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Wir beide nahmen die Muschel

Wir beide nahmen die Muschel

Titel: Wir beide nahmen die Muschel
Autoren: Heinz Hendrix
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Nun galt
es zuerst einmal einen Grundplan aufzustellen. Was hatten wir genau vor?
Welchen Weg wollten wir gehen? Den Jakobsweg als solchen gibt es nicht. Für jeden
Pilger fängt sein Jakobsweg vor der Haustür an. Über ganz Europa überzieht ein
Netz von Pilgerwegen, ähnlich einem großen Flusssystem, das seine Ursprünge in
vielen kleinen Rinnsalen hat, die sich zu Bächen vereinen, diese wiederum
größere Flüsse bilden, die schließlich in wenigen großen Strömen ihrem Ziel
Santiago entgegen fließen. Durch Frankreich ziehen mehrere große
mittelalterliche Pilgerwege gen Süden. Zwei dieser Wege treffen sich in Saint
Jean-Pied-de-Port an der französischen Grenze um dann als Camino Francés, dem
Weg der Franzosen, weiter nach Santiago de Compostela zu führen. Diesen Weg
wollten wir gehen. Wie viel Kilometer und in welchem Monat wollten wir gehen?
Wie viele Tage benötigen wir? Wo bekommen wir für unser Gepäck den richtigen
Rucksack? Wie kommen wir zum Startort? Was mussten wir alles mitnehmen? Welche
Kleidung benötigten wir? Natürlich wollten wir für so eine lange Strecke die
besten Wanderschuhe an unseren Füßen haben. Wir durften kein Risiko eingehen.
Dann das Allerwichtigste, wie viel wird uns das alles kosten? Ist es für uns
überhaupt bezahlbar? Wir hatten hunderte Fragen, aber noch keine Antworten. Zum
Glück hatten wir unseren Karl, welcher uns mit Rat und Tat zur Seite stand und
uns fünfzehn seiner Bücher über den Jakobsweg zur Verfügung stellte. Leider war
seine Pilgerreise schon vor vielen Jahren gewesen. Bis heute wird sich da
bestimmt einiges geändert haben. Eine sehr große Hilfe war für uns das
Internet. Dort gab es auf fast alle Fragen eine Antwort. Viele Videofilme über den
sogenannten »Camino Francés« konnte ich mir dort ansehen. In vielen hunderten
Stunden habe ich mich klug gemacht. War ich vorher noch der Meinung, das
schaffst du nie, so sagte ich mir jetzt, das schaffst du bestimmt! Unser
Pilgerweg sollte von Santiago aber noch weiter gehen. Nach Muxia und dann noch
bis ans Ende der Welt nach Finisterre und auch wieder zurück nach Santiago. Im
Internet stieß ich auf die Homepage des Freundeskreises der Jakobuspilger in
Paderborn. Ich wurde dort Mitglied. Manchen guten Rat und unsere Pilgerpässe
haben wir dort bekommen. Wir sprachen die Ordensschwester Stefanie Kallenborn
an. Sie ist Gemeindereferentin der Pfarrgemeinde St. Maria-Heimsuchung in Hehn
und auch zuständig für unsere Pfarrgemeinde St. Matthias in Günhoven. Wir
trugen ihr unsere Bitte vor, wir möchten wie Pilger im Mittelalter in unserer
Pfarrkirche in der sonntäglichen Vorabendmesse am 09. April 2011 verabschiedet
werden. Dazu wünschten wir uns: Die Segnung unserer Jakobsmuscheln, welche wir
auf dem gesamten Weg an unserem Rucksack tragen würden. Damit weisen wir uns
auf dem Weg als Pilger aus. Zum Schluss der Messe unsere Segnung mit dem
speziellen Segnungsgebet der Jakobuspilger und damit zugleich unsere Aussendung
auf unserem Pilgerweg. Sie sagte uns dies zu. In den folgenden Monaten kauften
wir uns unsere Ausrüstung für den langen Pilgerweg. Für mich fing jetzt die
Zeit der Wanderungen mit dem Rucksack an. Gepackt hatte ich ihn mit dicken
Büchern und in Decken eingewickelt. Schwere 16 Kilo wog er danach. Am Anfang
wanderte ich nur kurze Strecken von sieben Kilometer mit meinen Wanderstöcken.
Danach schmerzte mir sehr der Rücken. Mit der Zeit wurde der Schmerz
erträglicher. Erst als ich das Gewicht auf 14,5 kg reduzierte, machte es wieder
Spaß. In den folgenden Wochen steigerte ich mich auf sechzig Wochenkilometer.
Viele Kilometer kamen in den nächsten Monaten zusammen. Manche haben mich dabei
belächelt. Wenn wir regelmäßig mit der Wandergruppe unterwegs waren, trugen wir
beide unseren Rucksack. Für den 13. April hatte ich für uns einen Flug nach
Bilbao gebucht. Von dort sollte es dann mit Bus und Bahn nach
Saint-Jean-Pied-de-Port in Frankreich weiter gehen. Den Rückflug buchte ich für
den 21. Juni. Ab nun verging die Zeit für uns viel zu langsam. Wir konnten es
kaum erwarten, dass es endlich losging. Bis zum letzten Tag wurde geplant.
Manches Ausrüstungsteil wurde noch zugekauft, einige aber auch beiseitegelegt,
weil sie doch nicht das Richtige für den langen Weg waren. Da die
Nachttemperaturen in den Pyrenäen kurz vor unserem Abflug noch stark im Minus
waren, wurden noch schnell zwei wärmere Schlafsäcke gekauft. Ein zusätzliches
Gewicht, welches wir vorher nicht eingeplant
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