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Wiedersehen in Harry's Bar

Wiedersehen in Harry's Bar

Titel: Wiedersehen in Harry's Bar
Autoren: Joe Schreiber
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ziemlich alles oder nichts hätte behaupten können. Sie war sehr zurückhaltend und verbrachte zu viel Zeit alleine, aber ich fand nie den richtigen Moment, sie darauf anzusprechen.
    Zwei Wochen nach unserer Rückkehr nach New York kam mein koreanischer Freund Chow in den Weihnachtsferien aus Berkeley nach Hause. Einmal kam er abends zu Pizza und Eierlikör vorbei. Natürlich hatte er alles darüber gelesen, was mir und Gobi in Europa passiert war, und konnte es kaum erwarten, mehr von mir zu erfahren. Seitwir wieder im Land waren, wurde in den Nachrichten, im Internet und auch sonst überall darüber berichtet.
    Es war schön, ihn wiederzusehen, und wir blieben die ganze Nacht wach und quatschten am Kamin. Er erzählte mir, dass er seit seiner Rückkehr wieder mit seiner alten Flamme zusammen sei, »auf temporärer Basis«, was meiner Meinung nach nicht mehr bedeutete, als dass sie wieder miteinander schliefen, bis im Januar jeder wieder an seinen eigenen Studienort zurückkehrte.
    »Und wie läuft’s bei dir so, Alter?«, fragte er und schaute den Weihnachtsbaum an. »Wieder mal Weihnachten zu Hause, bei Kerzenlicht und dicken Kugeln?«
    Nach allem, was geschehen war, war diese Frage ein ziemlicher Klopper, aber ich musste trotzdem darüber lachen. Es tat mir gut.
    Ich hatte schon eine ganze Weile befürchtet, ich wüsste nicht mehr, wie man lacht.
    *
    Zwei Tage vor Weihnachten kam Dad nach Hause.
    Er rief vom Flugplatz aus an und tauchte am Abend mit ausgewachsenem Vollbart und einer Tasche voller Geschenke vor der Haustür auf. Wie der Weihnachtsmann höchstpersönlich, nur ohne das brummige Lachen. Es ging alles sehr höflich und zivilisiert ab. Und total unpassend. Mom blieb auf ihrer Seite der Couch, er auf seiner. Als das schrägste Gespräch aller Zeiten vorbei war, verabschiedete er sich, umarmte mich und Annie und fuhr wieder ins Hotel.
    Ich wollte ihm hinterherrufen: »Dad, warte.«
    Ich wollte ihn fragen, was denn nun wirklich mit Paulagewesen war. Ich wollte seine Version der Geschichte hören. Es musste doch einen Grund für sein Verhalten geben, oder?
    Irgendwann möchte ich ihn erfahren.
    *
    »Kommst du runter?«, rief Mom. »Deine Schwester macht heißen Kakao und will sich nachher Buddy – Der Weihnachtself anschauen.«
    Ich saß gerade am Computer. »Vielleicht später.« Es war Weihnachtsabend und trotz vereinzelter Schneegestöber und obwohl Death Cab for Cutie im Radio gerade ihre Version von »Baby Please Come Home« spielten, wollte keine festliche Stimmung bei mir aufkommen.
    Ich saß vor der Online-Bewerbung für den kommenden Herbst an der Uni Los Angeles. Ich war halb fertig damit und hatte nicht mehr die Kraft, noch ein weiteres Empfehlungsschreiben ausfindig zu machen. Ich wusste, dass ich es trotzdem durchziehen musste. Es war höchste Zeit, die Zukunft in die Hand zu nehmen, sich auf ein Ziel dahinter zu konzentrieren und hindurchzuschlagen. Ich dachte mir, dass Kalifornien vielleicht weit genug weg war, um neu anzufangen.
    »Ach, beinahe hätte ich’s vergessen«, sagte Mom. »Das hier ist für dich gekommen.«
    Ich schaute auf den Umschlag, den sie auf meinen Schreibtisch legte. Kein Absender. Eine verschmierte Briefmarke klebte darauf. Sie sah nach Fidschi aus.
    Ich riss den Umschlag auf.
    Es war eine Weihnachtskarte aus dem Hotel Schöneweiß mit jeder Menge Männer und Frauen in Nikolauskostümendarauf, die versuchten, beim alljährlichen ClauWau-Wettbewerb in Zermatt an einem Holzpfahl hochzuklettern. Die Innenseite der Karte war leer – bis auf vier in Großbuchstaben gedruckte Zeilen ganz unten.
    NEUERÖFFNUNG UNSERES HOTELS AN NEUEM ORT.
    BIS JETZT NUR EIN GAST.
    SIE WÜRDE DICH GERN SEHEN, WENN DU
    DIE INSELN WIEDER MAL BESUCHST.
    Der Text war mit den Initialen ES unterschrieben.
    Ich legte die Karte in die Schreibtischschublade zu meinem Reisepass, machte die Schublade wieder zu und ging nach unten, wo es nach heißem Kakao roch, zu Annie und meiner Mom.

Danksagung
    Tausend Dank gebührt meiner Agentin Phyllis Westberg, die in all den Jahren zu mir stand, und Margaret Raymo, meiner unglaublichen Lektorin bei Houghton Mifflin. Bei Houghton möchte ich auch Betsy Groban, der Senior Vice-President und Verlegerin, sowie Rachel Wasdyke, der Werbeleiterin, danken, die beide von Anfang an nichts weniger als absolut wunderbar waren – außerdem wissen die Damen wirklich, wie man eine großartige Party schmeißt. Auf der anderen Seite des Großen Teichs danke ich der
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