Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wir beide nahmen die Muschel

Wir beide nahmen die Muschel

Titel: Wir beide nahmen die Muschel
Autoren: Heinz Hendrix
Vom Netzwerk:
Pumpbewegung aufladen konnte. Alles
verlief reibungslos wie ich es mir vor gestellt hatte. Heute hatten wir beide
zum ersten Mal unser Poloshirt mit der Aufschrift, zwei Herzen auf dem Weg nach
Santiago, an. Um 6:30 Uhr sollte die Maschine starten. Leider tat sich nichts.
Endlich nach einer viertel Stunde wurde uns mitgeteilt, dass der Pilot erkältet
wäre und nicht fliegen könnte. Ein Ersatzpilot kam und wir hoben kurz nach
sieben Uhr ab. Um 9:45 Uhr landeten wir nach einem ruhigen Flug in Bilbao.
Schon am Kofferband lernten wir viele andere Pilger kennen. Leider starteten
sie alle in Pamplona. Sie wollten sich den schweren Aufstieg über den Col de
Lepoeder nach Roncesvalles ersparen. Es war ein wunderschöner Sonnentag bei
unserer Ankunft. Mit dem Biskai-Bus fuhren wir für 1,60 Euro in die Innenstadt
zum Busbahnhof. Bis dort waren wir mit den anderen Peregrinos (Pilger) noch
zusammen. Die erste kleine Schwierigkeit kam schon im Busbahnhof auf uns zu. An
welchem der vielen Schaltern bekommen wir unser Busticket nach Bayonne? Keiner
sprach hier ein Wort Englisch. Am besten wir fragen einen Jugendlichen. Manche
werden auch hier eine höhere Schule besuchen und dieses Lehrfach haben. Aber
auch da hatten wir kein Glück. Nach vielen Fragen fanden wir doch noch den
richtigen Schalter und bekamen für 19,80 Euro unser Ticket für den Bus nach
Bayonne. Leider fuhr er erst in drei Stunden. Das Wichtigste für uns war,
zuerst einmal genügend Getränke einzukaufen. Für drei Anderthalbliterflaschen
bezahlten wir 6,00 Euro. Wir hatten Glück und erwischten noch eine freie Bank.
Nun hatten wir genügend Zeit, das hektische Treiben der Spanier im schönsten
Sonnenschein zu studieren. Da wir an der Rückseite unserer Rucksäcke eine
Deutschlandfahne hängen hatten, sprach uns schon kurze Zeit später ein
deutschsprachiger Mann an und fragte uns, ob wir den Jakobsweg gehen würden.
Wir waren sehr überrascht und fragten ihm, woher er so gut unsere Sprache
sprechen würde. Er hat darüber herzlich gelacht. Er hatte früher in Köln in
einer Schule als Lehrer unterrichtet. Die Liebe hatte ihn nach Spanien
verschlagen. Hier in Bilbao hatte er fünfzehn Jahre bis zu seiner Pensionierung
an der deutschen Schule unterrichtet. Da er einen Teil des Camino Francés
kannte, konnte er uns einige Tipps geben. Wir fragten ihn, warum die spanischen
Jugendlichen welche wir angesprochen hatten, uns keine Auskunft in Englisch
geben konnten? Seine Antwort darauf war, in Deutschland gibt es schon seit 400
Jahren ein geregeltes Schulsystem, in Spanien erst seit einhundert Jahren. Vor
einhundert Jahren gab es in Spanien noch 80 Prozent Analphabeten. Auch heute
würde in den wenigsten Schulen das Fach »Englisch« angeboten. Vielmehr
unterrichtete man das Fach englische Kultur, aber nicht die Sprache. Die
Lehrer, welche dieses Fach unterrichten, würden selber kein Englisch sprechen.
Lange Zeit ist er bei uns stehen geblieben und wir bekamen viele Eindrücke über
unser Pilgerland. Um 13:00 Uhr fuhren wir mit dem Pesa-Net-Bus weiter nach
Bayonne, wo wir um 16:00 Uhr am Hauptbahnhof eintrafen. Es war eine sehr schöne
Busfahrt, besonders die letzten Kilometer wo wir Sicht auf das Meer hatten. Im
Bus hatten wir doch noch eine Peregrino kennen gelernt, welche wie wir das
gleiche Ziel hatte und französisch sprach. Da wir uns hier schon in Frankreich
befanden, war sie uns von großem Nutzen. Sie erkundigte sich in der
Touristeninformation, was für uns die schnellste Möglichkeit wäre, unser Ziel
zu erreichen. Man sagte ihr, der Zug um 18:00 Uhr. Im Bahnhof erstanden wir für
8,80 Euro unser Ticket und hatten noch fast zwei Stunden Wartezeit. Kurz vor
dem Bahnhof waren wir an der sehr alten Kathedrale vorbei gefahren. Es war noch
genügend Zeit, diese zu besichtigen. Ich schlug dies Helga vor. Ich mache dir
einen anderen Vorschlag, war ihre Antwort. »Ich kann noch zehn Wochen den
schweren Rucksack auf meinem Rücken tragen. Ich bleibe hier und passe auf
unsere Rucksäcke und Pilgertaschen auf und du besichtigst deine Kathedrale.«
Gesagt, getan. Es hatte sich gelohnt. Der Weg führte mich über mehrere
interessante Fußgängerzonen zur Kathedrale. Ich konnte mir alles in Ruhe
ansehen. Pünktlich fuhr unser Zug ab und wir waren um 19:40 Uhr in
Saint-Jean-Pied-de-Port. Dieses kleine und sehr alte Städtchen, welches auf
einer Höhe von 165 m liegt und nur 1500 Einwohner zählt, ist mit einer sehr
alten Stadtmauer umgeben und ist Hauptstadt der Region
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher