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Whisper Island (01) - Sturmwarnung

Whisper Island (01) - Sturmwarnung

Titel: Whisper Island (01) - Sturmwarnung
Autoren: Elizabeth George
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stand, und stieg danach wieder sanft an. Es war eher ein Dorf als eine Stadt und lag auf einer Klippe, die hoch über den schäumenden Wellen aufragte. Becca schob ihr Rad an der Böschung entlang und steuerte auf eine Art Geschäftsstraße zu.
    Sie stellte schnell fest, dass das Einkaufsviertel in Langley nur aus zwei Straßen bestand. Sie beschloss, die erste entlangzufahren, aus dem einfachen Grund, weil sie hügelabwärts verlief und sie sich auf ihr kaputtes Rad setzen und es rollen lassen konnte. Sie hatte keine Ahnung, was sie eigentlich suchte. Sie wusste nur, dass sie irgendwo etwas zu essen auftreiben musste.
    Und sie hatte Glück. Nach kurzer Fahrt sah sie zu ihrer Rechten einen Parkplatz. Der war zwar nicht sehr groß, aber in diesem Dorf war eigentlich alles eher klein. Und auf einer Seite des Parkplatzes stand ein weißes Gebäude mit der Aufschrift Star Store in leuchtenden roten Neonbuchstaben über einer Flügeltür aus Glas. In dem Gebäude brannte Licht, und Becca konnte erkennen, dass es sich um einen Supermarkt handelte.
    Sie schob ihr Rad bis zur Eingangstür. Zuerst wollte sie zur Sicherheit die Satteltaschen abnehmen, bevor sie das Geschäft betrat, aber es war weit und breit kein Mensch zu sehen, der sie hätte stehlen können, also ließ sie sie drauf. Das Gleiche galt für den Rucksack, den sie neben dem Rad abstellte.
    Obwohl der Star Store innen hell erleuchtet war, versuchte Becca vergeblich, die Tür zu öffnen. Ungehalten murmelte sie vor sich hin und rüttelte am Griff. Nichts läuft so, wie es laufen soll, dachte sie bei sich. Es wurde langsam Zeit, Laurel noch mal anzurufen.
    Becca drehte sich um und holte ihr Handy aus dem Rucksack, als ein kleines Wunder geschah. Hinter ihr öffnete sich die Supermarkttür und sie hörte jemanden sagen: »Hey. Tut mir leid, aber wir haben noch nicht geöffnet.«
    Becca wirbelte herum. In der Tür stand ein Jugendlicher. In der einen Hand hielt er einen Schrubber, und mit der anderen hielt er die Tür halb auf. Sie wusste es zwar noch nicht, aber das war Seth Darrow. Er war achtzehn Jahre alt und wirkte auf den ersten Blick wie jemand, den sich Eltern weder zum Sohn noch zum Schwiegersohn wünschten: ein Schulabbrecher und Jazzgitarrist. Er trug weite Jeans, ein langärmeliges schwarzes T-Shirt mit der Aufschrift Django Reinhardt Rocks und darüber ein offenes Flanellhemd, außerdem Ohr-Plugs, einen Filzhut, komische Sandalen mit dicker Sohle und rote Socken. Seine langen Haare waren zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden, und am Hals trug er einen engen Reif aus mundgeblasenen Glasperlen.
    »Wir machen erst in zwei Stunden auf, sorry«, sagte er. Dann lehnte er seinen Schrubber an die Wand und ging hinaus in die Kälte. Er schlenderte zum Abfallcontainer, warf die Mülltüte hinein und wischte sich die Hände an der Jeans ab.
    Becca starrte gebannt auf den Container. Ihre Gedanken wanderten rasch vom Star Store über die Lebensmittelabteilung und die Mülltüte zu dem, was wohl in der Mülltüte gewesen war. Doch der Junge schien zu ahnen, woran sie dachte, und sagte: »Vergiss es. Da ist absolut nichts drin, was dich auch nur entfernt interessieren könnte. Sonst würde ich den Müll nicht wegwerfen, sondern den Möwen geben. Glaub mir, mit dem Zeug, was da drin ist, kannst du nichts anfangen.« Er schlug mit der Hand auf den Müllcontainer, so wie andere Jungen stolz ihr Auto tätschelten.
    Er kam auf sie zu. Becca merkte sofort, dass er in Ordnung war, denn das Gefühl, das er verströmte, hüllte sie ein wie warmes, duftendes Badewasser. Er blieb vor ihrem Rad stehen und sah es sich an. Dann warf er ihr einen kurzen Blick zu und hockte sich davor, um es genauer zu inspizieren. Er schüttelte den Kopf und brachte die Kette wieder dort an, wo sie hingehörte. »Bist du weit damit gefahren?«, fragte er. »Das Ding sieht aus, als hätte es zehn Jahre im Nebel gestanden.«
    Diese Vermutung war beinahe zutreffend, denn wenn etwas ständig draußen stand und der salzigen Luft von San Diego ausgesetzt war, hatte das vermutlich die gleiche Wirkung, wie wenn es lange Zeit im Nebel stand.
    Becca sagte: »Ja. Ist ziemlich schlimm. Ich muss es reparieren lassen. Oder so.«
    »Auf jeden Fall. ›Oder so‹.« Dann stand er wieder auf und war ihr jetzt ganz nah. Und das veranlasste ihn zu seinem nächsten Kommentar: »Puh, du riechst wie ein Köter. Hast du in ’ner Hundehütte gepennt?«
    »So ungefähr«, antwortete Becca. »Eigentlich wollte ich hier
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