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Wild wie das Meer (German Edition)

Wild wie das Meer (German Edition)

Titel: Wild wie das Meer (German Edition)
Autoren: Brenda Joyce
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wahrnahm.
    „Drei-, vier-, vielleicht fünfhundert Mann, man kann das noch nicht abschätzen.“
    Devlins Augen verengten sich. Woher kannte er den Mann, der dort drüben in einem Hauseingang kauerte? Und plötzlich fiel ihm ein, dass es der Sklave sein musste, den er während des nächtlichen Besuchs in Sweet Briar kurz zu Gesicht bekommen hatte. Der Mann hatte zusammen mit einer schwarzen Sklavin hinter Virginia in der Eingangsdiele in Sweet Briar gestanden. Rasch überquerte Devlin die Straße, wobei er achtgab, nicht auf die Leiber der Toten und Verwundeten zu treten. „Du da, warte!“
    Doch der Schwarze lief davon.
    „Verdammt, halt! Stehen bleiben, oder ich schieße!“, brüllte er, obwohl er seine Pistole gar nicht gezogen hatte.
    Der Mann erstarrte und hielt die Hände hoch.
    Devlin eilte zu ihm. „Dreh dich um. Ich werde dir nichts tun“, sprach er. Der Mann gehorchte. „Du kommst von Sweet Briar.“
    Der Sklave nickte und sah Devlin ängstlich an. „Und Sie sind Miss Virginias Mann, der Captain“, entgegnete er mit leiser Stimme.
    Devlin nickte, und mit einem Mal stieg eine düstere Vorahnung in ihm hoch. „Sie ist in Sicherheit, nicht wahr? Sie hat doch auf mich gehört und ist auf der Plantage geblieben?“
    Die Augen des Mannes füllten sich mit Tränen. „Nein, Sir!“, rief er. „Sie ist in die Stadt gefahren, um einen Arzt aufzusuchen, da sie sich nicht gut fühlte. Und dann begann der Kampf, und jetzt weiß ich nicht, wo sie ist!“
    Devlin glaubte, den Boden unter den Füßen zu verlieren. Zum ersten Mal in seinem Leben verspürte er wahres Entsetzen und Angst.
    „Sie ist hier!“, schrie er. „Meine Frau ist hier, in dieser Stadt? Jetzt?“ Seine Stimme überschlug sich.
    Der Sklave nickte hastig.
    „Wo ist sie?“, keuchte er, von einer furchtbaren Panik gepackt. War sie verwundet worden? Hatte man ihr gar Gewalt angetan? Lebte sie überhaupt noch? „Wo hast du sie zuletzt gesehen?“ Erst jetzt merkte er, dass er den Mann schüttelte.
    „Ich zeige es Ihnen, Sir“, rief der Schwarze.
    Seite an Seite liefen sie durch die brennende Stadt. Es kam Devlin wie Stunden vor, bis sie vor einem Geschäft haltmachten, dessen Schaufenster zerschlagen war. Sämtliche Auslagen waren den Plünderern zum Opfer gefallen. „Sie wollten einen Spaziergang machen und dann zum Arzt gehen“, schluchzte Frank.
    Eine eisige Kälte erfasste Devlin, und schließlich schaute er sich langsam um, die Hand am Knauf des Säbels.
    Auch hier lagen Tote auf der Straße. Einige Läden und Wohnhäuser standen in Flammen. Inzwischen war es dunkel geworden. Sterne standen am Himmel, und der Vollmond ging auf. Devlin fühlte sich hilflos.
    Wenn sie tot ist, so will auch ich sterben, dachte er. Und er würde diejenigen töten, die für ihren Tod verantwortlich waren.
    Aber war er denn nicht der Verantwortliche?
    Wenn er nicht von dem Verlangen besessen wäre, an dem Earl of Eastleigh Vergeltung zu üben, wäre Virginia nun sicher in London und nicht inmitten dieser Hölle aus Tod und Verderben.
    „Hilf mir, sie zu finden“, sagte er zu Frank gewandt.
    „Ich glaube, jetzt ist es sicher“, wisperte Virginia. Sie und Tillie hatten sich den ganzen Tag über auf dem Dachboden eines Hauses versteckt. Von einem kleinen runden Fenster aus hatten sie die Zerstörung, das Morden und das Brandschatzen mit ansehen müssen. Unaussprechliche Gräuel hatten sich in Virginias Gedächtnis eingebrannt, Kriegsverbrechen, die womöglich ungesühnt blieben. Die Soldaten waren auch in das Haus eingedrungen, in dem Virginia und Tillie sich versteckt hielten, doch die Männer hatten sich nicht die Mühe gemacht, bis hinauf auf den Dachboden zu steigen. Wie durch ein Wunder war das Gebäude von den Flammen verschont geblieben, während die umstehenden Häuser brannten.
    Virginia zitterte am ganzen Leib, ebenso die verschreckte Tillie. Stumm und von namenloser Furcht gelähmt, hockten die beiden Frauen auf dem Boden. Wieder kehrten Virginias Gedanken zu Devlin zurück. Mochte er auch rücksichtslos sein, doch einer Sache war sie sich sicher: Nie würde er gutheißen, was an diesem Tag an Gräueltaten begangen worden war.
    Sie sah Tillie an. Ihr langes, lockiges Haar hing ihr wirr um die Schultern. Blut klebte an ihrem Umhang, ihr Kleid war gerissen und verschmutzt, und in ihren Augen spiegelte sich die nackte Angst. Virginia ahnte, dass sie genauso verängstigt und verwahrlost aussah wie ihre Freundin. „Sollen wir es wagen?“, fragte
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