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Wenn Ich Bleibe

Titel: Wenn Ich Bleibe
Autoren: Gayle Forman
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Vorstadtgeschäften gekauft. Cool, weil er anscheinend völlig zufrieden im Speisesaal saß, in ein Buch vertieft, das er nicht nur vorgab zu lesen, weil er sonst nichts mit sich anzufangen wusste oder niemanden hatte, mit dem er sich unterhalten konnte. Das war nämlich nicht der Fall. Er hatte einen kleinen Freundeskreis und jede Menge Bewunderer.

    Und es war auch nicht so, dass ich eine totale Außenseiterin gewesen wäre. Ich hatte ebenfalls Freunde und eine beste Freundin, mit der ich die Pausen verbringen konnte. Auch in dem Sommercamp, in dem ich die Ferien verbrachte und das von verschiedenen Konservatorien veranstaltet wurde, hatte ich Freunde gefunden. Die Leute mochten mich, aber sie kannten mich nicht wirklich. Ich hielt mich im Unterricht zurück. Weder hob ich ständig die Hand, noch ärgerte ich andauernd die Lehrer. Und ich war ziemlich beschäftigt, weil ich viel übte, in einem Streichquartett spielte und noch zusätzliche Kurse in Musiktheorie belegte. Meine Schulkameraden waren nett zu mir, aber sie behandelten mich oft so, als ob ich erwachsen wäre. Wie eine Lehrerin. Und mit Lehrerinnen flirtet man nicht.
    »Was würdest du sagen, wenn ich Eintrittskarten für ein Konzert des Meisters hätte?«, fragte mich Adam mit einem Glitzern in den Augen.
    »Ach, hör auf. Hast du nicht«, sagte ich und schubste ihn ein bisschen fester, als ich beabsichtigt hatte.
    Adam tat so, als würde er gegen die Glasscheibe fallen. Dann wischte er sich den nicht vorhandenen Staub von der Jacke. »Habe ich doch. Für diesen Schnitzelladen in Portland.«
    »Du meinst wohl die Arlene Schnitzer Hall. Das ist in der Symphonie.«
    »Genau da. Ich habe Karten. Bist du interessiert?«
    »Machst du Witze? Ja! Ich würde so gerne gehen,
aber die Karte kostet achtzig Dollar. Moment mal – woher hast du die Karten?«
    »Ein Freund meiner Familie hat sie meinen Eltern geschenkt, aber sie können nicht hingehen. Es ist keine große Sache«, sagte Adam schnell. »Wie auch immer. Das Konzert ist Freitagabend. Wenn du willst, hole ich dich um halb sechs ab, und wir fahren zusammen nach Portland.«
    »Okay«, stimmte ich zu, als ob es die natürlichste Sache der Welt gewesen wäre.
    Am Freitagnachmittag war ich allerdings zappeliger als damals an diesem Wintertag, an dem ich für die Klausuren gelernt und dabei – ohne es zu merken – eine ganze Kanne von dem starken schwarzen Kaffee getrunken hatte, den mein Vater immer kocht.
    Es war nicht Adam, der mich nervös machte. Mittlerweile fühlte ich mich in seiner Gegenwart ziemlich wohl. Es war die Unsicherheit. Was genau bedeutete dieser Abend? Ein Date? Eine Gefälligkeit für eine Bekannte? Ein Akt der Nächstenliebe? Ich mochte es nicht, mich auf unsicherem Terrain zu bewegen, genauso wenig wie ein neues Stück, an das sich meine Finger nicht gewöhnen wollten. Das ist auch der Grund, warum ich so viel übe, damit ich so bald wie möglich festen Boden unter den Füßen fühle und von da aus an den Kleinigkeiten arbeiten kann.
    Ich zog mich etwa sechsmal um. Teddy, der damals noch in den Kindergarten ging, saß in meinem Zimmer,
zog die Calvin und Hobbes -Bücher von meinem Regal und tat so, als würde er sie lesen. Er bog sich vor Lachen, obwohl ich nicht wusste, ob er sich über Calvins Ausgelassenheit amüsierte oder über seine dämliche große Schwester.
    Meine Mutter steckte den Kopf zur Tür herein, um nachzuschauen, ob ich vorangekommen war. »Er ist doch nur ein Kerl, Mia«, sagte sie, als sie merkte, wie unruhig ich war.
    »Ja, aber er ist der erste Kerl, der mich zu einem Vielleicht-Date einlädt«, sagte ich. »Und daher weiß ich nicht, ob ich mich entsprechend stylen soll oder besser Konzertklamotten anziehe – ziehen sich die Leute für so was überhaupt noch besonders an? Oder soll ich einfach lässig aussehen, für den Fall, dass es doch kein Date ist?«
    »Zieh etwas an, in dem du dich wohl fühlst«, riet sie mir. »So kannst du nichts falsch machen.« Ich bin mir sicher, dass meine Mutter an meiner Stelle sämtliche Register gezogen hätte. Auf den Fotos von ihr und meinem Vater aus früheren Tagen sah sie aus wie eine Kreuzung zwischen einer Sirene aus den 1930ern und einer Rockerbraut, mit ihrem koboldhaften Haarschnitt, den großen blauen Augen, dick umrandet mit Kajalstift, und ihrem ranken, schlanken Körper, der ständig in irgendeinem sexy Fummel steckte, wie zum Beispiel einer Spitzenkorsage und hautengen Lederhosen.

    Ich seufzte. Ich wünschte, ich
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