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Wie die Menschheit zur Sprache fand

Titel: Wie die Menschheit zur Sprache fand
Autoren: Dean Falk
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Chancen auf Nachwuchs. Es würde den älteren Herrn jedoch vermutlich ein wenig vor den Kopf stoßen, wollte man ihm klarmachen, dass der Grund für seine Wahl damit zu tun hat, dass seine männlichen Vorfahren fruchtbare Weibchen bevorzugten und daher entsprechend selektiert wurden. Nur zu oft schreiben Primatologen und Anthropologen über Tiere (Menschen und andere), als trachteten diese bewusst danach, ihre Reproduktionschancen zu maximieren, doch dieser Impuls findet so gut wie immer im Unbewussten statt.
    Da Menschen Primaten sind, stehen mit Klein- und Menschenaffen exzellente Studienmodelle für die Erforschung menschlicher Verhaltensweisen in Vergangenheit und Gegenwart zur Verfügung. Wie bei vielen Tieren unterscheiden sich auch bei den Primaten Weibchen und Männchen hinsichtlich ihrer reproduktiven Strategien. Da Männchen nicht schwanger werden, daher keine Zeit und Energie investieren müssen, um Junge auszutragen und zur Welt zu bringen, ist bei ihnen der Zahl an potenziellen Nachkommen keine Grenze gesetzt, und es liegt in ihrem evolutionären Interesse, so viele Weibchen wie irgend möglich zu schwängern. Je nach Art gehören zu den Verhaltensweisen, die die Paarungschancen eines Männchens erhöhen, das Umwerben und Verteidigen von Weibchen, Hilfe beim Tragen und Füttern der Jungen und das Anstreben eines hohen Rangs innerhalb der männlichen Hierarchie.
    Bei einigen Primaten wie Gorillas, Brüllaffen und manchen Pavianarten, lebt ein Männchen in der Regel mit vielen erwachsenen
Weibchen zusammen, die seinen sogenannten Harem bilden. In solchen Gruppen mit nur einem Männchen liefern sich die Haremschefs häufig Kämpfe mit Einzelgängern, die versuchen, sie aus ihren Gruppen zu verdrängen. Erwachsene männliche Tiere sind in diesen Konstellationen sehr viel größer als die Weibchen und verfügen über größere Zähne, eine anatomische Bewaffnung, die sich im Zusammenhang mit der männlichen Reproduktionsstrategie - direkte Auseinandersetzung zwischen einzelnen Männchen - entwickelt hat. Eine weitere männliche Reproduktionsstrategie ist die Kindstötung, sobald ein Männchen die Gruppe eines anderen übernommen hat: Das eindringende Männchen tötet die noch säugenden Jungen, sodass es bei den Weibchen wieder zum Eisprung kommt und sie alsbald sexuelles Interesse zeigen. Das eingedrungene Männchen kann dann die Weibchen der Gruppe begatten und damit seine eigene reproduktive Fitness auf Kosten des vorhergehenden Gruppenchefs erhöhen.
    Andere Primaten - darunter Schimpansen und Spinnenaffen - leben in Gruppen mit vielen Männchen und vielen Weibchen. Auch in diesen Gruppen sind die Männchen ein bisschen größer als die Weibchen, aber die Unterschiede sind längst nicht so groß wie in Harems unter der Kontrolle eines einzelnen Männchens. Empfängnisbereite Weibchen paaren sich in diesen Gruppen mit mehreren Partnern. Zwar kämpfen hier die Männchen nicht so verbissen um die Weibchen, wie dies bei Gruppen mit nur einem männlichen Tier der Fall ist, doch sie haben größere Hoden, was, wie man annimmt, im Dienste des Wettstreits von Spermien potenzieller Väter nach der Paarung steht - man bezeichnet dies als »Spermienkonkurrenz«.
    Die Reproduktionsstrategien monogamer Männchen wie der Gibbons hingegen unterscheiden sich ebenfalls von denen in Harems mit nur einem Männchen, die sich ständigen direkten Kämpfen ausgesetzt sehen. Bei diesen Arten sind Körper und Zähne beider Geschlechter annähernd gleich groß, und die
Männchen konkurrieren in Form eines lautstarken »Sänger«-Wettstreits miteinander.
    Da Weibchen nur eine beschränkte Anzahl von Geburten leisten können, ist es in ihrem Interesse, Nachwuchs zu empfangen, der gesund genug ist, um es bis ins Erwachsenenalter zu schaffen und sich selbst fortzupflanzen. Weibchen wählen daher Partner, die von ihrer Erscheinung her darauf schließen lassen, dass ihre Gene gut sind, eine weitere unbewusste Reproduktionsstrategie, die man als »Weibchenwahl« bezeichnet. Ein empfängnisbereites Primatenweibchen zieht hochrangige Männchen, große Männchen oder solche mit einem beeindruckenden Fellkleid vor. Auch paart es sich unter Umständen bevorzugt mit Männchen, die ihre Nahrung mit ihnen teilen, es verteidigen oder mit seinen Jungen spielen. Bei solchen
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