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Wenn moeglich bitte wenden - Abenteuer eines Autofahrers

Titel: Wenn moeglich bitte wenden - Abenteuer eines Autofahrers
Autoren: Lutz Schumacher
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auch ohne Audiokommentar unübersehbar. Haralds Hände waren vom Ins-Lenkrad-Krampfen inzwischen blutleer.
    Und am Straßenrand tauchten die gelben Schilder einer weiteren Markentankstelle auf.
    Der Wagen rollte bis vor die erste Zapfsäule und blieb dann, ohne dass Harald die Bremse auch nur hätte antippen müssen, stehen. »Gut«, nickte Harald mit vorgeschobener Unterlippe in Richtung des Lenkrades. Und dann noch mal: »Gut.« Er blickte in die Runde. Das Tankstellenareal war mit gelben und roten Fähnchen geschmückt. Harald wuchtete sich aus dem Fahrersitz und blickte sorgenvoll zu der Zapfsäulenaufschrift. Er hatte offenbar die Auswahl zwischen
»Diesel Gold, Diesel Ultima Extra, Diesel Bio plus«. Auf einem Großplakat prangte die Schlagzeile »Lassen Sie den Stau verduften. Die Diesel-Wellnesswochen«.
    »Das kann alles nicht wahr sein«, stöhnte Harald auf. »Ich will doch nur tanken!«
    »Kann ich Ihnen helfen?«, fragte plötzlich eine sonore Stimme aus dem Hintergrund.
    Harald fuhr herum. Vor ihm stand ein Endfünfziger in einer gelben Uniform.
    »Mein Name ist Volker Herberholz, ich werde mich um IhreAnliegen kümmern«, sagte der Mann und drückte dem sprachlosen Harald eine Visitenkarte in die Hand. »Volker Herberholz, Senior Petrol Service Manager« stand darauf. »Gut«, nickte Harald nun schon zum dritten Mal innerhalb einer Minute.
    »Gut. Gut. Ich werde Ihnen sagen, was los ist. Ich habe um zwölf einen Termin in Osnabrück. Und ich brauche Sprit. Sagen Sie mir: Kann man an dieser Tankstelle Treibstoff erwerben? Wäre das möglich?«
    Leicht irritiert schaute Herberholz dem langsam rot anlaufenden Harald tief in die Augen und antwortete dann: »Selbstverständlich.An welche Art von Treibstoff hatten Sie gedacht, Herr...?«
    »Grützner«, schnappte Harald, »was tut denn mein Name zur Sache?«
    »Oh wissen Sie, ich versuche immer, zunächst eine persönliche Beziehung zu meinen Kunden aufzubauen, um mich ihrer Sache dann besser annehmen zu können«, rief Herberholz, während er mit einem plötzlich hervorgeholten Fliegenschwamm begann, die Frontscheibe zu reinigen.

    »Lassen Sie das«, befahl Harald. »Ich muss um zwölf in Osnabrück sein!«
    »Das wird knapp«, antwortete Herberholz. »Soll ich Ihnen vielleicht an unserem Service-Terminal einen optimalen und unter Berücksichtigung von Verkehrsstörungen errechneten Tourenplan ausdrucken?«
    »Nein, geben Sie mir einfach Benzin«, brüllte Harald nun vollends entnervt.
    »Nun regen Sie sich mal ab. Sie haben mir immer noch nicht gesagt, welche Sorte Sie präferieren...«
    »DIE-SEL«, unterbrach Harald. »Einfach DIESEL. Ich will DIESEL und dann losfahren.«
    »Oho! Das sagt sich so einfach«, entgegnete Herberholz, mild lächelnd. »Aber wir haben da ganz unterschiedliche Sorten. An dieser Säule zum Beispiel können Sie zwischen Diesel Gold, Diesel Ultima Extra und Diesel Bio plus wählen.«
    »Das habe ich selbst gesehen. Aber was verbirgt sich hinter diesen Wörtern?«, fragte Harald und schaute mit wachsender Panik auf seine Armbanduhr. »Ich will ganz normales Diesel.«
    Herberholz’ Lächeln wurde stärker. »Als wenn man das so sagen könnte. Diesel Ultima Extra zum Beispiel wird aus handverlesenen Rohölsorten hergestellt und mindestens 36 Stunden lang raffiniert. Da schnurrt Ihr Motor wie ein junges Kätzchen...«
    »Gut, nehme ich«, knurrte Harald heiser.
    »Andererseits«, fuhr Herberholz fort, »das spritzige Diesel Express, das Sie allerdings nur drüben an der Nummer zehn bekommen, wird aus frühen Beständen in Nigeria gewonnen,
reift dann kurz und intensiv und ist vor allem für eine hochtourige, sportliche Fahrweise sehr geeignet. Schont die Ventile und sorgt für optimale...«
    »Ich habe keine Lust, an die andere Zapfsäule zu fahren«, unterbrach Harald und verschwieg an der Stelle lieber, dass sein Wagen auch keinen Zentimeter mehr würde fahren können. »Geben Sie mir in Dreigottesnamen das Extra-Diesel.« »Hmm, wenn Sie sicher sind«, meinte Herberholz, den beleidigten Unterton kaum verbergend. »Wie viel Bio-Sprit darf ich zusetzen?«
    »Keinen. Einfach volltanken.«
    »Sie denken nicht an unsere Umwelt?«
    »Doch ständig. VOLLTANKEN!«
    Herberholz verzog verächtlich die Mundwinkel, schraubte den Tankdeckel ab, nahm den Zapfhahn in die Hand und begann tatsächlich, den Betankungsvorgang zu starten. »Ich an Ihrer Stelle hätte mal das >Diesel Superieur< an der Vier versucht. Hat eine schwache, aber angenehme
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