vor allem die Hobbypetrijünger üben hier möglicherweise einen Einfluss aus, weil sie beispielsweise in Deutschland an beinahe jedem noch so kleinen Wasserloch die Angelruten auswerfen. Dem Hecht könnte also die gleiche Entwicklung wie dem Kabeljau drohen – das zeigen Modellrechnungen und Langzeitstudien in England
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    In Kanada läuft seit 25 Jahren eine wissenschaftliche Studie, die den Einfluss von Anglern auf Forellenbarsche untersucht. Dazu paaren die Forscher Fische miteinander, die sich besonders leicht fangen lassen. Gleichzeitig kreuzen sie auch Exemplare, die kaum anbeißen
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    Bereits nach vier Generationen zeigen sich deutliche Unterschiede: Die Nachkommen der schlecht anbeißenden Tiere sind nicht nur gegenüber einem Köder am Angelhaken scheuer, sondern auch in anderen Lebensbereichen inaktiver: So bewachen die Männchen ihre Brut in den eigens gebauten Nestern erheblich schlechter als die gut angelbaren Fische
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Die Kabeljaufischer zielen vor allem auf große Exemplare. Ihre Fangerfolge sorgen dafür, dass sich die kleineren Exemplare stärker vermehren und die Kabeljaupopulationen insgesamt aus kleineren Fischen bestehen
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    (c) mauritius images (Oxford Scientific)

Viehhaltung auf dem Meer
Fischfarmen lösen das Problem der Überfischung nicht
    Die Geschmacksprobe fällt eindeutig aus: Der Ostseelachs aus der Aquakultur schmeckt eher fettig, das Fleisch ist weich. Der Wildfang aus der gleichen Region der Ostsee dagegen überzeugt mit festem, schmackhaftem Fleisch. Rainer Froese jedenfalls würde den Wildfang jederzeit vorziehen. Dabei beobachtet der Fischereibiologe am Leibniz-Institut für Meereswissenschaften (IFM-GEOMAR) in Kiel den Fischfang auf den Weltmeeren mit Sorge, weil viele Arten stark übernutzt und einige Bestände bereits zusammengebrochen sind.
Boomende Aquakultur
    Auch wenn 2007 bereits rund ein Drittel der auf dem Globus verzehrten Fische und Meeresfrüchte aus Aquakulturen kamen, so lösen diese Meeresfarmen das Problem nicht. Die gezüchteten Tiere werden nämlich vor allem mit Fischmehl und Fischöl gefüttert. Um aber 1 kg Zuchtfisch zu erhalten, müssen 4–5 kg Fisch im Meer gefangen werden. Fischfarmen verschärfen die Überfischung also eher als das Problem zu lösen, erklärt Rainer Froese.
    Karpfen statt Lachs
    Forelle, Lachs und Thunfisch stehen ganz oben in der Nahrungskette. Fischerei-Experten
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