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Wissen auf einen Blick - Ozeane und Tiefsee

Wissen auf einen Blick - Ozeane und Tiefsee

Titel: Wissen auf einen Blick - Ozeane und Tiefsee
Autoren: Viering und Knauer
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der Nachbar hätte das Geschäft gemacht. Und solange diese Vermutung naheliegt, machen eben alle munter weiter – bis es zu spät ist. Diese Zusammenhänge erklären, weshalb die Fischereiverbände oft viel höhere Fangquoten festlegen, als es ihre eigenen Wissenschaftler empfehlen.

Kleinere Fischerboote wie hier vor der Küste Alaskas fischen oft nachhaltiger als große Einheiten
.
    (c) mauritius images (Pacific Stock)

Das „Rind des Meeres“ verschwindet
Kabeljau wird immer seltener
    Ob „Kabeljau auf Lauchbett“ oder „Fish and Chips“ – Kabeljaugerichte könnten auf Europas Speisetellern künftig zur seltenen Delikatesse werden. Denn einer der wichtigsten europäischen Speisefische ist akut bedroht.
Meeresrinder auf dem Rückzug
    Dabei gilt der Kabeljau als das „Rind des Meeres“, als einer der wichtigsten Nutzfische überhaupt. Er wird gefangen, seit Menschen in Europas Meeren zum ersten Mal ihre Netze auswarfen. Zu der Zeit, als Kolumbus nach Amerika fuhr, entdeckten die Portugiesen, dass sich Kabeljau durch Einsalzen haltbar machen lässt, er also ein perfekter Proviantfisch ist. Im 16. Jh.ernährten sich die Seeleute der spanischen und portugiesischen Flotten in der Neuen Welt hauptsächlich von Kabeljau. Rund 200 Jahre lang sollte der Fischverzehr in ganz Europa zu etwa 60 % aus Kabeljau bestehen. Und niemand konnte sich vorstellen, dass der einst so häufige Fisch einmal knapp werden könnte.
    Doch dann brachen 1992 vor der Küste Neufundlands die ersten Bestände zusammen. 10 000 kanadische Fischer und 20 000 weitere Beschäftigte in der Fischindustrie verloren über Nacht ihre Jobs. Die wirtschaftlichen Verluste durch den Kabeljaukollaps schätzt die Naturschutzorganisation World Wide Fund for Nature (WWF) auf etwa 700 Mio. pro Jahr. Heute wird in der Region kein Kabeljau mehr gefangen – es lohnt sich einfach nicht. Trotzdem haben sich die Bestände noch nicht erholt.
Zeichen des Zusammenbruchs
    Längst aber hat das Kabeljaudesaster auch Europa erreicht. Im Jahr 2000 standen die Bestände in der Nordsee und westlich von Schottland kurz vor dem Zusammenbruch und auch im Skagerrak, im östlichen Ärmelkanal und in verschiedenen anderen europäischen Meeresgebieten schrumpften sie bedenklich. Auch in Europa waren die wirtschaftlichen Verluste enorm – das zeigen Berechnungen des WWF: Bei stabilen Beständen hätten die Ostseefischer im Jahr 2002 immerhin 165 000 t Kabeljau fangen können. So aber waren es nur 76 000 Tonnen, das ergab etwa 160 Mio. € weniger Einnahmen. Für die Nordsee beliefen sich die Verluste im gleichen Jahr auf 243 Mio. €. Weltweit gehen den Fischern zu Beginn des 21. Jh. 70% weniger Kabeljau ins Netz als noch in den 1970er-Jahren. Europas Fangflotte zieht vielleicht noch 10 % der damaligen Menge aus dem Wasser.
    Zu schaffen macht dem Kabeljau zum einen der Klimawandel. Offenbar wird es den Fischen in einigen Meeresgebieten einfach zu warm. Im Prinzip können sie ihre Eier zwar bei Temperaturen zwischen 0 °C und etwa 12 °C ablegen, sie bevorzugen allerdings die kälteren Gewässer bis zu etwa 6 °C. In der Nordsee aber ist das Wasser in den 1990er-Jahren deutlich wärmer geworden. Durchschnittlich kletterte das Thermometer dort in der ersten Jahreshälfte auf mehr als 8 °C. Seither vermehrt sich der Kabeljau in diesen Gewässern immer schlechter. Und zum anderen hat die Jahrzehntelang viel zu intensive Fischerei ein Übriges getan, um die Bestände des Nordseekabeljaus zusammenbrechen zu lassen.
    Verbotene Geschäfte
    Vielerorts dürfen ganz offiziell größere Mengen Kabeljau aus dem Wasser gezogen werden, als die Population verkraften kann. Hinzu kommen dann noch die illegal gefangenen Tiere. Nach Schätzungen des Internationalen Rats für Meeresforschung werden allein in der Barentssee vor Norwegen und Russland jährlich zwischen 90 000 und 115 000 t Kabeljau gefangen, die in keiner offiziellen Statistik auftauchen
.

Weltweit geht Fischern wie diesem immer weniger Kabeljau ins Netz. Umwelteinflüsse und Überfischung haben für eine drastische Dezimierung der Kabeljaubestände gesorgt
.
    (c) mauritius images (Danita Delimont)

Der Mensch verändert die Arten
Überfischung greift in die Evolution ein
    Wenn die Fangflotten heute kleinere Fische als früher aus den Weltmeeren ziehen, sind sie für diese Entwicklung selbst verantwortlich. Greifen die Fischer doch direkt in die Evolution ein, weil die weitaus häufigste Todesursache für Speisefische schon längst
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