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Wie die Tiere

Wie die Tiere

Titel: Wie die Tiere
Autoren: Wolf Haas
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dem Flakturm in sein Mikrophon gesagt: «Wir müssen den Hundemörder so schnell wie möglich zur Strecke bringen.»
    Aber eines ist mir bei dieser Sache wirklich aufgegangen. Ich möchte nicht sagen, das Ganze hat sich deshalb ausgezahlt, weil mir etwas aufgegangen ist, bestimmt nicht, da möchte ich nicht meine Philosophie so hoch bewerten, dass das ganze Blut in dem Sinn positiv vergossen wäre, aber trotzdem interessant. Das mit der Gleichzeitigkeit. Der Tierstadtrat hat ja nicht wissen können, dass gleichzeitig, während er im Augarten beschwichtigend auf die Hundebesitzer einredet, nur hundert Meter entfernt im
White Dog
ganz jemand anderer praktisch im selben Wortlaut sagt «Wir müssen den Hundemörder so schnell wie möglich zur Strecke bringen.»
    Also, das ist jetzt nicht für Kinder bestimmt, das ist erst ab achtzehn, da möchte ich pädagogisch nichts falsch machen. Das wäre jetzt der letzte Moment, wo man die Kinder ein bisschen wegschickt, geh spielen oder schau dir dein Gewaltvideo an. Weil sagen wir einmal so. Das
White Dog
war natürlich ein Lokal, über das sogar Erwachsene nur unter vorgehaltener Hand sprechen. Und der Chef vom
White Dog,
der Schmalzl, war ein Mensch mit einem wenig angesehenen Beruf, sagen wir einmal so: Ausbildung in Hamburg genossen. Aber das mit der Strecke hat er genau gleich formuliert wie der Tierstadtrat im Augarten, und was mir so daran gefällt: Es muss fast auf die Minute genau zur gleichen Zeit gewesen sein.
    Der Schmalzl ist hinter der Bar gestanden, praktisch Wirt, und der Brenner vor der Bar, praktisch Kunde, und der Schmalzl, praktisch Auftraggeber, sagt: «Wir müssen den Hundemörder zur Strecke bringen» zum Brenner, praktisch Detektiv. Und interessant: Neben den beiden, auf der Bar, ist ein weißer Hund gesessen, ganz still und lieb und friedlich, und sehr kunstvoll ausgestopft.
    Der zweite Hund dafür umso lebendiger, der ist zwischen den Tischen herumgestreunt, manchmal hat er kurz bei den Nackten auf der Bühne vorbeigeschaut, und immer, wenn das Handy in seinem Maul gesungen hat, ist er dahergestürmt und hat es dem Schmalzl gebracht.
    Aber interessant! Die beiden Männer auf der Bühne haben goldene Halskettchen getragen, und die beiden Frauen haben goldene Fußkettchen getragen. Und ob du es glaubst oder nicht, der Hund hat ein goldenes Halskettchen und vier goldene Fußkettchen getragen.
    «Ein Argentino», hat der Schmalzl gezwinkert, wie er bemerkt hat, dass der Brenner ihn bewundernd anschaut. «Zweikommafünfmal so starke Gebissmuskulatur wie ein Rottweiler.»
    «Und das Handy zerkaut er nicht?»
    «Das Handy beschützt er wie seinen Augapfel.»
    «Ein schöner Hund.»
    Da hat der Brenner wirklich Recht gehabt. Der Argentino war eine Pracht. Aber sonst natürlich muss ich schon ganz ehrlich zugeben, Hundekekse, ein besonders glänzender Fall ist das nicht für einen Detektiv. Mit so was kannst du in Detektivkreisen nicht berühmt werden. Andererseits hat der Brenner private Gründe gehabt, wo der Aufenthalt in Wien notwendig war. Und da ist ihm eben der Auftrag vom Schmalzl, so klein er auch war, wie gerufen gekommen. Zumindest am Anfang hat es ideal ausgeschaut, nachher natürlich Tränen, frage nicht, vielleicht dass es rein menschlich sogar so sein muss, wenn etwas am Anfang recht ideal ausschaut.
    Und am Anfang hat einfach alles gepasst. Im ersten Stock hat der Schmalzl zwei Privatzimmer gehabt, wo bis vor kurzem zwei Mädchen gewohnt haben, und jetzt eben ein Mädchen und der Brenner. Weil die Zoriza hat mit der Fremdenpolizei Probleme gekriegt, zuerst hat es geheißen Ausweisung, dann hat es wieder geheißen, der Chef von der Fremdenpolizei heiratet sie, weil das ist ganz eine Nette gewesen, dann hat es wieder geheißen, sie ist noch zu minderjährig für Ehe, jedenfalls war das Zimmer für den Brenner frei, im ersten Stock, direkt über der Pilotenkanzel.
    Weil da hat sich einmal ein Architekt wirklich was einfallen lassen, und einen langen, nutzlosen Gang hinter dem
White Dog
haben sie detailgenau zu einem Flugzeug umgebaut, Sitze, Sauerstoff, und dann kommen die Flugbegleiterinnen und alles.
    Das hat der Brenner schon alles gekannt, wie er sich mit dem Schmalzl an der Bar unterhalten hat, weil der Schmalzl absolut korrekt, hat dem noch vor dem ersten Gespräch alles gezeigt, das Flugzeug, das Schaumstofflabyrinth, das Aquarium, Besitzerstolz natürlich auch dabei. Aber zum Reden sind sie eben wieder vor in den Barteil, wo es nicht so stark
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