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Wind der Traumzeit (German Edition)

Wind der Traumzeit (German Edition)

Titel: Wind der Traumzeit (German Edition)
Autoren: Christin Busch
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abgehauen!« Er holte tief Luft und sah Nora fest ins Gesicht. »Ich will hier nicht mehr bleiben, wenn dein Typ hier ein und aus geht! Ich will zu Papa ziehen. Und das ist mein Ernst.«
    Nora traten Tränen in die Augen. Das konnte doch einfach nicht wahr sein. Immer wenn sie wieder an ein Glück mit Tom glaubte, drohte ihr bisheriges Leben auseinander zu brechen. Jetzt war ihre Ehe gescheitert, die Trennung von Max vollzogen und die Scheidung nur mehr eine Formsache, da stand sie plötzlich vor der Gefahr, ihre Kinder doch noch zu verlieren. Sie wandte den Blick ab und senkte den Kopf. Kalte Angst stieg in ihr auf. Die Vorstellung, auch nur eines ihrer drei Kinder nicht mehr bei sich zu haben, ließ sie innerlich verzweifeln. Lang aufgeschossen stand ihr ältestes Kind vor ihr. Trotzig hielt Niklas die Lippen zusammengepresst. Ein leichtes Beben um den Mund verriet noch kindliche Anspannung, doch die Entschlossenheit in seinem Blick ließ bereits den jungen Erwachsenen erkennen, der er in absehbarer Zeit sein würde. Unter der ersten Sonnenbräune des Frühjahrs schimmerten schon einige Sommersprossen auf dem Nasenrücken und den Wangenknochen, und plötzlich erinnerte sich Nora an sein Gesicht mit eben diesen Sommersprossen und einer riesigen Zahnlücke am Tag seiner Einschulung. Jetzt besuchte er schon das Gymnasium, und seine Haare waren mit Gel gestylt … Mühsam riss sie sich zusammen und stand auf. Sie hatte erkannt, dass es keinen Zweck mehr hatte, heute auf ein vernünftiges Gespräch mit Niklas zu hoffen. Wortlos legte sie den CD-Spieler auf sein Bett und verließ das Zimmer.
    Als sie die Treppe nach unten ging, ertönte der Türgong. Kuno flitzte bellend aus der Küche herbei. Nora hielt ihn am Halsband fest und öffnete die Tür. Tom lächelte ihr entgegen und gab ihr einen Kuss. Der Hund wedelte kurz und lief dann an ihm vorbei in den Garten.
    Tom zwinkerte ihr zu. »Siehst du, er liebt mich schon. Ich erkenne es daran, dass er mich nicht mehr fressen will. Das ist ein gutes Zeichen.«
    Nora zwang sich zu einem Lächeln und zog ihn an der Hand mit sich ins Wohnzimmer, wo sie Sophie aus dem Laufstall hob und zärtlich an sich drückte. Sie spürte auf einmal schmerzlich, wie kurz die Zeit war, in der einem ein Kind ganz allein »gehörte« und in der man bedingungslos geliebt wurde, einfach weil man Mutter war. Ihre Lippen strichen über das Köpfchen und berührten das weiche Haar. Was würde Sophie ihr wohl in elf Jahren vorwerfen? Sie versuchte sich zusammenzureißen und ging scheinbar geschäftig mit der Kleinen hin und her, um hier und da etwas aufzuheben oder wegzulegen. Tom ließ sie in Ruhe. Er hatte ihre Anspannung wahrgenommen und wollte sie nicht drängen. Er war hinter sie getreten und schäkerte mit Sophie. Als sie ihn anlächelte, streckte er die Arme aus.
    »Gibst du sie mir, Nora?«
    Nora sah verwirrt aus. Als sie seine Geste bemerkte, reichte sie ihm die Kleine und machte sich an der Wickeltasche zu schaffen. Entnervt schaute sie an die Decke, als von oben laute Musikertönte und die Bässe hämmerten. Tom war ihrem Blick gefolgt – und wusste plötzlich Bescheid.
    Nora schüttelte den Kopf und sah ihn an. »Hast du Lust, mit uns beiden einen Spaziergang zu machen?«
    Tom nickte und hob seine Tochter bis unter die Zimmerdecke. »Nichts würde ich lieber tun, als mit den Damen meines Herzens auszugehen.« Er grinste und wurde dann ernst. »Was ist mit Marie? Will sie vielleicht mitkommen?«
    Nora nahm Sophies Anorak von der Garderobe und zog das Mützchen aus dem Ärmel. »Nein, sie ist bei ihrer Freundin. Die Eltern haben einen Bauernhof mit Pferden. Ich darf sie dort immer erst so spät wie irgend möglich abholen, sonst ist sie sauer.« Tom lachte. »Na, dann kommt, ihr beiden.«
    Einige Zeit später schob Tom die Sportkarre, während Nora den Hund an der Leine führte. Sie atmete tief durch. Es war einer der ersten wärmeren Frühlingstage. Der Himmel leuchtete trotz des fortgeschrittenen Nachmittags immer noch strahlend blau, und das erste zaghafte Grün kündigte das Frühjahr an. Nora ließ den Blick über die Alster wandern und merkte, wie die Anspannung etwas nachließ. Tom sah sie von der Seite an und nahm ihre freie Hand. »Du hattest wieder Ärger mit Niklas, was?«
    Sie schloss kurz die Augen und nickte. »Ja, und dieses Mal war es schlimmer als je zuvor.« Sie musste schlucken, weil sie fühlte, dass sie kurz davor war, vor Tom die Fassung zu verlieren. Zu sehr hatte sie
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