Wer ist die Coolste im ganzen Land

einfach so herausgerutscht. Sie musste es wissen.
    Sie hörte, wie Avalon tief ein- und ausatmete. Die Stille zwischen ihnen breitete sich immer weiter aus, bis Halley schließlich glaubte, keine Antwort mehr auf ihre Frage zu bekommen. Vielleicht war es Avalon mittlerweile egal.
    Doch dann zog sich Avalons Gesicht plötzlich ganz merkwürdig zusammen und Tränen strömten über ihre Wangen. Von Schluchzern geschüttelt, gab sie endlich nach.
    »Es tut mir so leid«, heulte sie. »Alles, was passiert ist. Es tut mir so, so, so leid.«
    Halley war fassungslos. Die Avalon, die sie seit jeher kannte, noch bevor sie laufen oder sich alleine anziehen konnte - bevor sie überhaupt gewusst hatte, was »beste
Freundinnen« bedeutete -, hätte sich niemals entschuldigt.
    »Tut es dir denn leid?«, fragte Avalon leise, aber ihre Stimme klang schon wieder etwas fester.
    Halley seufzte und ihre Augen füllten sich erneut mit Tränen. Sie wusste nicht, wo sie anfangen sollte.

Wenn wir untergehen, dann gemeinsam
    N ach einem Gewitter duftete die Welt für Avalon immer sauber und appetitlich - wie frisch gewaschene Bettwäsche. Die Sonne strahlte von einem wolkenlosen Himmel, der noch blauer wirkte als sonst; und die grasbedeckten Hügel der Schule waren so grün, dass der Campus leuchtete wie eine tropische Smaragdstadt.
    Aber dieser Montag wäre auch ohne das alles perfekt gewesen. Avalon und Halley waren wieder versöhnt. Pucci war gesund und munter. Sie waren wieder eine große glückliche Familie, bereit, es mit allem aufzunehmen, das sich ihnen in den Weg stellte.
    Nachdem Avalon der schrecklichen Vorstellung ins Auge geblickt hatte, Pucci nie wiederzusehen, hatte sie noch einmal darüber nachgedacht, was ihr wirklich wichtig war. Und als sie heute Morgen aufgewacht war, hatte sie gewusst: Es war völlig egal, dass sie und Halley nicht länger die Stylistas waren, dass sie am Wettbewerb nicht teilnehmen durften, dass ihr Busen das Gespött der Schule war und sogar, dass sie möglicherweise aus dem Cheerleader-Team fliegen würde. Wichtig war nur, dass sie ihre beste Freundin zurückhatte.
    Als Halley und Avalon Hand in Hand den gepflasterten Weg zu ihrer ersten Unterrichtsstunde entlanggingen, war Avalon davon überzeugt, dass von jetzt an alles möglich war. Sie konnte es in der Luft riechen.

    »Tolles Kettchen.« Avalon lächelte Halley an, deren wellige braune Haare noch mehr glänzten als sonst. Der BFFI - Anhänger glitzerte im Ausschnitt ihres violetten Stehkragen-Tops von BCBG. Halleys Outfit war das perfekte Gegenstück zu Avalons Jeansshort von 7 For All Mankind, dem rosa Shirt mit dem gerafften Einsatz und den Ballerinas von Juicy mit den Herzchen-Anhängern.
    »Gleichfalls.« Halley lächelte zurück.
    Avalon war fest entschlossen, die letzten von Streit und Verrat geprägten Wochen nicht als vergeudete Zeit zu betrachten. Sie und Halley würden sich allen Herausforderungen stellen und nichts mehr zwischen sich kommen lassen. Und wenn Brianna erst einmal von ihrer neuen Philosophie gehörte hatte, würde ihr genau wie Halley klar werden, dass sie Avalon brauchte.
    »Hey!« Halley drückte plötzlich Avalons Hand. »Was ist denn dahinten los?«
    Avalon blickte zu der Reihe von Bungalows am Ende des Wegs hinüber, hinter denen in der Ferne die Klippen steil zum Meer abfielen. Als sie sich ihrer Journalistik-Klasse näherten, sahen sie, dass die Schüler, die sonst gemütlich auf dem Rasen abhingen, bis der Unterricht anfing, sich in zwei Gruppen aufgeteilt hatten. Avalon sah, dass einige von ihnen Schilder hochhielten und alle identische T-Shirts anhatten. Was war das? Ein Streik? Vielleicht hatte sich schon herumgesprochen, dass sie vom Wettbewerb disqualifiziert waren. Vielleicht wollten sie sie wiederhaben?
    »Ohmeingott, das gibt’s doch nicht«, flüsterte Halley, während sie sich langsam näherten.
    Auf der linken Seite des Wegs standen das Cheerleader-Team und ein Dutzend anderer Schüler, die alle Raglan-Shirts
mit rosa Ärmeln trugen. Sie hielten Schilder in die Höhe, auf denen verschiedene Parolen standen: »TEAM AVALON«, »WIR BRÜSTEN UNS MIT AVALON« und »TEAM AVALON: WIR UNTERSTÜTZEN UNSER MÄDCHEN«.
    Brianna stand vorne und brüllte den Anfeuerungsruf: »Ja, sie hat’nen Superbusen: Avalon ist echt zum Knutschen!« Die rosa angezogene Menge wiederholte den Spruch in perfekter Einstimmigkeit und versuchte so, die Gruppe zu übertönen, die ihr gegenüberstand.
    Halleys Anhänger waren nicht