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Wild wie das Meer (German Edition)

Wild wie das Meer (German Edition)

Titel: Wild wie das Meer (German Edition)
Autoren: Brenda Joyce
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packte sie beim Arm.
    Virginia warf einen letzten Blick auf den Küstenstreifen, doch zu ihrer Verblüffung waren immer noch keine Milizmänner zu sehen, die sich den Engländern entgegenstellten. Hunderte von Rotröcken stürmten jetzt über den sandigen Boden und würden bald die Stadt erreichen. Sie wandte sich ab und begann am ganzen Leib zu zittern. „Wir müssen fliehen“, sagte sie mit heiserer Stimme.
    Hand in Hand und mit gerafften Röcken liefen sie die Häuserzeile entlang und bogen um die erste Ecke. Doch schon im nächsten Augenblick blieben sie wie angewurzelt stehen.
    Am anderen Ende der Straße tauchten zahllose englische Soldaten mit aufgepflanzten Bajonetten auf, dahinter auch berittene Offiziere. Schüsse hallten von den Häusern wider. Die Bürgerwehr, die sich nun in einer notdürftig errichteten Straßensperre formierte, bestand nur aus wenigen Männern. Starr vor Angst musste Virginia mit ansehen, wie ein Amerikaner nach dem anderen den Säbeln und den Bajonetten der Briten zum Opfer fiel. Noch nie hatte Virginia so viel Blut und Verderben gesehen. Sie rang nach Luft, umfasste ihren Bauch und spürte, wie ihr heiße Tränen über die Wangen liefen.
    Devlin hatte dies mit angeordnet!
    Virginia sank auf die Knie und erbrach sich.
    Tillie stützte sie und wisperte eindringlich: „Wir müssen hier weg! Die Soldaten kommen!“
    Virginias Herz hämmerte in ihrer Brust. Sie machten kehrt und flohen wieder in die Richtung, aus der sie gekommen waren. Nach wie vor stützte Virginia sich bei Tillie ab, und als sie um eine Häuserecke gebogen waren, schauten sie einander mit weit aufgerissenen Augen an. „Sie müssen einen zweiten Angriff vom Land aus geplant haben“, wisperte Virginia mit bebenden Lippen.
    „Wie sollen wir jetzt hier herauskommen? Wir können doch Frank nicht zurücklassen!“, rief Tillie.
    Virginia wusste nicht, wie sie lebend aus der Stadt herauskommen sollten. „Komm“, flüsterte sie. Sie durften nicht länger unmittelbar bei dem Kampfgeschehen verharren. Als sie die Straße weiter hinunterliefen, explodierte ein Gebäude hinter ihnen und ging im selben Moment in Flammen auf. Rasch eilten sie in eine andere Seitenstraße und suchten Schutz an einer aus Ziegeln gemauerten Wand. Auch hier feuerten die Engländer ihre Musketen auf eine Handvoll Milizsoldaten ab und trieben die wenigen Überlebenden mit Säbelhieben zurück. Binnen Augenblicken war kein Amerikaner mehr am Leben, und die Straße färbte sich blutrot.
    Virginia spürte bittere Galle in sich hochsteigen.
    Tillie schluchzte leise neben ihr.
    Die Rotröcke hatten Virginia und Tillie nicht bemerkt, die sich in einem dunklen Hauseingang versteckt hatten. Schon gaben die berittenen Offiziere den Fußtruppen den Befehl, sich neu aufzustellen. Das Schicksal der Stadt war besiegelt: Es war nur eine Frage der Zeit, bis Hampton fiel. Wie, in Gottes Namen, sollten sie jetzt noch entkommen? Würden sie überhaupt am Leben bleiben?
    „Sieh nur“, schluchzte Tillie und stieß Virginia mit dem Ellbogen an.
    Virginia folgte Tillies Blick und erstarrte vor Angst, als sie einen berittenen Offizier gewahrte, der den blauen Rock der Kriegsmarine trug.
    „Dort hinten!“, rief der Offizier.
    Virginia drehte ruckartig den Kopf und sah einen Mann, der aus einem Stall hervortrat. Sie erkannte ihn sofort – es war der Schmied der Stadt, John Arnes, der nun sein Jagdgewehr anlegte. Doch noch ehe er den Abzug betätigen konnte, wurde er von einem Kugelhagel getroffen und sackte tot zu Boden.
    Eine Frau kam schreiend aus dem Stall gelaufen, und Virginia rief ihr zu: „Nein, Martha!“ Aber es war zu spät. Martha warf sich auf den leblosen Körper ihres Mannes, und Virginia sah, wie ein britischer Soldat mit der Muskete auf sie zielte. Der Schuss löste sich, und die Kugel traf die Frau. Virginia war wie gelähmt angesichts dieses kaltblütigen Mordes.
    Tillie hatte Virginias Hand ergriffen. „Sie ermorden unschuldige Leute“, rief sie mit entsetzter Stimme. „Wir müssen fliehen.“
    Virginia drehte sich um und verspürte einen Stich in ihrem Herzen, während sie nach dem Marineoffizier Ausschau hielt. Als sie ihn erblickte, entfuhr ihr ein Schrei.
    „Was ist?“, rief Tillie voller Angst.
    Dort drüben auf dem Pferd saß Thomas Hughes.
    Ungläubig starrte Virginia ihn an, während er sein Pferd durch die Toten und Verwundeten lenkte. Ein Schauer lief ihr über den Rücken.
    Was machte ihr Cousin dort? Soweit sie Bescheid wusste,
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