Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Will Trent 02 - Entsetzen

Will Trent 02 - Entsetzen

Titel: Will Trent 02 - Entsetzen
Autoren: Karin Slaughter
Vom Netzwerk:
Und tatsächlich hätte Will, wenn er das Konto nicht gefunden hätte, anhand ihres Lebensstils angenommen, dass sie sauber war. Sie hatte eine kleine Hypothek, bescheidene Ersparnisse und einen sechs Jahre alten Mercedes, den sie gebraucht gekauft hatte.
    Es musste teuer gewesen sein, das Kind der Tochter aufzuziehen. Arztrechnungen, Ausflüge, Schulbücher. Jeremy war bestimmt nicht versichert gewesen. Will bezweifelte, ob die Versicherungspolice für die fünfzehnjährige Faith auch die Geburt eines Kindes abdeckte. Vielleicht war das Geld dafür ausgegeben worden. Vielleicht hatte Evelyn Mitchell sich gedacht, dass es nicht falsch sein konnte, das Geld von Drogendealern für die eigene Familie herzunehmen.
    Es gab natürlich auch den Steueraspekt, aber Will arbeitete nicht fürs Finanzamt. Er arbeitete für das GBI, und es war seine Aufgabe, die Beweislage den Anwälten zu präsentieren und sie entscheiden zu lassen, wie sie in dem Fall verfahren würden. Will war leicht überrascht gewesen, als er hörte, dass man Evelyn zum vorzeitigen Ruhestand gezwungen hatte, anstatt sie anzuklagen. Er war lange genug dabei, um zu wissen, dass man, je weiter man oben war, immer weniger Gefahr lief, verurteilt zu werden, aber das Bankkonto war praktisch ein Elfmeter gewesen. Jetzt wusste er, warum die Frau davongekommen war und ihre Pension behalten durfte. Amanda musste einige ziemlich lange Fäden gezogen haben, um ihre Fast-Schwägerin vor dem Gefängnis zu bewahren.
    Die Haustür knallte. »Willy?«
    Einen Augenblick lang sagte Will gar nichts, spürte nur, wie der Schmerz seiner Einsamkeit einen Riss bekam. »Ich bin hier drin.«
    Angie kniff die Augen zusammen, als sie ihn im Bett liegen sah. »Du schaust dir doch keine Pornos an, oder?«
    Er dachte an Evan Bernards Sexfilme und wusste, dass er in den nächsten Stunden an Pornos nicht einmal denken konnte. »Wo warst du?«
    »Ich habe Leo Donnelly im Krankenhaus besucht.«
    »Du hasst ihn doch.«
    »Er ist Polizist. Und Polizisten besuchen Polizisten, wenn sie im Krankenhaus sind.«
    Will würde diesen Code nie verstehen, diese Geheimsprache, die man mit der Uniform anlegte.
    Angie sagte: »Ich habe gehört, ihr habt euren Kerl geschnappt.«
    »Hast du auch gehört, dass ein Gefangener in meinem Gewahrsam sich umbrachte?«
    »Das war nicht deine Schuld.« Die automatische Freisprechungsfloskel aller Polizisten.
    »Er war einer von uns«, sagte Will zu ihr, weil er Warren Griers Namen nicht aussprechen, ihn nicht wieder zu einem lebenden Menschen machen wollte. »Er hat sein ganzes Leben in Pflegeheimen verbracht. Mit achtzehn Jahren ging er dann endlich weg. Er war völlig allein.«
    Angies Blick wurde weicher. »Warst du bei ihm, als er starb?«
    Will nickte. Er musste glauben, dass er für Warren dagewesen war, auch bei dessen letztem Atemzug.
    Sie sagte: »Dann war er doch nicht allein, oder?«
    Will drehte sich auf die Seite, damit er sie anschauen konnte. Sie trug Shorts und eine weiße Bluse, die so dünn war, dass man den schwarzen BH darunter sehen konnte. Leo Donnelly hatte das sicher sehr gefallen. Wahrscheinlich erzählte er jetzt im Augenblick dem ganzen Bereitschaftssaal davon.
    Will sagte: »Ich weiß, dass du weißt, dass du nicht schwanger bist.«
    »Ich weiß, dass du es weißt.«
    Viel mehr konnte er zu diesem Thema nicht sagen. Sie fragte: »Willst du ein Sandwich?«
    »Du hast die Mayonnaise schlecht werden lassen.«
    Sie grinste hinterlistig. »Ich habe im Laden ein neues Glas gekauft.«
    Will musste das Grinsen erwidern. Es war, dachte er, das Netteste, was sie seit einer ganzen Weile für ihn getan hatte.
    Sie wandte sich zum Gehen, drehte sich aber noch einmal um. »Es freut mich, dass du deinen Fall gelöst hast, Will. Kein anderer hätte dieses Mädchen lebendig zurückgeholt.«
    »Da bin ich mir nicht so sicher«, erwiderte er. »Du weißt, dass solche Sachen sehr oft Zufall sind.«
    »Na, sag das auch deinem Arschloch von Lehrer.«
    Evan Bernard. War die bevorstehende Strafverfolgung des Leselehrers ein Resultat des Zufalls, oder lag das alles an Wills Scharfblick? Letztendlich hätte jeder, der diese Ermittlung leitete, alle CDs in Warrens Büro kontrolliert. Evan Bernard mochte dann schon über alle Berge sein, aber wenigstens hätten sie die Beweise gefunden.
    Sie sagte: »Wenn's dir gut geht, können wir ja vielleicht den Couchtisch noch einmal abschleifen.«
    »Vielleicht den Sessel. Mir tun die Knie weh.«
    »Ich habe nicht vor, einen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher